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Orderbook der Kreuzfahrtwerften schmilzt zusammen 

Bei der Neptun Werft in Rostock gab es am 8. August wieder eine Kiellegung. An fast an dem selben Ort, an dem im Oktober 2019 feierlich die AIDAcosma auf Kiel gelegt wurde und sonst Flusskreuzfahrer für Viking im Serienbau verschweißt werden, herrscht jetzt militärische Sicherheit. Die Bundeswehr bekommt von der Meyer Werft zwei Marinetanker als Ersatz für 50 Jahre alte Betriebsstofftransporter. Gebaut werden sie in Rostock bei der Neptun Werft.

Die Marinetanker sind über Nacht die neuen Stars bei den Kreuzfahrtwerften. Sie bringen Geld und Arbeit. Nicht nur Meyer hat im Angesicht der drohenden Fertigungspause bei Kreuzfahrtschiffen bis Ende des Jahrzehnts umgesteuert. Auch die Wettbewerber in Frankreich und Italien bauen neuerdings Marinetanker für die Flotten ihrer Länder. Auch dort liegen plötzlich graue Schiffe zwischen den weißen Urlaubsinseln.

Beim Stahlbau, der Konstruktion und der Qualitätssicherung sind Marineschiffe nämlich eine gute Ergänzung, da sie sehr aufwändig sind. Fast 900 Millionen Euro investiert der Bund in den Bau der beiden neuen Tanker als Ersatz für die in Kiel und Wilhelmshaven stationierten Tanker Spessart und Rhön. Das 1974 und 1975 gebaute Duo gehört zu den letzten Einhüllentankern der Nato. Nur die 1967 gebaute Kola der Baltischen Flotte Russlands ist noch älter als die beiden deutschen Marinetanker, die einst bei der Kröger Werft in Schacht-Audorf am Nord-Ostsee-Kanal gebaut wurden.

Wie geht es aber im Kreuzfahrtschiffbau weiter? Seit dem Auftrag der japanischen Reederei NYK im März 2021 hat die Meyer Werft keinen Auftrag mehr an Land gezogen.

Die jetzt vorgelegten Orderbook-Zahlen des Fachmagazins Cruise Industry News sind alarmierend. Der Auftragsbestand der Kreuzfahrtwerften schmilzt geradezu rasant zusammen.


NORWEGIAN VIVA in Triest, August 2023. Foto: enapress.com

Mit der Ablieferung der Norwegian Viva von Fincantieri stehen jetzt noch 58 Aufträge für Kreuzfahrtschiffe mit einem Auftragsvolumen von 39,7 Milliarden Dollar bei Werften in den Auftragsbüchern.

Zum Vergleich: Im März 2020 waren es 109 Kreuzfahrtschiffe mit einem Gesamtwert von 63,8 Milliarden Dollar. Die bestellte Passagierkapazität sank 231000 in diesem Zeitraum auf 132700 Passagierbetten. Gestiegen ist nur die Durchschnittsgröße der bestellten Schiffe von 85620 BRZ auf 100889 BRZ. Damit stieg auch die durchschnittliche Passagierzahl pro Schiff von 2167 auf 2288 Passagiere.

Bei den Kosten pro Schiff ist auch der Aufwärtstrend deutlich absehbar. 596 Millionen US-Dollar betrug im März 2020 der Durchschnittspreis. Im Oktober sind es 684 Millionen US-Dollar. Getrieben wird das vor allen Dingen durch die sehr großen Neubauten der ICON-Klasse für Royal Caribbean und die World-Klasse bei MSC: MSC ist auch die Reederei mit dem dynamischsten Auftragsverhalten. Das Schweizer Familienunternehmen setzt seinen Wachstumskurs auch in der Pandemie fort.

Zwar sind inzwischen die Buchungszahlen sehr positiv und die Schiffe auch wieder voll. Es fehlt aber dennoch an der nötigten Finanzierung für Neubauten. Mit Ausnahme von MSC tragen alle anderen großen Reedereien weiter gewaltige Schuldenberge. Diese Hypothek aus der Corona-Pandemie wird die Liquidität der Reedereien noch mindestens bis in die zweite Hälfte der aktuellen Dekade bei den Planungen ausbremsen.

