Ein blauer Rumpf mit heute nicht mehr üblichem Sprung und edlen Teakholzdecks – die „Marco Polo“ stammt aus einer Zeit, in der Passagierschiffe noch über elegante Silhouetten verfügten und – wie Schiffsliebhaber meinen – noch wie richtige Schiffe aussahen. Nach der Insolvenz vom letzten Betreiber CMV mit deutschem Ableger Transocean und erfolgter Versteigerung am 22. Oktober staunten nicht wenige, dass dieser Oldtimer nicht direkt zum Verschrotten gehen soll, sondern inzwischen zum Chartern angeboten wird. Die nächsten Wochen werden zeigen, wohin die Reise geht.
Rückblick
Die Marco Polo wurde 1965 vom
VEB Mathias-Thesen-Werft, Wismar (heute MV Werften), in der damaligen
DDR als zweites von fünf Schwesterschiffen der sogenannten
„Dichterklasse“ abgeliefert. Zur Serie gehörten Ivan Franko
(1964-1997), Taras Shevchenko (1967-2005), Shota
Rustaveli (1968-2003) und Mikhail Lermontov (1972-1986).
Foto: Sammlung JSAFoto: Jürgen SaupeFoto: Jürgen SaupeFoto: Jürgen SaupeFoto: Jürgen Saupe
Von der sowjetischen Staatsreederei
wurde die Aleksandr Pushkin deren Tochter Baltic Shipping
Company unterstellt und kam im Transatlantikdienst zwischen dem
damaligen Leningrad und Montreal zum Einsatz. Wie so viele
sowjetische Schiffe in der damaligen Zeit, erwirtschaftete auch die
Aleksandr Pushkin zunächst nebenbei, später durchgehend
Devisen im Charter westlicher Kreuzfahrtveranstalter. Zwischen 1979
und 1984 zählte das Schiff auch schon einmal zum Kreuzfahrtangebot
von Transocean Tours. In den wirtschaftlichen Wirren um Glasnost
erfolgte 1991 der Verkauf an die damals neu gegründete Orient Lines,
die das in Marco Polo umbenannte Schiff in Griechenland mit
erheblichem Aufwand umbauen ließ. Das Schiffsinnenleben wurde
vollständig entkernt, sämtliche Kabinen und öffentlichen Bereiche
komplett erneuert, die markanten ovalen Treppenhäuser ersetzt sowie
der einst überdachte Swimmingpool als Außenpool neu gestaltet. Die
Silhouette der Marco Polo präsentiert sich nach dem
Radikalumbau noch attraktiver und ausgewogener als zuvor.
Schiffsrundgang
Das Gros der öffentlichen Räume
erstreckt sich über die gesamte Länge des Magellan-Decks. Vorn
liegt der Musiksalon, die Marco Polo Lounge, in dem das allabendliche
Show- und Unterhaltungsprogramm in zwei Aufführungen stattfand. Es
schließt sich nach achtern der Captain’s Club an, dessen Bar
bereits am Morgen öffnete. Das ehemalige Kasino unter Orient Lines
wurde zur Columbus Lounge mit freundlich-maritimem Ambiente
umgestaltet. Bibliothek, Kartenspielzimmer sowie der mit bequemen
Rattanmöbeln ausgestattete Palm Garden haben sich hingegen kaum
verändert. Ein Deck höher findet sich achtern Scott’s Bar, in der
abends zunächst ein Musiktrio und später ein DJ auftrat.
Foto: Archiv Udo Horn/K.Ortel
Die großzügigen Außendecks sind zu einem Großteil mit Teakholz ausgelegt und achtern terrassenförmig angelegt. Vorn befindet sich ein großer Aussichtsbereich, an den sich achtern ein schmaler Joggingpfad anschließt, auf dem man das gesamte Schiff umrunden konnte. Ein Deck tiefer liegt die breite Außenpromenade. Der Poolbereich wirkte bei vollem Schiff teilweise recht beengt. Ruhiger ging es oben auf dem Navigator Deck zu, wo drei Whirlpools zum Verweilen einluden. Leider wurden das Helikopterdeck sowie das vordere Kompassdeck unter dem letzten Eigner für Passagiere gesperrt.
Foto: Archiv Udo Horn/K.Ortel
Die Standardkabinen der Marco Polo fallen mit 10-12 Quadratmetern eher klein aus, sind jedoch mit allem nötigen ausgestattet. Bauartbedingt können die Betten, wie es derzeit üblich war, in der Regel nicht zu einem Doppelbett zusammengestellt werden. Auch für Gäste, die mit kleinen Kindern reisen, war die Marco Polo grundsätzlich gerüstet: In den Restaurants gibt es Kinderstühle, auf Anfrage für die Kabinen sogar Kinderbetten, allerdings kein Kinderspielzimmer.
