Bei der Podiumsdiskussion zum Thema „State of the Global Cruise Industry“ zur Seatrade, der Messe der weltweiten Kreuzfahrtindustrie, wurden die Chefs der größten Kreuzfahrtreedereien heute zur gegenwärtigen Situation der Branche befragt. Anne Kalosh von Seatrade News war die sachkundige Moderatorin bei dieser ersten rein virtuellen Seatrade. Auf dem Screen fanden sich Arnold Donald (Carnival Corporation), Richard Fain (Royal Caribbean International), Frank del Rio (NCL-Gruppe) und Pierfrancesco Vago (MSC Cruises). Alle übrigens fast zum ersten Mal krawattenlos. Michael Wolf notierte die wichtigsten Äusserungen der Cruise-Bosse zum Thema Covid-19, Sicherheit und Neuanfang.
Thema Bewältigung der Krise:
Fain: Die Industrie hat gelernt, neue Wege zu gehen.
Donald: Die ganze Industrie hat zusammengearbeitet, auch die Konkurrenten – und es hat funktioniert.
Vago: Die wichtigste Challenge war es, alle zusammenzubringen – die Behörden der Länder, der Städte, die Häfen, die Veranstalter und die Gesundheitsexperten.
Zum Thema Neuanfang in den USA:
Del Rio: Wir brauchen etwa 60 Tage, um unsere Schiffe, die mehr als sechs Monate stilllagen, zu reaktivieren. Wir haben gerade alle Reisen bis Ende November abgesagt, danach gibt es einen Neuversuch.
Donald: In Europa haben wir mit dem Brand Costa begonnen, bald auch AIDA. Man muss sich immer fragen, was Sinn macht. Schutz der Gäste steht vor allem. Ich meine aber, dass wir dieses Jahr noch in der Karibik losfahren können.
Fain: In Europa ist unser Brand TUI Cruises sehr erfolgreich beim Neubeginn. Sichere Destinationen sind genauso wichtig wie die Sicherheit auf dem Schiff. Vor allem die Karibik ist wichtig für unseren Erfolg.
Del Rio: Ich will nicht unbedingt als erster am Gate sein. Ob das nun im Dezember oder Januar sein wird – ich bin optimistisch, dass alles dann schnell losgeht.
Fain: 100% der Gäste werden getestet, das ist einmalig im Travelmarkt. Wir wissen jeden Tag etwas mehr zum Thema Covid-19, das können wir anwenden. Dieses Jahr sollten wir mit den ersten kürzeren Cruises wieder starten.
Vago: Wir leben in einer Pandemie. Impfungen werden nicht das Zaubermittel sein, sondern nur ein Teil davon. Am wichtigsten sind die Tests. Wir haben jetzt neue Test-Technologien, können alle Testarten anwenden.
Donald: Wir betreiben schwimmende Städte mit Casinos, Vergnügungseinrichtungen. Es gibt keine Stadt, keinen Freizeitpark, in dem derart streng getestet wird wie in der Kreuzfahrt. Darauf können wir in unserer Industrie stolz sein.
Del Rio: Nur in der Cruisebranche gibt es eine Meldepflicht bei solchen Krankheiten, das muss kein Hotel. Die Pandemie ist eine unglückliche Unterbrechung in unserem normalen Leben, aber unsere Branche wird danach noch stärker sein. Die neuen Buchungen bei Oceania waren stärker als zuvor, bei Regent ist die Weltreise in nur einer Woche ausgebucht gewesen. Das hatten wir noch nie.
Ist das Ansteckungsrisiko bei großen Schiffen präsenter als bei kleinen?
Fain: Natürlich sind Ansammlungen immer riskanter. Der Schlüssel heisst Information und Aufklärung. Auf Schiffen ist die Gefahr geringer als in der jeweiligen Heimatstadt, die Gäste werden das wegen der zahlreichen Gesundheitsprotokolle schnell verstehen.
Donald: Auch mit allen denkbaren Vorkehrungen kann es natürlich den extrem unwahrscheinlichen Fall einer Erkrankung an Bord geben. Dazu haben wir aber alle Möglichkeiten an Bord, das medizinisch in den Griff zu bekommen.
Fain: Das Wichtigste ist, das Virus vom Schiff fernzuhalten. Dazu gibt es die strengsten Gesundheitsprotokolle. Und wir haben die neusten Technologien von face recognition bis contact tracing. Es erlaubt es uns zu sehen, was ein Betroffener gemacht hat, wo er gewesen ist. Das funktioniert auf einem Schiff viel besser als im normalen öffentlichen Leben. Die Welt hat sich geändert.
Werden jetzt noch Neubauten geordert?
Vago: Wir hatten 11 Schiffe geordert, die müssen erst mal fertig werden. Dann heisst es erstmal: Back to normal.
Fain: Viele georderte Schiffe werden später geliefert, manche Werften kommen auch wegen der Zulieferer nur langsam weiter.
Donald: Wir haben jetzt gerade erst die Enchanted Princess übernommen, viele neue Schiffe sind in Arbeit. Die werden wir auch brauchen. 30 Millionen Menschen haben vor der Krise Cruises gemacht, unsere Schiffe werden auch wieder voll.
Del Rio: Wir haben keine Eile. Als weiterer Neubau neben den bestehenden 9 Bestellungen käme nur ein neues Schiff für Regent in Frage.
Zum Ende der Konferenz zauberte Arnold Donald noch eine schwarze Maske aus seinem Jackett, um nochmals auf die Wichtigkeit der Gesundheitsprotokolle hinzuweisen.