Schlagwort: Schulschiff Deutschland

Von Klabautermännern und Küstenspaß: Maritime Tage in Bremerhaven zeigen Faszination der Seefahrt

Schiffe, Segel, Masten, Meer: Diese Mischung zieht Menschen fast schon auf magische Weise an. Die Maritimen Tage 2022 in Bremerhaven zeigen das deutlich. Vom 17. August bis zum 21. August waren dort mehr als 80 Segel-, Motor- und Dampfschiffe zu sehen – und mehr als 400.000 „Sehleute“ sind an die Nordseeküste geströmt. Helmut Stapel berichtet.

Tom steht mit offenem Mund vor dem Bug der Götheborg. Der 58 Meter lange Dreimaster liegt im Neuen Hafen und lässt Besucher nicht nur durch die mächtige Galionsfigur unter dem Bugspriet in Form eines Löwen staunen. Der Nachbau eines Ostindienseglers von 1738 hat noch dazu so viel Seilzeug, Winden, Umlenkrollen und Rahen in seinen Masten, dass einem allein vom Anblick schwindelig wird.


Die „Götheborg“ mit ihrer markanten Galionsfigur.


„Da müssten wir mal mitfahren“, sagt Tom zu seiner kleinen Tochter neben ihm, denn er ist nicht etwa sieben Jahre alt, sondern 37 Jahre. Die Welt von Wasser und Schiffen fasziniert ohne Altersgrenze. Vielleicht ist es der Schritt vom Land raus in die gefühlte Freiheit auf dem Meer. Allein die Schiffstouren auf die Weser mit Segelschiffen wie der 70 Meter langen, holländischen Gulden Leeuw oder dem Dreimaster Großherzogin Elisabeth haben fast 1200 Besucher bei den Maritimen Tagen gebucht.

Aber der Schritt über die Kajenkante auf die Planken, die die Segelwelt bedeuten, ist auch ohne Schiffstörn möglich – beim täglichen Open Ship. An der Westseite des Neuen Hafens gleich neben dem historischen Loschen-Leuchtturm von 1856 liegt die Alexander von Humboldt 2, das bekannte Schiff mit den grünen Segeln und davor die Pascual Flores, ein schicker weißer Frachtsegler aus Spanien, mehr als 100 Jahre alt.


„Pascual Flores“ und „Alexander von Humboldt 2“.
Foto: Wolfhard Scheer/Erlebnis Bremerhaven

Der Fußmarsch dorthin ist ein bisschen wie auflaufendes Wasser. Am besten lässt man sich mit der Strömung des Publikums entlang des Hafens in Richtung Segelschiffe treiben. Die Hafenkajen sind gut gefüllt. Familien mit Kinderwagen, Freunde mit Bier, Bratwurst und guter Laune im Gepäck, händchenhaltende Pärchen, immer wieder einzelne Leute mit Rucksack auf dem Rücken und großer Kamera in der Hand – die Stimmung ist bestens, auch wegen des durchgehend guten Wetters.

„Welcome aboard, willkommen an Bord“, heißt es dann freundlich an der Gangway rauf an Bord zur Alex 2. Plötzlich ist der Blick erhaben, schweift von der Reling aus über das Hafenbecken, die Schiffswelt lässt das Herz ein wenig schneller schlagen – am liebsten würde man gleich ablegen und zusammen mit der Crew die grünen Segel setzen. Allerdings gibt es auf den Maritimen Tagen noch so viel zu sehen, das der Segeltörn mit der Alex 2 warten muss – auch wenn das durchaus möglich wäre, denn der Dreimaster nimmt als Trainee-Schiff zahlende Passagiere mit.


Foto: Tanja Mehl/Erlebnis Bremerhaven

In feuerrot glänzt am Liegeplatz gegenüber in der Sonne – passend zur Funktion – das Feuerschiff Elbe 1 aus Cuxhaven. Majestätisch liegt gleich dahinter die Schulschiff Deutschland – schneeweiß, 83 Meter lang, als Dreimastvollschiff getakelt und als Dauerlieger in Bremerhaven mit Übernachtungsmöglichkeit an Bord. Aber auch einzigartige Schiffe wie der Dampfeisbrecher Wal von 1938 oder der Nachbau der Hansekogge von 1380 sind einen Besuch wert. Was also zuerst tun?