Foto: Jens Meyer
Im Waldorf Restaurant auf dem Atlantic Deck wurden Frühstück und Mittagessen in einer offenen Sitzung serviert, das Abendessen hingegen in zwei Sitzungen. Die Bestuhlung ist recht eng. Als Alternative zum Speisesaal bot sich Marco’s Restaurant an, in dem sämtliche Mahlzeiten in Büfettform serviert wurden.
Technische Daten
Bauwerft: MTW, Wismar, Baunr. 126 (in Fahrt als Alexandr Pushkin), Baujahr: 1965, Komplettumbau 1991-1993, Vermessung: 22.080 BRZ, Letzter Eigner: Global Maritime Group Inc., Flagge: Bahamas, Abmessungen: 176 m Länge · 24 m Breite · 8 m Tiefgang, Passagierdecks: acht, ca. 2.600 qm Außendecks, Kapazität: max. ca. 850 Passagiere, 350 Besatzungsmitglieder, Kabinen: 296 Außen-, 127 Innenkabinen, Ausstattung: 2 Restaurants (Nichtraucher), 5 Bars, Swimmingpool außen, Wellness Oase mit Sauna, Solarium, Massage, Friseur und Beauty-Salon, Fitness-Center mit Meerblick, Bibliothek und Spielezimmer, Boutique, Internet-Café, Wäscherei, Hospital, 4 Fahrstühle, Zodiacs, Stabilisatoren.
Foto: Jürgen Saupe
26.04.1964: Stapellauf
14.08.1965: Ablieferung
13.04.1965: Erste Transatlantikreise
Leningrad-Montreal
Ab 1967: Im Sommer Liniendienst, im
Winter Kreuzfahrten
1979 bis 1984: Transocean Tours
Vollcharter
1985: Abgabe an Far Eastern Shipping,
Wladiwostok. Kreuzfahrten ab Sydney unter CTC-Charter.
06.02.1990: Schiff wird in Singapur
aufgelegt
1991: Verkauf an Orient Lines,
Überführung nach Griechenland zum Totalumbau. Neuer Name
Marco Polo.
1995: Reederei Orient Lines wird von
NCL (Norwegian Cruise Line) übernommen
22.03.2008: Ankauf durch Global
Maritime Group. Vercharterung an Transocean Tours
31.12.2009: Beendigung des
Chartervertrages durch Transocean Insolvenz
02.01.2010: Übergabe an Global Tochter
CMV (Cruise & Maritime Voyages)
22.03.2020: Rückkehr von letzter
Kreuzfahrt (rund um Afrika) nach Avonmouth/Bristol.
20.07.2020: CMV/Transocean ist
insolvent.
22.10.2020: die Marco Polo wird
zwangsversteigert.
25.10.2020: Zum Chartern vom neuen
Eigner angeboten durch Broker Unlimited Offshore.
05.11.2020: Bis heute (Redaktionsschluss) bleiben Angaben zum neuen Eigner im Dunkeln.
Die Corona-Krise hat auch bei dem
beliebten Klassiker Astor nicht halt gemacht. Im Strudel der
Insolvenz vom britischen Reiseveranstalter CMV zusammen mit seiner
deutschen Tochter Transocean wurde der Kreuzfahrer nach der abrupten
Rücküberführung vom australischen „Winterquartier“ in
Tilbury/England aufgelegt und man hoffte auf bessere Zeiten. Doch es
kam anders: am 15. Oktober 2020 wurde das Schiff zum Abwracken
zwangsversteigert.
Ein Grund, sich des oft spannenden
Werdeganges dieses Kreuzfahrtschiffes, einem Nachbau der 1980 in
Dienst gestellten ersten Astor zu widmen.
Foto: Jens Meyer
ASTOR (2)
1985 gab die südafrikanische Reederei
SAFMARINE mit dem Verkauf ihres Kreuzfahrtschiffes ASTOR (1)
an die damalige DDR als Ersatz bei HDW Kiel am 12.April 1985 für 65
Mio.US$ einen Nachbau in Auftrag, der zur Jahreswende 1986/87 als
ASTOR (2) in Fahrt kommen sollte. Durch das Einfügen einer 11
Meter langen Mittschiffssektion wirkte die zweite ASTOR in
ihrer äußeren Form gefälliger, die Proportionen stimmten einfach
besser. Die Schiffsgröße stieg mit dem verlängerten Rumpf auf BRZ
20.606. Politische Einflüsse ließen seinerzeit einen Betrieb unter
der Flagge Südafrikas, wie anfangs bei der ersten ASTOR nicht
mehr zu. Viele Staaten sperrten sich der damaligen Apartheid-Flagge.