Dennoch sind in allen Reedereien die Projektplaner bereits wieder am Zug. Das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 sorgt für neue Projekte. Egal, ob Zero-Emission-Ship, Project Blue oder schlicht Green-Ship, die Namen geben fast überall den Kurs vor. Neue Schiffe bekommen neue Antriebe, Treibstoffe und eine Fülle technischer Lösungen. Bis Mitte der Dekade sollen die ersten Schiffe bestellt werden, die alles haben, nur keinen Schornstein mit einem CO2-Ausstoß.

Deshalb gibt es bereits Hoffnung bei den Werften. „Wir reden mit potenziellen Kunden und wir merken deutlich, dass der Kreuzfahrtmarkt sich erholt. Wir rechnen auch in absehbarer Zeit wieder mit Aufträgen“, so Florian Feimann von der Meyer Werft in Papenburg.

Um das Auftragsloch zu schließen, hat sich die Meyer Werft zusammen mit der Lürssen-Werft zunächst dem Marinegeschäft zugewandt. Diese Aufträge reichen aber nicht, um 3000 Arbeitsplätze in Papenburg zu sichern. Der letzte Auftrag wird 2025 die Ems verlassen. Bis dahin sind es jetzt noch weniger als 20 Monate. Der Bau eines Schiffes vom Auftrag bis zur Auslieferung braucht in der Regel 30 bis 36 Monate. Diese Lücke zu schließen, wird jetzt die größte Herausforderung für die Werft.

Der Verband für Schiffbau und Meerestechnik in Hamburg (VSM) ist alarmiert. Sorge bereitet dem Verband das dünne Auftragspolster im gesamten zivilen Bereich bei deutschen Werften. Nach den Worten von Reinhard Lüken, VSM-Hauptgeschäftsführer, ist der Auftragsbestand der 40 Werften zum Jahresbeginn auf nur noch 46 zivilen Schiffen gesunken: „Das ist der niedrigste Stand seit sieben Jahren.“

Der Wert des Orderbooks der deutschen Werften im zivilen Schiffbau sank Ende 2022 erstmals auf 11 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der Marineschiffbau der Werft ThyssenKrupp Marine Systems hat die Marke von 13 Milliarden Euro erreicht. In der Rangliste der Werften bei der Schiffbauumfrage der Gewerkschaft IG Metall ist TKMS mit über 3578 Mitarbeitern erstmals an der Meyer Werft vorbei, die 2022 noch 3475 Mitarbeiter hatte. Zuvor hatte Meyer diese Rangliste in Deutschland über Jahre angeführt.

Ein Grund für die Zurückhaltung der Kreuzfahrtreeder ist die Unsicherheit mit Blick auf Treibstoffe. Das Ziel der Klimaneutralität der Schifffahrt bis 2050 lässt Reeder auf die Bremse treten. Deshalb haben jetzt nur Produkte eine Chance, deren Antriebe möglichst flexibel an neue Vorgaben angepasst werden können.

„So ein Kreuzfahrtschiff soll ja 30 bis 40 Jahre fahren. Da möchte man auf den Antrieb setzen, der in Zukunft bezahlbar auch klimaneutral ist“, sagte Michaele Francioni, Manager und Schiffbauingenieur bei der Reederei MSC Cruises. FB

Neubauten: Orderbook bei Carnival geschrumpft

Wann wird der weltweit größte Kreuzfahrt-Konzern wieder an neue Aufträge denken können? Diese Frage treibt gerade besonders Werftbeschäftigte von Finnland bis Italien um. Das Orderbuch der Carnival Corporation schrumpft weiter. Mit der Ablieferung der Arvia von der Meyer Werft sank das Auftragspolster auf nur noch fünf Schiffe. Drei Neubauten sind bei Fincantieri in Bau und je ein Schiff bei Meyer in Papenburg und Mariotti in Genua. Ende 2020 waren noch zwölf Neubauten im Autragsbestand.