Der verlockende Duft von leckerem Essen gibt die Antwort auf diese Frage. Ein kleines Stück vom Bug der „Alex“ entfernt ist ein großer Streetfood-Markt aufgebaut – zwischen den Steinmauern des historischen Lloyddocks, man ist schließlich in der See- und Hafenstadt Bremerhaven. Vom indischen Curry über frische holländische Waffeln bis zum Fresh Yoghurt gibt es hier alles – inklusive selbstgemachten Hamburgern mit schwarzem Hackfleisch, das durch Sepia -die Tinte von Tintenfischen – seine Farbe erhält. Es ist und bleibt maritim in Bremerhaven, wohin man auch blickt und geht.



Der Gang über die Brücke zwischen dem bekannten Deutschen Auswandererhaus und dem weltweit einzigartigen Klimahaus schließt die Klammer zwischen dem Neuen und dem Alten Hafen. Auch hier liegen zahlreiche Schiffe und Boote mit einem Meer von Flaggen, Wimpeln und Schiffsrümpfen vom Traditionssegler bis zum Motorboot. Es ist früher Nachmittag, wolkenloser Himmel, eine leichte Brise vom Meer. Es sind nun noch mehr Leute auf dem Fest unterwegs, aber Platz genug ist in Bremerhaven – zum Glück gibt es gleich da vorn den Weserdeich, über den weithin sichtbar große Masten ragen.


Torte zum runden Geburtstag der „Dar Młodzieży“: Dr. Ralf Meyer (GF Erlebnis Bremerhaven, links im Bild) und der Oberbürgermeister von Bremerhaven Melf Grantz (rechts) überreichten die Glückwünsche.
Foto: Wolfhard Scheer/Erlebnis Bremerhaven

Es ist die Dar Młodzieży, ein polnisches Vollschiff. Der 108 Meter lange Dreimaster liegt an der Seebäderkaje vor dem Zoo am Meer und feiert seinen 40. Geburtstag bei den Maritimen Tagen in Bremerhaven. Tatsächlich war das Schulschiff seit seiner Indienststellung 1982 in keinem anderen europäischen Hafen öfter als in Bremerhaven: Ganze 50 Mal.

Freibeuterdorf am Deutschen Schifffahrtsmuseum mit Piratenspaß für Kinder, mit 70 Stundenkilometern im Ribboat über die Weser sausen, Hafenrundfahrt bei Bier und Bockwurst, Live-Musik auf drei verschiedenen Bühnen, 180 Marktstände rund um den Neuen und Alten Hafen mitten in den Havenwelten, satte 20 Minuten lang Höhenfeuerwerk über der Weser zum Ausklang am Samstagabend – die Maritimen Tage in Bremerhaven haben fünf Tage lang alle Register gezogen, die Küstenfans sich wünschen und auf jeden Fall eines gezeigt: Schiffe sind und bleiben faszinierend.


Pressemitteilung von Erlebnis Bremerhaven vom 21.08.2022: Maritime Tage 2022 als Erlebnis der Extraklasse

Ab in die Koje: Maritime Übernachtung auf der „Schulschiff Deutschland“

Der schneeweiße Dreimaster „Schulschiff Deutschland“, das neue maritime Wahrzeichen Bremerhavens, bietet authentische Übernachtungsmöglichkeiten mitten im Hafenmilieu

Pressemitteilung

Gemütliche Kojen statt Standardhotelzimmer, Bullaugen mit Hafensicht, Seemannsfrühstück in der Messe oder Kajüte: Mit der „Segelschulschiff Deutschland“ bietet Bremerhaven deutschlandweit eine einzigartige Übernachtungsmöglichkeit für Liebhaber maritimen Milieus. Damit wird das langjährige Ausbildungsschiff des Marine-Nachwuchses, das auch schon Lazarettschiff, Wohnschiff und schwimmende Jugendherberge war, jetzt zu einem der originellsten Hotels Deutschlands. 