Durch eine verschachtelte Eigentums-Konfiguration wurde dem
Interessierten „vorgegaukelt“, kein südafrikanisches Schiff vor
sich zu haben, zumal auch die gewählte Flagge Mauritius
unverfänglich erschien. Offiziell wurde der Neubau noch während der
Bauphase an die Marlan Corporation mit Sitz in Panama übertragen.
Die Vermarktung erfolgte über die Reiseveranstalter Morgan Leisure
in Colchester/England sowie durch Globus Kreuzfahrten in Hamburg.
Foto: Jürgen Saupe
Doch die ASTOR Nummer 2 fuhr, wie schon ihre Vorgängerin, mit Verlusten. Das Management operierte wenig glücklich. Neben vielen Fehlentscheidungen im Schiffsbetrieb traf hier der Slogan zu „Das richtige Schiff zur falschen Zeit“. Im Hinblick auf damalige kritische Stimmen bezüglich der Verweildauer der neuen ASTOR auf dem deutschen Markt (man erinnerte sich an das kurze „Gastspiel“ der ersten ASTOR) sprach der damalige deutsche Repräsentant der ASTOR (2) in seinen Verlautbarungen von einer mindestens achtjährigen Charter, deren Verträge unkündbar sein sollten. Ergebnis: nach nur knapp 2jährigem Schiffsbetrieb stand auch die ASTOR Nummer Zwei zum Verkauf und die Sowjets ließen sich dieses Schnäppchen nicht entgehen. Hatte der Bau des Schiffes 65 Mio. US$ gekostet, wurden nach knapp 2 Jahren als Verkaufserlös lediglich 50 Mio. US$ erzielt. Nicht wenige Branchenkenner nahmen damals einen solchen niedrigen Verkaufspreis nur kopfschüttelnd zur Kenntnis. Am 2. Oktober 1988 wechselte das Schiff in Genua die Flagge.
Astor in Marseille, Foto: enapress.comFoto: enapress.com
Am Heck wurde die rote Werkzeugflagge gesetzt und der Schiffsname in FEDOR DOSTOEVSKIY geändert. Mit der damals überraschenden Ankündigung des Bremer Seereisenveranstalters Transocean Tours, die „Fedor“ unter Vollcharter zu nehmen, kam dieses schon damals bei deutschen Fahrgästen beliebte Schiff wieder auf den heimischen Markt. Doch die ASTOR Nummer Zwei brachte (zumindest damals) auch den Bremern nicht das erhoffte Glück. Das Schiff hatte sich unter der Bremer Charterflagge gerade freigeschwommen und die Buchungszahlen verhießen Gutes, da kam der „Knaller“: In einer wohl beispiellosen Aktion wurde die „Fedor“ den Bremern so quasi über Nacht entrissen und an Neckermann-Seereisen weitergegeben. Angeblich, so hörte man, soll es in dem seinerzeitigen Chartervertrag eine „Lücke“ gegeben haben, die der russischen Reederei einen einseitigen Sofortausstieg aus dem Vertrag ermöglichte. Neckermann kam so gewissermaßen über Nacht zu seinem (damals dringend benötigtem) Traumschiff. Doch auch dieses Glück währte nur kurze Zeit. Die Buchungszahlen ließen zu wünschen übrig. Außerdem konnten durch hohe Charterraten die Fahrpreise für die Neckermann Klientel nicht attraktiv genug kalkuliert werden. Am 1. Dezember 1995 erhielt das Schiff in Bremen wieder seinen ursprünglichen Namen Astor und wurde vom damaligen Veranstalter Aquamarin vermarktet. Transocean Tours entschloss sich am 25.10.1996, die ASTOR (2)in Langzeitcharter zu übernehmen. Am 21.04.1998 dann die erste Kreuzfahrt unter der Bremer Charterflagge.
Fedor Dostoevskiy, Foto: Sammlung JSA
Am 5.01.2006 kauft der Münchener Finanzdienstleister Premicon die ASTOR vom Eigner Sovcomflot. Es folgte ein weiterer Einsatz bei den Bremern bis zur Insolvenz von Transocean Tours im Herbst 2009. Eine schon vor der Insolvenz geplante Totalrenovierung im Umfang von mehr als 16 Mio. Euro wurde im Frühjahr 2010 durch den neuen Eigner Premicon AG veranlasst, der auch die insolvente Transocean Tours unter dem neuen Namen Transocean Kreuzfahrten wiederbelebte und dem Schiff unter der Bereederung von der KD einen erfolgreichen Start in die weitere Zukunft ermöglichte.
Captain’s Club, Foto: enapress.comÜberseeclub, Foto: enapress.comWaldorf-Restaurant, Foto: enapress.comFoto: enapress.comFoto: enapress.comNord-Ostsee-Kanal am 19.4.2013 in Kiel, Foto: Frank Behling
Die
Standard-Kabinen, wenn auch in ihrem Grundriss unverändert, bekamen
eine neue Möblierung, neue Teppichbelege in Königsblau mit heller
Musterung wurden nicht nur hier, sondern im gesamten Schiff verlegt.
