Schlagwort: Pennland II

ZWEIMAL GEBAUT

Die Pennland war 1922 weltweit eines der größten Dampfschiffe. Aufgrund der Weltkriege wurde es zweimal gebaut. Bei einem Luftkrieg vor Kreta war das Schiff 1941 schwer beschädigt worden, so dass es versank.

Ein Ozeandampfer kann ein Lebensretter sein. Das ist die Geschichte von Ernst Selig, der im Ersten Weltkrieg in der deutschen Wehrmacht diente, 1914 schwer verwundet wurde, 1916 wieder an der Front war und nach seiner Gefangenschaft in Russland 1918 nach Kriegsende in seine Heimat zurückkehrte. Der Leutnant der Reserve hatte das Eiserne Kreuz erhalten, er war Mitglied im Reichsbund jüdischer Frontsoldaten. Man hätte gedacht, dass er für sein Heimatland viel geleistet hatte. Aber die Nazis sahen in ihm nur einen Juden, der es zu Vermögen gebracht hatte und ein gutes Geschäft betrieb.

Nach kaufmännischer Ausbildung übernahm er von seiner Mutter die Weingroßhandlung, das Geschäft florierte. Zudem hatte Selig eine Familie gegründet, zu der zwei Kinder gehörten. Das alles nützte ihm nicht, als die NS-Schergen zu ihren Untaten übergingen. In einer Gruppe jüdischer Männer wurde er im Novemberpogrom 1938 festgenommen. Seine Firma nahm man ihm weg. Als er im Dezember vorübergehend aus dem KZ Dachau entlassen wurde, emigrierte er mit seiner Familie über Holland und Belgien. Es war ein glücklicher Umstand, dass in Antwerpen zuvor die Pennland zu einer Zeit angelandet war, zu der auch die Seligs gerade eintrafen. Die Familie wurde aufgenommen zur Fahrt nach New York. Ernst Selig ist 1967 in Dayton/Ohio gestorben, er ist sehr alt geworden. Gerettet hat ihn die Pennland.

Die Pennland war 1922 fertiggestellt worden und kam anfangs unter der Flagge der White Star Line in Fahrt. Übernommen wurde sie 1925 von der Red Star Line, die Reederei setzte das Passagierschiff auf der Linie von Antwerpen nach New York ein. Allerdings war das große Dampfschiff bereits 1913 auf der Werft Harland & Wolff auf Kiel gelegt worden. Weil der Krieg sich verzögerte, wurde immer wieder die finale Fertigstellung zurückgestellt. Gebaut wurde das Schiff ursprünglich unter dem Namen Pittsburgh und für die American Line. Sie war das letzte Schiff, das für die American Line gebaut worden war. 1922 hatte sie die Farben der White Star Line getragen, ab 1925 bis 1939 die der Red Star Line.

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 wurde die Arbeit am Schiff ganz eingestellt. Bei einem Stapellauf am 17. November 1920 war es sehr eindrucksvoll für die Betrachter, denn es war 175 Meter lang, mit zwei Masten und zwei Schornsteinen. Es konnte 600 Passagiere in der Ersten und 1800 Personen in der Dritten Klasse aufnehmen. Es besaß zwei Dreifachexpansions-Dampfmaschinen und eine Niedertruckturbine für den Antrieb. Es war ein modernes Schiff in seiner Zeit.

Die Fertigstellung wurde auch nach Kriegsende noch für die American Line geplant, jedoch obwohl die Indienststellung der Pittsburg durch die White Star Line erfolgte, in deren Hausfarben sie gestrichen und vom konventionellen Kohlebetrieb auf moderne Ölverbrennung umgestellt wurde.

Im Juni 1922 ging die Pittsburgh auf ihre Jungfernfahrt, von Liverpool nach Queenstown und über Philadelphia und Boston. Das war die einstige Route der American Line, Haverford genannt. Im selben Jahr wurde im November die gesamte Mannschaft des italienischen Schiffes Monte Grappa in höchster Not aufgenommen, danach wurde deren Schiff im Nordatlantik aufgegeben. Im Dezember 1922 wurde die Pittsburgh von Stürmen stark beansprucht, bestand aber souverän. Sie fuhr zwischen Bremen – Southampton – Halifax – New York. Im November 1923 setzte man sie auf die Route Hamburg – Southampton – Halifax – New York ein.