Eine bessere Lage kann auch ein Luxushotel nicht bieten:  Vis-à-vis des Deutschen Auswandererhaus, das Klimahaus im Blick und vor der beeindruckenden Kulisse zahlreicher maritimer Oldtimer und Segeljachten bietet die „Segelschulschiff Deutschlands“ die mit Sicherheit maritimste Übernachtungsmöglichkeit an der deutschen Nordseeküste. Das strahlendweiße Vollschiff mit Galionsfigur aus dem Jahr 1927 bietet seinen Übernachtungsgästen nicht nur fast hundertjährige Seefahrtsgeschichte, sondern auch gemütliche wie authentische Unterkunft in 30 Doppelkajüten, zwei Einzelkajüten und der obligatorischen Kapitäns-Suite. Die Übernachtung zum Preis von 61 Euro für die Doppelkajüte und 43,50 Euro bei Einzelbelegung ist ohne Frühstück, das für 9,50 Euro pro Person dazugebucht werden kann. Je nach Belegung wird das Frühstück in der Messe, dem Esszimmer eines Schiffes, oder der eigenen Kajüte eingenommen.

Wie auf einem Schulschiff üblich, haben die Kajüten kein eigenes Bad; gemeinschaftliche Sanitärräume für Damen und Herren (Duschen u. WC) befinden sich wie die Kabinen auf gleicher Ebene im Zwischendeck. Weitere Waschräume stehen auf dem Oberdeck (Vorschiff – unter der Back) zur Verfügung.  Auch die Kajüten-Logistik entspricht der Geschichte des Schiffes: Handtücher und Bettwäsche sind vorhanden, Letztere muss aber selbst auf- und wieder abgezogen werden. Eine kleine Welt für sich ist die Kapitäns-Suite, in der den Gästen für 175 Euro pro Nacht ein Salon, die Reederkammer mit einem Einzelbett, die Kapitänskammer mit einem Einzelbett und angrenzender Dusche und WC sowie ein Fernseher zur Verfügung stehen. Ein Sektfrühstück im Salon ist eingeschlossen. 

Der Check-In kann ab 13.00 Uhr bis 22.00 Uhr erfolgen, um 10 Uhr muss die Kajüte verlassen sein, da das Schiff dann für Besucher geöffnet wird.

Die „Schulschiff Deutschland“ ist das einzige in Deutschland verbliebene Schiff des Deutschen Schulschiff-Vereins. Das maritime Kulturdenkmal wird vor allem durch ehrenamtliche Helfer:innen gepflegt und Instand gehalten. Für Veranstaltungen stehen attraktive Räume mit seemännischem Ambiente zur Verfügung, bei Bedarf auch das ganze Schiff. Als offizielle Außenstelle des Standesamtes Bremerhaven ermöglicht die „Schulschiff Deutschland“ Eheschließungen in authentisch-maritimer Umgebung.

Weitere Informationen:

www.schulschiff-deutschland.de

www.bremerhaven.de/tourismus

Text: PM Erlebnis Bremerhaven

She’s coming home – 94 Jahre nach dem Stapellauf kehrt „Schulschiff Deutschland“ an die Unterweser zurück

Am 14. Juni 1927 lief auf der Tecklenborg-Werft in Bremerhaven-Geestemünde der letzte Rahsegler, die Schulschiff Deutschland vom Stapel. Nun kehrte das Segelschiff aus Bremen-Vegesack zurück in die Seestadt, an den neu geschaffenen Stammliegeplatz im Neuen Hafen inmitten der Havenwelten.

Foto: C. Eckardt

Die Bremerhavener hätten sich die Verlegung des Großseglers zwar schon zu den Maritimen Festtagen Mitte August gewünscht, doch nun hat auch so alles reibungslos geklappt: Am vergangen Donnerstagmorgen, noch kurz vor Sonnenaufgang säumten einige hundert Schaulustige schon das Ufer an der Lesummündung in Bremen-Vegesack, um die Abreise des Schiffes zu verfolgen. In den vergangenen Monaten wurde vor allem vereinsintern teilweise heftig über den Standortwechsel der Schulschiff Deutschland diskutiert. Schließlich lag der attraktive Großsegler 25 Jahre an der Mündung der Lesum in die Weser und hat hier lange das maritime Bild Vegesacks geprägt.