So strahlte das „neue“ Schiff eine vornehme Harmonie aus, die
auch die alten Stammkunden des Schiffes überzeugte. Die Ausstrahlung
der, wenn auch nach heutigen Maßstäben eher kleinen Kabinen (ca. 14
qm) war durchaus dazu angetan, dem bunten Treiben an Deck auch einmal
zu entfliehen. Alles ist im Prinzip an seinem Platz geblieben, nur
eben neu gestaltet. Die Werft „weigerte“ sich, die vorhandenen
Klappsofas, tagsüber bequeme Sitzgelegenheit und zur Nacht ein
richtiges Bett, auszutauschen. Sie seien so stabil konstruiert und
quasi für die Ewigkeit gebaut, dass man sie an Bord belassen sollte.
Sie blieben und wurden lediglich neu bezogen.
ASTOR im NOK, Mai 2013, Video: Oceanliner-Pictures.com
Stammgäste,
die eine Suite bewohnen, werden größere Änderungen bemerkt haben.
Die bisherigen Suiten erhielten bodentiefe Fenster, für geplante, so
genannte French-Balkonies gab die Klassifikationsgesellschaft kein
grünes Licht. Auf dem Bootsdeck wurde der Aufbau nach vorn
verlängert und so Platz für neue, großzügig ausgelegte Suiten
(26-48 qm) geschaffen. Die größten haben ihre Veranda mit Blick
nach vorn. Ein eigenes Erster Klasse-Guckdeck also.
Hanse Bar und neuer Außenbereich nach Umbau, Foto: enapress.comFoto: enapress.comFoto: enapress.comFoto: enapress.comFoto: enapress.com
Anders bei den zahlreichen Innenkabinen. Es wurde immer schwieriger, Kabinen ohne Tageslicht zu vermarkten. Diese sind zwar preisgünstiger, aber der Zeitgeist verlangte nach Außenkabinen. Ausweg bei der ASTOR: Bei einigen Innenkabinen hat man zwei Innenkabinen zu einer großen, gut ausgestatteten Innen-Suite zusammengelegt.
Foto: enapress.com
Im November 2014 geriet die Betreibergesellschaft (des Schiffseigners) in Finanznöte und musste Insolvenz anmelden. Danach per 15.12.2014 Übernahme der ASTORdurch die Global Cruise Group des griechischen Reeders Tragakis. Als Eigentümer ist eingetragen: Passion Shipping Investment, Athen. Den Winter verbrachte dieASTOR fortan in Australien und wurde dort durch CMV vermarktet. Im europäischen Sommer kehrte das Schiff dann in heimische Gewässer zurück und wurde hier unter Transocean (jetzt eine CMV-Tochter) vermarktet. Am 20.07.2020 meldete CMV/Transocean Insolvenz an und alle Reisen abgesagt.
Als Jules Verne, Foto: Sammlung JSA
Die ASTOR kam am 15.10.2020 unter den Hammer und wurde für schlappe 1,7 Mio.US$ versteigert. Bis Ende Oktober 2020 sickerte lediglich durch, dass der Käufer das Schiff zum Verschrotten erworben haben soll. Die Fangemeinde der Astor hofft immer noch, dass sich jemand findet, der das Schiff den Abwrackern in letzter Minute entreißt und weiter als Kreuzfahrtschiff einsetzt.
Daten ASTOR (2)
Reederei: South African Marine Corp. Ltd., Kapstadt (Safmarine), Bauwerft: Howaldtswerke-Deutsche Werft AG, Kiel, Bau-Nr. 218, Vermessung: 20.159 BRT, Abmessungen (LxBxT): 176,3 x 22,6 x 5,8 Meter, Höhe Wasserspiegel – Mast: 35 Meter, Antrieb: Zwei 8-Zyl. + zwei 6-Zyl. Sulzer-Wärtsilä Diesel, Typ ZA40 über Getriebe (580/215 RPM) auf 2 Verstellpropeller, Gesamtleistung 15.400 kW., Hilfsmaschinen: Drei Diesel, Gesamtleistung 3.300 kW, Geschwindigkeit: 18 Knoten (max. 20 Kn), Verbrauch: 36 Tonnen pro Tag bei 18 Kn, Bunkerkapazität: 1.400 Tonnen, Aktionsradius: 12.900 Seemeilen bei 18 Knoten; Bugstrahler: 880 kW in 3 Stufen, Stabilisatoren: HDW, Typ Simplex-Compact (je Flosse 8 qm), Passagierkapazität: Max. 656 Fahrgäste in 295 Kabinen und Suiten, Besatzung: 250 in 156 Kabinen, Baukosten: 210 Millionen DM (65 Mio. US$)
Werdegang:
12.04.1985: Auftragsvergabe an die Werft. 21.01.1986: Baubeginn (Kiellegung). 1986: De facto Verkauf des Schiffes an Marlan Corporation, Port Louis/Mauritius, mit Zweitsitz in Panama. Hinter dem Unternehmen steht als größter Anteileigner die Hotel- und Finanzierungs-Gesellschaft Jardines Madison in Hongkong. Die Safmarine erkannte, dass ein Betrieb des Schiffes unter Südafrika-Flagge und Management aus politischen Gründen nicht am Markt ankommen würde. An Hongkong konnte das Schiff aber nicht übertragen werden, da es weitgehend von deutschen Schifffahrtsbanken finanziert ist. Das Hypothekenrecht von Hongkong wurde von diesen nicht anerkannt, wohl aber das in Panama. Da man aber das Schiff nicht unter der Bequemlichkeitsflagge Panamas fahren lassen wollte, wurde die ASTOR für acht Jahre bareboat an die Ireland Blythe Ltd. in Port Louis/Mauritius verchartert, die sie – nun unter unverfänglicher Flagge – an die britische Morgan Leisure Ltd. weiterverchartern kann.