Die Queen Anne ist aktuell das letzte Schiff für eine europäische Carnival-Marke im Orderbook. Das 3000-Betten-Schiff soll zur Sommersaison 2024 zur Cunard-Flotte stoßen. Im Sommer 2025 steht bei Fincantieri die Auslieferung des letzten Carnival-Neubaus an. Es ist für Princess Cruises bestimmt. Danach ist dann erstmal Schluss.  

Selbst wenn jetzt neue Aufträge vergeben würden, wäre die Lieferung erst ab 2026 möglich. Die Folge für die Werften sind ein Umschwenken auf andere Produkte. Alle drei großen europäischen Anbieter für Kreuzfahrtschiffe setzen bereits auf andere Produkte für die zweite Hälfte der Dekade. Dazu gehören Spezialschiffe für Offshore-Projekte, Luxusyachten und ganz besonders Rüstungsprojekte, die seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine überall starken Aufwind bekommen.

Die Carnival Cruise Corporation verweist auf die weiter deutlich zu schwachen Passagierzahlen. So lag im Geschäftsjahr 2022 (bis 30.11.) die Zahl der beförderten Passagiere bei 7,7 Millionen. Zum Vergleich: 2019 wurden 12,9 Passagiere befördert. Und wenn der nordamerikanische Markt 2022 nicht so überproportional zugelegt hätte, wäre auch dieses Ergebnis nicht erreicht worden. In Europa kamen die Carnival-Marken 2022 nur auf 2,1 Millionen Passagiere, statt 4,2 Millionen in 2019.

Die aktuellen Neubauprogramme der Reedereien bringen die Passagierkapazitäten der gesamten Branche bis 2025 von heute 563000 auf 764000 Betten. Bei Carnival steigen die Kapazitäten durch die Neubauten von heute 259000 auf dann rund 272000 Betten. Diese Kapazitäten gilt es nicht nur zu füllen, sondern auch wieder in die Profitzone zu bringen.

Auch 2022 fuhren die Carnival-Marken ein dickes Minus ein. Bei den Carnival-Marken standen am 30. November zwar Einnahmen von 12,168 Milliarden Euro aus Ticketverkauf und Bordumsatz (5,1 Milliarden) auf der Habenseite. Doch die operativen Ausgaben für die 91 Carnival-Schiffe lagen bei 16,5 Milliarden Dollar. Dabei sind Treibstoff und Personal mit je 2,1 Milliarden Dollar mit die größten Einzelposten.

Aktuell soll das Ziel eines profitablen Schiffsbetrieb der Flotten wieder für 2024 erreicht werden. Das ist abhängig von einer gewissen Sicherheit in den Zielgebieten und beim robusten Konsumverhalten. Der profitable Betrieb ist wichtig für den Abtrag des Schuldenstands.

Deshalb sind in der Finanzplanung aktuell auch 2025 nur noch 895 Millionen Euro für Neubauten eingestellt. Für 2026 und 2027 sieht der Haushaltsplan keine neuen Schulden für Neubauten vor. Bis 2027 sind 32 Milliarden Dollar allein für Schuldendienst eingeplant, wobei rund vier Milliarden auf die noch aussehenden Neubauten entfallen.

Wann wieder die berühmte Tinte unter einen Neubaukontrakt gesetzt wird, steht aktuell in den Sternen. Ein wichtiger Aspekt könnte der Umweltschutz und die Nachhaltigkeit sein, die die Reedereien irgendwann zur Ausmusterung der Alttonnage drängt und neue Schiffe mit neuen Technologien wirtschaftlich attraktiv macht.