Mit Hilfe der beiden Bolouda-Schlepper VB Blumenthal und VB Blexen wurde der Segler dann pünktlich zum Stauwasser auf die 48 Kilometer lange Fahrt in Richtung Wesermündung gebracht. Schon nach kurzer Zeit gab es noch ein seltenes Aufeinandertreffen mit dem Segelschulschiff Gorch Fock der Deutschen Marine, dass derzeit zum Abschluss der umfangreichen Sanierung noch bei der Lürssen-Werft in Lemwerder liegt. Die Schulschiff Deutschland begrüßte den Marine-Dreimaster mit einem lauten Dauerton aus dem Typhon, doch von der Gorch Fock wurden die Grüße an diesem Morgen leider nicht beantwortet.

Zuletzt fehlten immer mehr die Besucher auf der Schulschiff Deutschland so dass bei einer schriftlichen Abstimmung des Vereins im Frühjahr dann nur 38 der 175 Mitglieder für den Erhalt des Standortes Vegesack für das letzte Deutsche Vollschiff ausgesprochen hatten. Noch vor zwei Jahren hat der langjährige Vereinsvorsitzende des Schulschiffsvereins und ehemaliger Wirtschaftssenator aus Bremen, Claus Jäger, eine mögliche Abwanderung nach Bremerhaven verneint. „Nein, Vegesack und das Schiff sind schon lange miteinander verwachsen“ erklärte Jäger seinerzeit. Doch in der Zwischenzeit wandelte sich das Blatt: Abbruch der Einkaufspassage „Hafenhöft“ und der nun drohende Neubau eines neungeschossigen Hochhauses in direkter Nachbarschaft zur Schulschiff Deutschland machten eine wirtschaftliche Perspektive für den Verein zunichte. Denn durch diesen Neubau an dieser Stelle würden die jahrelangen Bemühungen, Vegesack zu einem historischen maritimen Zentrum von nationaler Bedeutung zu entwickeln zerstört, so der Vorstand in einer Stellungnahme. Durch das Hochhaus-Neubauprojekt wäre die Verwirklichung des maritimen Konzeptes Makulatur. 

Dr. Ralf Meyer (GF von Erlebnis Bremerhaven), Melf Grantz (OB Bremerhaven) und Claudia Schilling (Hafensenatorin Bremen) bei der Überführung des Schiffes. Foto: C. Eckardt

Die Verbindungen des Schulschiffsvereins und der Stadt Bremerhaven bestehen schon lange, so dass vor rund einem Jahr erste konkrete Gespräche für eine Überführung des Großseglers nach Bremerhaven geführt wurden, die dann nach der Abstimmung innerhalb des Vereins, im Frühjahr beschlossen wurde. Im Juni wurde dann von dem Verein mit der Stadt Bremerhaven ein Vertrag für den neuen Liegeplatz abgeschlossen.

In Bremerhaven, direkt am Einfallstor in die maritime Tourismusmeile Havenwelten, will der Verein das Schiff auch weiterhin präsentieren – für Besucher, für Übernachtungsgäste in 58 Kojen, aber auch für Feiern und Trauungen. Mit diesem Konzept und den notwendigen Einnahmen kann der Verein den aufwendigen und auch teuren Erhalt des Großseglers finanzieren. Bis es aber so weit ist, vergeht aber noch etwas Zeit. Zwar hat die Stadt Bremerhaven den Liegeplatz mit den notwendigen Ver- und Entsorgungseinrichtungen hergerichtet, doch an Bord muss zunächst noch klar Schiff gemacht werden. Claus Jäger hofft im Herbst das Schiff wieder zu öffnen. Denn zunächst müssten neue Mitarbeiter gewonnen werden, etwa für die Reinigung und Verköstigung, wobei gerade Personal aus der Gastronomie schwer zu bekommen ist. Die überwiegend ehrenamtliche Mannschaft aus Vegesack geht laut Jäger größtenteils mit zum neuen Standort. Insgesamt sei man guter Hoffnung, weil viel Zuspruch und auch schon Bewerbungen aus Bremerhaven gekommen seien. Das müsse nun abgearbeitet werden. „Wir möchten so schnell wie möglich beginnen, aber auf keinen Fall starten, wenn noch nicht alles läuft“ so Jäger.