30.05.1986: Aufschwimmen im Baudock., 24.06.1986: Taufe, Taufpatin: Frau Inta Elisabeth Gleich, Frau des Vorstandsvorsitzenden der Norddeutschen Affinerie., 00.12.1986: Technische Probefahrt., 14.01.1987: Ablieferung, 31.01.1987: Jungfernfahrt ab Hamburg
24.01.1988: Preissenkung der Kreuzfahrttarife für den deutschen Markt um bis zu 35 Prozent. Grund: Der Versuch der Reederei, die zum Teil völlig unzureichende Auslastung auf dem britischen Markt durch Sonderpreisaktionen zu verbessern, führte zu erheblichen Spannungen zwischen deutschen und englischen Passagieren.
01.02.1988: Ein Telex der Globus Kreuzfahrten GmbH, Hamburg, dem Generalagent für den hiesigen Markt, widerspricht Pressemeldungen über einen Verkauf der ASTOR. Globus garantiert seinen Kunden die Durchführung aller Astor-Reisen 1988., 09.02.1988: Der Verkauf des Schiffes an die Sowjetunion wird beschlossen., 11.02.1988: Die Presse berichtet weltweit über den geplanten Verkauf des Schiffes an die Sowjetunion., 10.05.1988: Transocean Tours, Bremen gibt den Abschluss eines mehrjährigen Chartervertrages für das Schiff bekannt. Beginn der Charter: Nach Übergabe der ASTOR an die neuen Eigner Anfang Oktober., 16.06.1988: Globus Kreuzfahrten bestätigt den Verkaufsabschluss., 03.10.1988: Übergabe des Schiffes in Genua an den neuen Eigner Sovcomflot, Moskau. Bereederung durch Black Sea Shipping Co., Odessa. Neuer Name FEDOR DOSTOEVSKIY. Neuvermessung 20.606 BRZ. Kaufpreis: 110 Millionen DM, 23.12.1988: Erste Kreuzfahrt unter Transocean Tours ab Genua als FEDOR DOSTOEVSKIY, 06.01.1989: Erste Ankunft in Bremerhaven als FEDOR DOSTOEVSKIY.
08.02.1990: Sovcomflot kündigt vorzeitig den Chartervertrag mit Transocean Tours zum 30.11.1990., 12.03.1990: (NUR) Neckermann Seereisen gibt den Abschluss eines Chartervertrages über fünf Jahre mit Schiffseigner Sovcomflot bekannt., 22.12.1990: Erste Kreuzfahrt unter Neckermann Charter., 20.12.1991: Übertragung an Fedor Dostoevskiy Shipping Co., Nassau, Flagge: Bahamas. Das Management liegt bei der auf Zypern ansässigen Sovcomflot-Tochter Unicom Management Services.