Bei AIDA in Rostock wird bereits an einem Zero-Emission-Ship geplant. Der Neubau könnte zum Beginn des nächsten Jahrzehnts in Fahrt kommen. Dabei sollen auch die Erfahrungen mit der Brennstoffzelle auf der AIDAnova und der neuen Batterietechnik der AIDAprima mit einließen. AIDA will innerhalb der Carnival-Gruppe die Rolle als Technologieführer für Zukunftsprojekte ausbauen.  FB

Orderbook der Kreuzfahrtschiffe schmilzt

Die Corona-Pandemie hat den Kreuzfahrtmarkt auf den Kopf gestellt. Die einstige Nimbus der Immunität gegen Krisen ist pulverisiert worden. Ein guter Gradmesser der Lage ist der Auftragsbestand von Kreuzfahrtreedern bei Werften. Er sinkt seit einem Jahr kontinuierlich. Bei Ausbruch der Pandemie im März 2020 waren 110 Hochseekreuzfahrtschiffe bei Werften weltweit bestellt. Nach zwei Jahren ist dieses Polster abgeschmolzen.

Nach der Übersicht der „Cruise Industry News“ sind aktuell noch 72 Schiffe mit zusammen 162750 Betten (Lower Berths) bei Werften bestellt. Das Auftragsvolumen beträgt 45,5 Milliarden Dollar. Letztes Schiff ist eines der LNG-Kreuzfahrtschiffe mit 205000 BRZ für MSC im Sommer 2027. Damit hat das Orderbook seit Jahren wieder die Marke von 80 Neubauten unterschritten.

Zum Vergleich: Im Mai 2021 lag das Auftragspolster der Werften noch bei 102 Kreuzfahrtschiffen mit 208963 Betten und einem Investitionsvolumen von 60,7 Milliarden Dollar. 2019, auf dem Peak der Entwicklung, waren 114 Schiffen für 66,3 Milliarden mit 247640 Betten in den Auftragsbüchern.

Wie geht es weiter? Aufträge kamen zuletzt vor allem aus dem Bereich der Expeditionskreuzfahrten oder von Privatreedereien wie MSC. Die Schweizer Reederei kann gerade auch ohne langwierige Kreditverhandlungen Neubauten finanzieren, da das Unternehmen aus Genf im Bereich der Containerschiffe erhebliche Gewinne erzielt. Von zweistelligen Milliarden-Summen ist da pro Jahr die Rede.


Foto: Frank Behling
Foto: Frank Behling

Insgesamt sind 72 neue Kreuzfahrtschiffe noch bestellt bei den Werften. (Symbolfotos)


Bei den drei großen börsennotierten Kreuzfahrtreedereien Carnival, Royal Caribbean und NCL haben sich 2020 und 2021 Verluste von 30,46 Milliarden Dollar angehäuft. Immerhin fiel der Verlust 2021 mit 13,51 Milliarden Dollar 20,2 Prozent bei dem Trio niedriger als 2020 aus. 2019 hatten die drei noch zusammen 6,5 Milliarden Dollar Gewinn eingefahren. 2023 ist die „Schwarze Null“ wieder im Fokus.

Die klassischen Kreuzfahrtreedereien stecken deshalb noch voll im Strudel der Pandemie-Folgen. Die börsennotierten Unternehmen leiden unter erheblichen Krediten, die sie für die Finanzierung ihrer Bestandsflotten sowie die Neubauten aufgenommen haben. „Neubaubestellungen größerer Art sind nicht vor Ende des Jahrzehnts zu erwarten“, ist immer wieder in der Szene zu hören.

Ein Symbol der Entwicklung sind die Schwierigkeiten mit dem Verkauf des zu 75 Prozent fertiggestellten Neubaus Global Dream bei den MV Werften. 2019 wäre so ein Rohbau sofort in eine neue Reederei gekommen. Die Finanzierung durch den Kapitalmarkt wäre überhaupt kein Problem.

2022 sieht die Lage grundlegend anders aus. Die für eine Milliarde Euro bestellte Global Dream wird inzwischen schon zu einem niedrigen dreistelligen Millionen-Wert taxiert. Interessenten gab es aber auch dafür aber dennoch keine.