Foto: C. Eckardt

Die Überführungsfahrt war auf jeden Fall eine gute Werbung für den Großsegler, der am Vormittag bei sonnigen Wetter auf der Unterweser in Höhe der Tonne 67 bei Nordenham auf ein maritimes Empfangskomitee aus Bremerhaven traf. Von diversen Fahrgast- und Behördenschiffen aber auch von einigen privaten Motorbootfreunden, die dem Segler entgegenfuhren. Mit dabei an Bord des Restaurationsschiffes Hansa auch Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz und der Leiter der Erlebnis Bremerhaven, Ralf Meyer, die sich in der letzten Zeit sehr für die Überführung des Schiffes in die Seestadt stark gemacht haben. Auch Bremens Hafensenatorin und gebürtige Bremerhavenerin Claudia Schilling nutzte in ihrem Urlaub die Chance, den Großsegler von Bord der Hansa zu begrüßen.

Auf dem Deich vor den Havenwelten warteten dann um die Mittagszeit bereits zahlreiche Schaulustige auf den Neuankömmling, der im Bereich der Geestemündung mit mehreren Salutschüssen begrüßt wurde. Nicht weit von der Geestemole befand sich damals die berühmte Tecklenborg-Werft, auf der der Großsegler 1927 erbaut wurde. Anschließend nahmen die Schlepper mit der Schulschiff Deutschland Kurs auf die Kaiserschleuse und zur Mittagszeit erreichte der Segler, auch wieder begleitet von unzähligen Schaulustigen entlang der Hafenanlagen, seinen neu geschaffenen Liegeplatz im Neuen Hafen, wo der Dreimaster nun die neue Hauptattraktion in den Havenwelten ist.

Stapellauf der „Schulschiff Deutschland“. Foto: Historisches Museum Bremerhaven

Gebaut wurde die 86,20 Meter lange und 11,90 Meter breite Schulschiff Deutschland als Vollschiff von dem Deutschen Schulschiff-Verein, Oldenburg, der es als reines Segelschulschiff, also zur Ausbildung des Nachwuchses für Großsegler, einsetzte. Da der Schiffsname Deutschland schon für ein geplantes, aber noch nicht gebautes Panzerschiff der Marine vergeben war, wurde bei der Schulschiff Deutschland kurzerhand die Funktion Schulschiff mit in den offiziellen Namen aufgenommen. Die Indienststellung erfolgte am 10. August 1927. Bis 1939 absolvierte das Schulschiff 12 Überseereisen und 17 Ausbildungsreisen in die Nord- und Ostsee. Der Antrieb erfolgte nur mit insgesamt 25 Segeln mit 1950 Quadratmeter Segelfläche an den drei Masten, das Schiff verfügte nie über einen Hilfsantrieb. Die Besatzung bestand seinerzeit aus 8 Offizieren, 10 Unteroffizieren, 6 Matrosen und 140 angehender Seeleute, zu der Zeit waren dies nur Jungen. Am 5. Oktober 1929 kollidierte das Vollschiff in der Straße von Dover mit einem französischen Dampfschiff und musste auf der Bremerhavener Seebeckwerft repariert werden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden keine Segel mehr an Bord gesetzt und die Schulschiff Deutschland wurde, nun mit einem schwarzen Rumpfanstrich zunächst als Wohnschiff in Cuxhaven, später als Jugendherberge in Bremen genutzt. Ab 1952 diente sie als Seemannsschule und Schul-Internat, an einem stiefmütterlichen Liegeplatz an der kleinen Weser in Bremen-Woltmershausen. 1995 erfolgte beim Bremer Vulkan eine umfangreiche Sanierung des genieteten Stahlschiffes, dass anschließend, nun wieder im ursprünglichen weißen Farbkleid als einziges erhalten gebliebenes Vollschiff der deutschen Schifffahrtsgeschichte nach Vegesack verholt wurde. Hier wurde seinerzeit ein ganz neuer Anleger für das Schiff hergestellt und ein Verein mit vielen Ehrenamtlichen Helfern macht es sich seitdem zur Aufgabe, die Schulschiff Deutschland als maritimes Denkmal zu erhalten. Mehrfach lag der Dreimaster in den vergangen Jahren wieder in Bremerhaven, so zur Sail 2005 und für eine große Grundüberholung bei Bredo Dry Docks im November 2014.