01.11.1994: Neckermann Seereisen informiert, den Chartervertrag der „Fedor“ nicht mehr zu verlängern., 06.11.1995: Schiffseigner Sovcomflot will das Schiff über Tochterunternehmen Aquamarin vermarkten., 00.11.1995: Bei einem Werftaufenthalt erfolgt Anpassung an aktuelle Sicherheitsauflagen., 30.11.1994: Rückgabe des Schiffes aus der Neckermann-Charter an Sovcomflot., 01.12.1995: Umbenannt in ASTOR und gleichzeitig Übergabe in die Hände von Aquamarin. Als Taufpatin fungiert Marie-Luise Marjan, bekannt als Mutter Beimer aus der TV-Serie „Lindenstraße“., 00.08.1996: Den Vertriebsbemühungen von Aquamarin, auch über die DER-Part-Schiene ist kein Erfolg beschieden., 25.10.1996: Transocean Tours, Bremen gibt den Abschluss einer Zehn-Jahres-Charter für die ASTOR bekannt., 04.11.1996: Notarielle Bestätigung des Vertragsabschlusses., 21.04.1997: Erste Kreuzfahrt unter Transocean Tours Charter, 05.01.2006: Die Münchener Reederei Premicon AG kauft die ASTOR von der Sovcomflot. Finanziert wird der Kauf durch einen geschlossenen Fond. Vermarktung weiterhin durch Transocean Tours., 05.09.2009: Transocean Tours wird insolvent, die Astor aufgelegt. In der Folgezeit wird Transocean Tours durch Premicon übernommen, als Transocean Kreuzfahrten neu aufgestellt und der Umbau bei der Bremerhavener Lloydwerft endgültig in Auftrag gegeben., 01.06.2010: Erste Reise der „neuen“ Astor nach fast 6-monatiger Werftzeit., 05.11.2013: Charterbeginn durch Cruise & Maritime Voyages (CMV)., 06.11.2014: Insolvenz des deutschen Schiffseigners.
15.12.2014: Übernahme des Schiffes durch Global Cruise Lines. Wintercharter wird unter CMV, die Sommercharter unter Transocean vermarktet., 14.11.2019: CMV/Transocean meldet die Abgabe des Schiffes an seine französische Tochter CMV-France per 1. Mai 2021. Geplanter neuer Name: Jules Verne., 20.07.2020: CMV/Transocean meldet Insolvenz an. Alle Reisen werden abgesagt., 15.10.2020: Versteigerung der Astor für rund 1,7 Mio. US$, angeblich zum Abwracken.
Die Versteigerung der fünf Schiffe des britischen Kreuzfahrtanbieters Cruise and Maritime Voyages ist beendet. Zwischen dem 8. und 22. Oktober kamen alle fünf Schiffe unter den Hammer.
Das Auktionshaus CW Kellock gab inzwischen die erzielten Erlöse für die ersten drei Schiffe bekannt. Die 1991 als Statendam gebaute Vasco da Gama wurde für knapp 10,2 Millionen Dollar versteigert. Die 1988 als Fair Majesty in Dienst gestellte Columbus brachte noch 5,33 Millionen Dollar. Beide Schiffe sollen angeblich an neue Eigner aus Portugal und Griechenland verkauft worden sein. Die 1986 in Kiel bei den Howaldtswerken-Deutsche Werft gebaute Astor brachten lediglich 1,71 Millionen Dollar. Dieser Betrag entspricht in etwa dem Schrottpreis bei einem Abwracker.
Das zuletzt für die deutsche CMV-Tochter Transocean Tours eingesetzt Schiff soll nach derzeit noch unbestätigten Meldungen an einen Abwracker versteigert worden sein. Bei der am 19. Oktober versteigerten Magellan und der am 22. Oktober als letztem CMV-Kreuzfahrer gefolgten Marco Polo gibt es derzeit noch keine Angaben zu den Erlösen. FB
Laut Berichten von englischen Branchendiensten soll die Mystic Invest des portugiesischen Unternehmers Mário Ferreira (zur Mystic Gruppe gehört u.a. nicko cruises in Stuttgart, Atlas Ocean Voyages in den USA) bei einer Auktion die VASCO DA GAMA (ex-PACIFIC EDEN) erworben haben, die zuletzt für Transocean/CMV im Einsatz war.
Am 11. Juni wurde vor der Kulisse von
Bremerhavens Cityline der Flottenzugang von TransOcean Kreuzfahrten
getauft. Michael Wolf schaute sich die Feier für die Vasco da
Gama an.
Fotos: enapress.com
Die gesamte Führungsriege von CMV (Cruise and Maritime Voyages Ltd) stand geschlossen auf der Bühne des Schiffstheaters, ganz vorne aber das Team der deutschen Tochter TransOcean Kreuzfahrten. „Wir freuen uns, die Vasco da Gama in unserer Familie begrüßen zu dürfen – die Buchungszahlen sind vielversprechend.“ Klaus Ebner, Leiter Marketing und Vertrieb bei TransOcean Kreuzfahrten, hatte allen Grund zur Freude. Zum einen konnte der Buchungs-Anteil des Offenbacher Veranstalters bei CMV in den letzten Jahren signifikant gesteigert werden. Zum anderen ist mit dem Erwerb der Vasco da Gama ein Schiff zur Hausflotte gekommen, das so ganz im Sinne der Kunden ist: großzügiger Platz, schönes Design und trotzdem mit 1150 Passagieren eine überschaubare Größe. CMV-Chef Christian Verhounig kündigte an, weitere ähnliche Schiffe in die Flotte bringen zu wollen.