Die Pennland war 1914 zur Fertigstellung bereit erklärt worden. Gebaut wurde das Passagierschiff auf der Werft Harland & Wolff im irischen Belfast, sie erhielt die Baunummer 457. Der Stapellauf fand am 11. November 1920 statt, die Übergabe erfolgte am 25. Mai 1922, die Indienststellung am 6. Juni 1922.

Das Schiff war 175,4 Meter lang und 20,66 Meter breit, der Tiefgang lag bei 12,46 Metern. Die Vermessung wurde mit 16.322 BRT, die Maschinenleistung mit 12.200 PS (8973 kW), und die Höchstgeschwindigkeit mit 15 Knoten (28/km/h) angegeben. Zwei der drei Propeller wurden von den beiden Dreifachexpansions-Dampfmaschinen und der mittlere Propeller von der Niederdruckturbine angetrieben. Die Tragfähigkeit lag bei 10.800 tdw, der Rauminhalt umfasste 9936 Kubikmeter. Der Heimathafen des Dampfers war Liverpool.

Anfang 1925 erfolgte der Schnitt, aus der Pittsburgh wurde die Pennland. Die Umbenennung hatte die Folge, dass sie nun im Dienst der Red Star Line unterwegs sein würde, und zwar auf der Route Antwerpen – Southampton – Halifax – New York. Die erste Atlantiküberquerung startete das zuvor in Pennland II umbenannte Schiff am 2. April 1926. Registriert war sie aber für Frederick Leyland & Co. (Leyland Line), die zur IMMC gehörte. Kein einziges Mal wurde die Pennland von Leyland genutzt.

Im Januar 1930 wurde die Pennland vollkommen neu konzipiert, die Passagierklassen änderten sich. Nun wurden nur noch Reisende der Touristenklasse und der Dritten Klasse befördert. Am 16. November 1934 absolvierte die Pennland II ihre letzte Reise für die Reederei Red Star Line vor der Zusammenbruch. Der deutsche Reeder Arnold Bernstein hatte es gekauft. Wie es zu diesem Ankauf kam, ist nicht bekannt. Die Pennland II wechselte nach ihrer letzten Fahrt damit in die neue Red Star Line GmbH Hamburg. Die Pennland II wurde in Kiel umgerüstet, was nur noch 486 Passagiere der Touristenklasse und 1500 in der 3. Klasse auf dem Dampfer erlaubte. Am 10. Mai 1935 fuhr das Schiff von Antwerpen über Southampton nach New York.

Im April 1939 kam es abermals zu einem Wechsel. Die Holland-America Line übernahm die Red Star Line GmbH und kaufte das Schiff, ab Juni des Jahres war es auf seiner bisherigen Route unterwegs nach Rotterdam. Im September 1939 begann der Zweite Weltkrieg, im April 1940 war es vonnöten die letzte zivile Fahrt zu beenden. Die Route führte von Antwerpen über Dünkirchen nach New York. Nach der Rückkehr nach Liverpool wurde sie vom britischen Ministry of War Transport (MoWT) eingechartert und als Truppentransporter unter Beibehaltung des niederländischen Managements genutzt.

Am 25. April 1941 befand sich das zu Truppentransporten nach Ägypten und zu Verstärkungen für Griechenland eingesetzte Schiff in der Souda-Bucht an der Nordwestküste von Kreta, als ein deutscher Tiefflieger es bombardierte. Danach war es schwer beschädigt, vier Besatzungsmitglieder kamen um ihr Leben. Das Schiff war so zerstört worden, dass es nicht mehr gerettet werden konnte. Der Zerstörer Griffin beschoss es solange, bis es versank.

Roland Mischke, maritimes Lektorat: Jens Meyer