Foto: C. Eckardt

Bei den Konstruktionsplänen der Schulschiff Deutschland griff man seinerzeit auf die bewährten Erfahrungen der schon 1901 gebauten Grossherzogin Elisabeth zurück. Dieser Großsegler wurde nur fünf Monate nach der Gründung des Deutschen Schulschiff-Vereins, am 22. Mai 1900, bei der weltbekannten Werft Joh. C. Tecklenborg in Geestemünde (Bremerhaven) gebaut. 1932 wurde die Großherzogin Elisabeth, nachdem sie viele erfolgreiche Ausbildungsfahrten absolviert hatte, vom Deutschen Schulschiff-Verein an die Deutsche Seemannsschule in Hamburg verkauft. Am Ende des Krieges schwer beschädigt, wurde sie 1946 an Frankreich übergeben. Dort erhielt sie ihren neuen Namen Duchesse Anne. Heute liegt das Schiff als Museumsschiff, zwischenzeitlich wieder vollständig instandgesetzt, in Dünkirchen.

Von 1845 bis 1928 existierte in Geestemünde die Tecklenborg-Werft, die 1841 aus dem Schiffbaubetrieb Abegg & Co. hervorgegangen war, die sich zu einer international renommierten Werft entwickelte. Die Werft war berühmt für ihre Segelschiffe, darunter befanden sich Polarforschungsschiffe oder das größte Fünfmastvollschiff der Welt. Auf den Helgen an der Geeste wurden aber auch Fischdampfer in Serie gebaut sowie zahlreiche bekannte Passagier- und Frachtdampfschiffe für den Norddeutschen Lloyd und die Hamburg-Amerika-Linie.

Jahrzehntelang wurde die Werft von der aus Bremen stammenden Familie Tecklenborg geleitet. Zeitweise arbeiteten bei Tecklenborg rund 4300 Beschäftigte. Auf der Werft entstanden für die technische Entwicklung des Schiff- und Maschinenbaus bedeutende Innovationen. Noch heute sind zwei Großsegler der Werft immer noch in Fahrt, die 1926 erbaute Viermastbark Padua die heute unter russischer Flagge als Kruzenshtern verkehrt und die norwegische Dreimastbark Staatsrad Lemkuhl gebaut 1914 als Großherzog Friedrich August. ChrEck

Schulschiff „Deutschland“ zieht dauerhaft nach Bremerhaven um 

Kürzlich hatten die Mitglieder des Schulschiffvereins abgestimmt und sie haben sich mit überwältigender Mehrheit festgelegt: Der Dreimaster „Schulschiff Deutschland“ soll seinen jetzigen Liegeplatz in Bremen-Vegesack verlassen und nun dauerhaft nach Bremerhaven umziehen. Über diese Nachricht freut sich auch Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD), denn die Stadt bot dem Verein in Vorgesprächen einen attraktiven Liegeplatz für das einst in Bremerhaven gebaute Dreimast-Vollschiff im Neuen Hafen an.

Der Verein sieht nach eigenen Angaben gute Chancen, sich in Bremerhaven wirtschaftlich zu verbessern, denn die „Schulschiff Deutschland“ könnte in das touristische Gesamtpaket der Seestadt eingebunden werden. Das wiederum würde sich voraussichtlich spürbar auf die Einnahmen des Trägervereins auswirken, beispielsweise durch regelmäßiges „Open Ship“.