Ein Tag zum Feiern. Schon während des exquisiten mehrgängigen Taufdinners, das in allen Restaurants des Schiffes serviert wurde, hatte sich das Schiff vom Cruiseterminal in Richtung Flussmitte bewegt. Dort, direkt vor der Kulisse der Hafenwelten und der Innenstadt, begannen dann die Festivitäten. An Bord heizte die Rockgruppe „Fury in the Slaughterhouse“ am Innenpool die Stimmung ein, auch einige Schauspieler und Prominente wie Gerit Kling, Saskia Valencia, Frederic Böhle oder Claudia Wenzel zeigten sich präsent.
Foto: enapress.com
Christian Verhounig und Bremerhavens OB Melf Grantz (Foto links zusammen mit Dr. Ralf Meyer) eröffneten die Taufzeremonie. Unumstrittener Star des Abends war aber natürlich als Patin die Sängerin Annett Louisan. Um 22.30Uhr drückte sie dann auf den Knopf – die Champagnerflasche zerschellte an der Schiffswand. Die Taufzeremonie wurde auf große Screens am Hafenkai übertragen, wo zu den Klängen der Kultband „UnitedFour“ bereits der Abend eingerockt worden war. Auch für Dr. Ralf Meyer war es ein besonderer Tag. Der Leiter des Wirtschaftsreferates von Bremerhaven hatte sich persönlich seit etlichen Jahren um den Auf- und Ausbau der Kreuzfahrt in der Hansestadt investiert. „Die Taufe war ein großartiges und zukunftsweisendes Event für den Kreuzfahrtstandort Bremerhaven“, freute er sich an diesem Abend.
Die Vasco da Gama verblüfft durch ihr Angebot an Raum. Das beginnt bei den unglaublich schönen Aussendecks oder dem großen Pool (nur für Erwachsene) am Heck, eine Reminiszenz an die Großzügigkeit einiger älterer Kreuzfahrtschiffe. Dort, wo bei Neubauten eine Kabine neben der anderen verbaut sind, gibt es hier Platz ohne Ende, Sonnenliegen, Ausblicke nach allen Seiten und eine gemütliche Open-Air-Bar. Die 630 Kabinen sind durchschnittlich 19 qm groß und erstrecken sich über fünf Decks. 80 Prozent von ihnen liegt nach außen, viele verfügen über einen Balkon. Neben den drei Restaurants und fünf Bars, der Show-Lounge, Kino und Spa bietet das Schiff etliche Plätze zum Chillen und unterhalten: Die im maritimen Stil designte Panoramalounge am Bug („The Dome“) und der modern gestaltete Leseraum („The Study“) sind echte Highlights. Die bordeigene Dialysestation ist bereits ganzjährig gebucht. Im August gibt es ein Wiedersehen mit Annett Louisan – sie geht bereits im August zusammen mit dem Schlagersänger Matthias Reim und Nico Santos auf eine fünftägige Eventkreuzfahrt (Stars at the Sea). Eine der ersten Reisen stand übrigens im Zeichen veganer Ernährung. Auf der elftägigen Fahrt gab es in keinem Restaurant Produkte tierischen Ursprungs, Experten und bekannte Köche begleiteten die Reise. Die Vasco da Gama wurde 1993 als Statendam für Holland America Line in Dienst gestellt. Die australische Filiale von P&O kaufte es 2015, die neubenannte Pacific Eden kreuzte dann nach einer millionenschweren Renovierung in Südostasien. Heute ist sie das sechste Schiff von CMV, der englischen Muttergesellschaft von TransOcean. Es gesellt sich dort zu Klassikern wie Astor, Magellan und Columbus.
Von Singapur bis Bremerhaven: Diese Route ist eine exotische Premiere für deutsche Passagiere. Wenn es um Premieren geht, hat TransOcean einiges vor. Am 9. Juni wird das Schiff Vasco da Gama in Bremerhaven (um-)getauft. In Singapur startet bereits am 23. April die Vasco da Gama zur Reise nach Europa. Die Premierensaison des Schiffes ist eine Saison der Entdecker. Neu sind aber nicht nur die Routenkarten. Auch das Programm von TansOcean bekommt neue Töne. Am 13. August heißt es erstmals Leinen los für eine Konzertreise in Zusammenarbeit mit der Marke Stars at Sea. Matthias Reim und Nico Santos sind dann an Bord. Von Kiel aus geht es nach Kopenhagen und Göteborg. Konzerte und Autogrammstunden sind genauso Teil des Programms wie Treffen an der Reling.Der 25-jährige Santos gehört mit Hits wie „Rooftop“ und „Safe“ zu den neuen Stars der Szene. Schlager-Deutschrock ist das Markenzeichen von Matthias Reim. Er liefert ein Repertoire für alle Wetterlagen. Der 61-jährige Korbacher gehört zu den Stars der 80er und 90er. Neu wird auch am 22. Juli die Reise von Kiel in die Ostsee. Sie steht ganz im Zeichen veganer Ernährung. Elf Tage wird es in den Küchen für die Passagiere keine Produkte tierischen Ursprungs geben. Die Reise wird mit „Vegan Travel“ als Partner organisiert und richtet sich an die wachsende Zielgruppe von Menschen, die bei der Ernährung nicht nur auf Fleisch, sondern auch auf Milch, Eier und andere tierische Produkte verzichten. Elf Reisen stehen zwischen April und November auf der Agenda. Dabei gibt es einen Mix aus Kurzreisen zum Schnuppern und den beliebten Langtörns von bis zu 56 Tagen. Schwerpunkte sind aber die je vier Reisen ins Nordland und ins Baltikum im Sommer.