Interessant ist bei dem Vergleich der Neubaulisten auch der „statistische Trend“ zu größeren Schiffen. So ist die Durchschnittsgröße der 72 aktuell in Bau befindlichen Schiffe mit 94637 BRZ und 2260 Passagierplätzen (Lower Berths) etwas höher als im Mai 2021. Damals lag die Durchschnittsgröße laut „Cruise Industry News“ noch bei 87381 BRZ mit 2049 Betten pro Schiff.

Die großen Kreuzfahrtwerften Fincantieri, Chantiers de l’Atlantique und Meyer diversifizieren dennoch fleißig. Als Reaktion haben sie sich inzwischen die Werften auch auf andere Geschäftsfelder ausgerichtet. Alle drei Werften intensivieren den Bau von Marineschiffen. Hier gab es in den letzten Monaten signifikante Neubauaufträge. FB

Tauwetter im Orderbook 

Foto: Frank Behling

Kreuzfahrtreeder setzen auf Refit statt Neubau

Die Pandemie hat ihren Schrecken verloren. Seit dem Einfall der russischen Truppen in die Ukraine ist Covid-19 aus den Schlagzeilen verdrängt worden. Die Welt hat längst neue Probleme zu lösen. Doch die Pandemie wirkt nach. Die Auswirkungen von Covid-19 auf die Kreuzfahrt werden bis in die zweite Hälfte des Jahrzehnts reichen.

Der Indikator für die Lage der Kreuzfahrt ist seit Jahren das Orderbook. Die Bestellungen von Neubauten bei den Werften geben die Signale für die mittelfristige Entwicklung. Die bereits zu Beginn der Pandemie 2020 bei den Werften erkannte Zurückhaltung der Reedereien, ist jetzt eingetreten. „Unsere Kunden brauchen für lange Zeit keine weiteren Neubauten“, so hatte Werftchef Bernard Meyer seine Mitarbeiter bereits 2020 auf die kommende Zeit eingeschworen. 

Und so kam es. Bislang sind Spezialschiffe wie das neue Forschungsschiff Meteor, Tanker für die Marine und ein Appartementschiff für Superreiche die einzigen Erfolge der Meyer Werft. 

Von neuen Kreuzfahrtschiffen redet man in Papenburg gerade eher selten. Das letzte echte Kreuzfahrtschiff wurde bei Meyer am 31. März 2021 bestellt. Ein 228 Meter langes und etwa 51950 BRZ großes Schiff für die japanische Reederei NYK. Bei der Vermessung liegt dieser Neubau weit hinter den Giganten vom Schlag der AIDAcosma oder einer Disney Wish

Die Reedereien haben alle großen Neubauprojekte auf Eis gelegt. Das Schicksal der Genting-Gruppe mit der Dream Cruises ist für die Manager Abschreckung genug. Das vordringliche Ziel ist es, jetzt wieder einen profitablen Betrieb auf die Beine zu stellen. „Über Neubauten können wir wieder reden, wenn Geld verdient wird“, so das oft gehörte Argument aus den Reedereien. 

Fast alle Kreuzfahrtgesellschaften schieben gewaltige Schuldenberge vor sich her. Wenn es im Sommer wieder gelingen sollte, die Kabinen mit zahlenden Passagieren zu füllen, geht es jetzt auf Jahre zunächst nur um eine Aufgabe: Geld für Zins und Tilgung der Schulden zu verdienen. Viele Banken haben den Reedereien zur Überbrückung der Pandemie die Tilgung der Schulden für die letzten Neubauten ausgesetzt. Waren in den Vorjahren  oft sogar Sondertilgungen die Regel, ging es seit April 2020 fast nur darum, die Reedereien und Flotten liquide zu halten. 

Foto: Frank Behling

„Über Neubauten kann man nur sprechen, wenn auch Eigenkapital hat“, so ist zu hören. Und genau hier hapert es noch. Deshalb wurden sich Werften und Reedereien auch schnell bei der Streckung der Aufträge einig. Zum Teil sind Schiffe um ein bis zwei Jahre geschoben  worden. „Wir müssen Stornierungen vermeiden“, so auch Meyer. Das ist gelungen. 