Beeindruckt zeigte sich Grantz von der Anzahl jener Stimmen, die sich im Verein für Bremerhaven aussprechen. Er wolle jetzt unmittelbar mit dem Vereinsvorstand in Vertragsverhandlungen eintreten. In denen geht es eben auch um die besagte touristische Einbindung der „Schulschiff Deutschland“. Möglicherweise könnte das Segelschiff schon in diesem Sommer Kurs auf die Seestadt nehmen, das hängt davon ab, wann der Vertrag geschlossen wird, so der Oberbürgermeister.

„Auf der Vorstandssitzung hatten wir über den Kooperationsvertrag gesprochen, den uns Bremerhaven angeboten hat“, erklärte hierzu Claus Jäger, Vorsitzender des Schulschiffvereins. Dabei handelt es sich nach Angaben von Jäger um ein sehr umfassendes Paket, was für die „Schulschiff Deutschland“ an der Unterweser zusammengeschnürt worden sei, ohne hierbei Details zu benennen.

Das was bislang bekannt ist, dass der Verein einen kostenlosen Liegeplatz auf der Ostseite des Neuen Hafens in Höhe des Lloydplatzes erhält. Weiterhin sollen auch Anschlüsse für Strom und Wasser sowie schnelles Internet zum Paket dazu gehören. Weiterhin müssen noch Dalben gesetzt werden, um das Schiff zwei Meter von der Kaje festmachen zu können. Weiterhin soll sich die Stadt um die Schlickräumung am Liegeplatz kümmern und den Winterdienst auf der Kaje übernehmen. Im Bereich des Lloydplatzes sollen Boxen aufgestellt werden, in denen Fahrradtouristen, die auf dem Schiff übernachten, ihre Räder sicher unterstellen können.

Wie Dr. Ralf Meyer, Geschäftsführer von Erlebnis Bremerhaven erklärte, werden dem Verein auch im benachbarten Gebäude Büroräume zur Verfügung gestellt. Zudem werden sich die Fachleute von Erlebnis Bremerhaven um die Vermarktung der Kojen an Bord des Seglers kümmern.

Vor über 90 Jahren, im Jahr 1927 lief die „Schulschiff Deutschland” bei der traditionsreichen Tecklenborg-Werft in Bremerhaven-Geestemünde vom Stapel. Der Großsegler ist das einzige, erhaltene Vollschiff und zugleich Segelschulschiff der deutschen Handelsschifffahrt. Es wurde ausschließlich zur Ausbildung des Nachwuchses für Großsegler konstruiert und gebaut. Bauherr war der am 12. Januar 1900 gegründete Deutsche Schulschiff-Verein. Über viele Jahrzehnte fanden Ausbildungen auf dem Segelschulschiff “Schulschiff Deutschland” statt. Viele junge Menschen lernten hier ihre ersten Schritte als Seemann. Bis Juli 2001 wohnten Schiffsmechaniker an Bord. Die Ausbildung wurde an Land durchgeführt.

Die heutige Aufgabe des Vereins ist es, das unter Denkmalschutz stehende letzte deutsche Vollschiff als maritimes Kulturdenkmal zu pflegen und zu erhalten. Seit 1996 liegt das Segelschulschiff an der maritimen Meile im Bremer Stadtteil Vegesack, und bietet tiefe Einblicke in die Ausbildung der Handelsschifffahrt des vergangenen Jahrhunderts.

Mehrfach wurde die “Schulschiff Deutschland” renoviert und so weit wie möglich originalgetreu restauriert, so zuletzt im Jahr 2014 im Dock der Bredo-Werft in Bremerhaven. Auch während der letzten Großseglerveranstaltungen, der SAIL Bremerhaven präsentierte sich der Segler immer wieder in der Geburtsstadt, hierzu wurde die „Schulschiff Deutschland“ mit Schlepperhilfe nach Bremerhaven überführt. ChrEck