Mit Abstand die reizvollsten Routen sind die Trans-Reisen von und nach Singapur. Erstmals wird es auch eine Reise von Singapur nach Kiel geben. Kiel und Bremerhaven sind die traditionellen Basishäfen bei TransOcean. Singapur ist jeweils der Hafen, in dem das Schiff vom deutschen in den australischen Markt wechselt. Im Winter kreuzt die Vasco da Gama für Urlauber aus Australien.Zu den besonders herausragenden Faktoren der 219 Meter langen Vasco da Gama gehört das Passagier-Raumverhältnis. Das 55877 BRZ große Schiff hat in 630 Kabinen Platz für 1150 Passagiere bei Doppelbelegung. Das Schiff stammt aus der Flotte von P&O Australia und kreuzt seit 2015 als Pacific Eden in Südostasien. Bekannt ist es hierzulande aber vor allem als Mitglied der „S-Klasse“ der Holland America Line. 22 Jahre war das Schiff als Statendam für Holland America im Einsatz. Großzügige Decksflächen prägen diese Schiffsklasse. Zu den Treffpunkten an Bord gehört „The Dome“, die Lounge mit Panoramablick nach vorn und zu den Seiten auf Deck 12. Direkt unter dem Oberdeck ist das „Erlebnisdeck“. Das Lido Deck bietet vom großen Büffet-Restaurant über den Poolbereich bis hin zum Fitness-Center im Frontbereich alles, was der Gast bei einem Tag auf See braucht. Mit der Vasco da Gama kommt wieder ein Schiff mit zwei echten Pools zurück nach Europa. Der große Lido-Pool im Zentrum ist mit einem verfahrbaren Dach auf Deck 12 abschließbar. Wer unbedingt bei Wind und Wetter draußen schwimmen möchte, hat auf der Vasco da Gama auf dem „Navigationsdeck“ die Chance. Dort gibt es am Heck den „Oasis-Pool“ mit einer der schönsten Bars an Bord.Bei der Werftüberholung in Singapur werden diese Bereiche jetzt noch etwas weiter verbessert. Ein absoluter Höhepunkt an Bord ist Deck 6 mit der auf ganze Schiffslänge von der Bugspitze bis zum Flaggenstock am Heck nutzbaren Promenade. Besonders der Gang auf das mit Holz ausgekleidete Deck am Bug ist ein Reisegenuss, wie es ihn sonst kaum noch auf modernen Schiffen gibt.
Und noch etwas hat die Vasco da Gama, was andere Schiffe nur selten haben. 100 Kabinen sind als Single-Kabinen zur Einzelnutzung vorgesehen. 149 Suiten und Kabinen der verfügen zudem über einen Balkon. Beim Umbau 2015 in Singapur wurde die Kabinen-Kapazität von 1280 auf 1150 Passagiere reduziert. Die Crewstärke umfasst rund 600 Mitglieder. Nach der Übernahme in Singapur wird die Pacific Eden im April als Vasco da Gama Kurs via Suezkanal auf Bremerhaven nehmen. Im europäischen Sommer (Mai bis Oktober) wird die Vasco da Gama für TransOcean Kreuzfahrten von Bremerhaven und Kiel aus eingesetzt. Während der Sommersaison in Australien (Dezember bis März) kreuzt der Neuzugang dann von Freemantle (Perth) und Adelaide aus durch australische Gewässer. FB
Freunde der klassischen Kreuzfahrt erinnern sich gern an die Zeit der Turbinenschiffe zurück. Schiffe mit diesem leichten Summen im Seewind und den weitläufigen Außendecks. Im Mai 1989 trat das Turbinenschiff „Vasco da Gama“ in Bremerhaven in den deutschen Seereisemarkt. 30 Jahre später kehrt der Name dieses portugiesischen Seefahrers in den deutschen Markt zurück. Am 9. Juni wird in Bremerhaven eine neue „Vasco da Gama“ als jüngstes Mitglied der TransOcean-Flotte (um-)getauft. Frank Behling recherchierte.