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Testfahrten mit Charter-Katamaran erfolgreich abgeschlossen

Eigener Neubau könnte Frisia-Flotte in drei Jahren ergänzen

Foto: Jens Meyer

Ein flachgehender Katamaran mit nachhaltigem Antrieb könnte künftig als schnelle Alternative für Passagiere den regulären Insel-Fährdienst der AG Reederei Norden-Frisia ergänzen. Jens Meyer berichtet.

Mit einem dreitägigen Pilotprojekt hat die ostfriesische Reederei den Einsatz eines Katamarans zwischen Norddeich und der Insel Norderney getestet. Zwischen dem 12. und 14. Mai wurden – zusätzlich zu den 40 regulären Fährabfahrten an diesen drei Tagen – mit dem von der Reederei Adler-Schiffe/Wyker-Dampfschifffahrts-Reederei (W.D.R.) eingecharterten Katamaran Adler Rüm Hart zehn Testreisen zwischen Norddeich und Norderney angeboten, bei denen die interessierten Gäste zu vorerst gleichen Preiskonditionen von eine rund die Hälfte auf 30 Minuten verkürzten Überfahrtszeit profitieren sowie ihre Bewertung und Wünsche in einer Befragungsaktion kundtun konnten.

Nach Angaben von Vertriebsleiter Rainer Sürken ging es bei den Testfahrten primär darum, herauszufinden, wie groß das Interesse der Reisenden an einem solchen Angebot ist: „Wir beabsichtigen, verschiedene Schiffstypen und -größen auf unseren Routen zu testen, um unseren Kunden genau das Angebot zu machen, das sie sich wünschen“.

Foto: Jens Meyer

Aufgrund ihres geringen Tiefgangs könnten Katamarane den Reisenden auf dieser Strecke eine größere Flexibilität bieten und beispielsweise auch für den besonders tiefgangssensiblen Fährverkehr mit der Insel Juist eingesetzt werden, sagte Reederei-Vorstand Carl-Ulfert Stegmann, bei der zweiten Testabfahrt an Bord des normalerweise zwischen den nordfriesischen Inseln und Halligen verkehrenden Katamarans. Da Katamarane dieser Grösse (34,0 m Länge, 247 BRZ, 250 Passagiere im Sommer, 3 Besatzungsmitglieder) umfangreiche Genehmigungsprozesse durchlaufen, komme dies einerseits der Sicherheit zugute und könnte andererseits eine nachhaltige Antwort auf häufigere Schiffsbewegungen im sensiblen Nationalpark Wattenmeer sein, weil sie auf einer Überfahrt mehr Reisende an Bord nehmen können als beispielsweise kleine Wassertaxis, die dadurch viel häufiger unterwegs seien. Damit vereinten Katamarane zwei große Vorteile gegenüber den bisher genehmigungsfreien Wassertaxis mit einer Länge unter acht Metern, für die man allerdings künftig ebenfalls stringentere Regularien erwarte. Allerdings würden die derzeit von nur einem Besatzungsmitglied gefahrenen Wassertaxis, von denen die Reederei derzeit drei für jeweils zehn Gäste ausgelegte Einheiten betreibt, auch künftig eingesetzt, wenn sich ihr Betrieb durch die Forderung von zwei Besatzungsmitgliedern verteuert, während ein Wasserbus möglicherweise mit der gleichen Besatzungsstärke 50 bis 80 Gäste befördern könnte. Grund sei, dass sich das Angebot der individuellen Überfahrt „sehr gut“ etabliert habe und dafür auch in Zukunft eine Nachfrage zu erwarten sei.

Foto: Jens Meyer

Auch wenn die maximal sogar 18,5 kn schnelle Adler Rüm Hart problemlos die im Wattenmeer erlaubte Maximalgeschwindigkeit von 16 kn erreicht habe und damit die Überfahrtszeit gegenüber den 11 bis 12 kn schnellen konventionellen großen Fähren nahezu halbieren könnte, sei die Beschaffung eines vergleichbaren Katamarans keine realistische Option. Er sei nicht nur hinsichtlich seiner Kapazität zu groß sondern andererseits auch wegen seines Tiefgangs von 1,5 m nicht im Juist-Verkehr einsetzbar. Stegmann denkt deshalb an eine Neuentwicklung einer Art Wasserbus mit geringem Tiefgang – eher in Katamaran- als in Monohull-Bauweise – für 50 bis 70 Personen, wobei in Abhängigkeit von den gewählten Antrieben für die kürzeren Fahrzeiten mit Aufschlägen von rd. 30 Prozent gegenüber den normalen Fährpreisen zu kalkulieren sei. Ersten Befragungen zufolge seien 75 Prozent der Gäste zufolge bereit gewesen, einen Mehrpreis für die höhere Geschwindigkeit zu zahlen während 25 Prozent der Befragten eher höhere Kosten für mehr Nachhaltigkeit akzeptieren würden.

Wenn sich das erwartete Interesse der Passagiere an schnellen Katamaranverbindungen bestätigt, will die Reederei den eingeschlagenen Innovationspfad weiter verfolgen: „Zu unseren Unternehmenszielen gehört Nachhaltigkeit ebenso wie Innovation. Wünschenswert wäre aus heutiger Sicht ein Hybrid- oder sogar ein vollelektrischer Antrieb für den angedachten eigenen Katamaran“, so Frisia-Prokurist Olaf Weddermann. Die von Wettbewerbern genutzten Gasantriebe hält Reederei-Vorstand Stegmann für eine Übergangslösung und weist auf andere Projekte seines Hauses hin, wie die bei der Pella Sietas-Werft in Hamburg in Bau befindliche 74,3 m lange Doppelend-Personen- und Autofähre für den Norddeich-Norderney-Verkehr, die einen dieselelektrischen Batterie-Hybrid-Antrieb für 12 kn erhält und ein Wassertaxi mit Elektroantrieb, das man derzeit gemeinsam mit der Seefahrtschule Leer testet. Auf jeden Fall soll für den neuen Wasserbus ein umweltverträglicher Antrieb gefunden werden. Das würde nicht nur zum Nationalpark Wattenmeer passen, sondern sich auch bestens ins Portfolio von Norden Frisia einfügen. Denn neben E-Rädern und -Rollern sowie elektrisch betriebenen Pkw, die die Unternehmensgruppe auf dem Festland anbietet, arbeitet die Inselfluggesellschaft FLN Frisia Luftverkehr bereits mit einem Joint Venture–Partner an einem Elektroflugzeug. Da die Kosten für die Entwicklung und den Bau eines neuen Katamaran-Wasserbusses leichter aufzubringen seien, wenn sie über eine größere Anzahl von Schiffseinheiten verteilt werden könnten, sei es von Vorteil, wenn sich zwei oder drei an dem Typ interessierte Reedereien dafür zusammenfinden würden. „Sollte sich eine weitere innovative Partnerschaft mit maritimen Experten entwickeln, wäre das ein schönes Resultat dieser Testfahrten“, hofft Reederei-Vorstand Carl-Ulfert Stegmann.