Das Orderbook schmilzt deshalb rasant gerade ab. Waren beim Start der Pandemie am 1. April 2020 bei den Werften noch 114 Neubauten mit einem Auftragswert von 66 Milliarden Dollar in den Büchern, so sind es am 1. April 2022 nur noch 77 Neubauten mit einem Auftragsvolumen von 49 Milliarden Euro. 

2022 und 2023 werden nur vereinzelt Neubauplatzierungen erwartet. Reedereien wie zum Beispiel MSC sind durch ihre Milliarden-Gewinne in der Containerfahrt weiter hoch liquide. Dort ist auch das Eigenkapital für neue Projekte vorhanden. Ob aber MSC kurzfristig in neue Kreuzfahrtschiffe investiert, bleibt abzuwarten. 

Bei den großen US-Reedereien Carnival, Royal Caribbean und NCL geht es um die Konsolidierung. Als erste Reedereien der großen Konzerne sind jetzt AIDA Cruises und Costa Cruises mit ihrem Neubauprogramm zum Ende gekommen. 

Foto: Frank Behling

Die AIDAcosma und die Costa Toscana werden die letzten Neuzugänge auf Jahre gewesen sein. Beide Reedereien werden vorerst nur noch ältere Schiffe abgeben. 

„Jetzt geht es vorrangig darum, die fahrende Flotte zu dekarbonisieren“, so ist bei AIDA zu hören. Mit einem zweistelligen Millionen-Aufwand werden in den kommenden Monaten die Schiffe AIDAprima und AIDAnova weiterentwickelt. 

Im Trockendock der Damen Werft in Rotterdam liegt seit Anfang März die AIDAprima. Im Rumpf werden die Räume für große Batterie-Pakete geschaffen. Noch in diesem Frühjahr soll das Schiff das größte Batteriepaket bekommen, das je auf einem Kreuzfahrtschiff eingebaut wurde. Der kanadisch-norwegische Batterie-Anbieter Corvus Energy lässt die Batteriezellen in einem neuen Werk in Bergen herstellen.  Erfahrungen hat Corvus bereits seit sie Fähren von Scandlines mit Batterien ausgerüstet haben.

Die Blöcke von der Größe mehrerer Seecontainer sollen der AIDAprima bis zu 10 Megawatt-Stunden Energie liefern. Damit soll die AIDAprima zukünftig ohne Betrieb der vier MaK-Generatoren in Fjorde und Häfen in Nordeuropa einlaufen können. 

Da fast alle seit 2000 gebauten Kreuzfahrtschiffe als Antrieb eine Kombination aus Dieselgeneratoren und elektrischen Fahrmotoren nutzen, können bestehende Schiffe so nachgerüstet werden und ihre Klimabilanz deutlich steigern. Die Aufladung dieser Batterien kann entweder durch Landstrom in den Häfen oder durch die Generatoren an Bord während der Nachtfahrt erfolgen.

Bei AIDA sind neben der AIDAprima auch die AIDAperla und die sieben Sphinx-Schiffe für eine Nachrüstung geeignet. Aber auch die Schiffe von TUI Cruises, Costa und MSC besitzen theoretisch diese Möglichkeit. 

Die nächste Stufe ist die Nachrüstung mit Brennstoffzellen. Bei der AIDAnova ist das im Herbst geplant. Große Brennstoffzellen können den Strom liefern, mit dem dann die Fahrmotoren angetrieben und die Bordnetze versorgt werden. 

Und Neubauten? Bei der Meyer Werft erfolgt eine Ausrichtung auf Spezialschiffe. Mit dem Neubau für NYK wird Mitte 2025 der vorerst letzte Kreuzfahrtneubau Papenburg verlassen. International sind die letzten derzeit die Neubauten „Prima 6“ für NCL und  die „World 4“ für MSC bei Chantiers de l‘ Atlantique in Frankreich 2027 die aktuellen Schlusslichter im Orderbook.  FB