
„Vasco Da Gama“ fit für die Fjorde
Das Kreuzfahrtschiff Vasco Da Gama hat die dritte Werftzeit in vier Jahren bei der Hauswerft Lisnave in Portugal absolviert. Das Flaggschiff von nicko cruises aus Stuttgart hat bei der Werft südlich Lissabon den dritten Teil der Modernisierung absolviert. Diesmal lag der Schwerpunkt wieder im Umweltbereich. Neue Bio-Kraftstoffe, Landstrom und ein komplett neues Powermanagementsystem sind die Eckpfeiler der Arbeiten, die am 29. März begannen und am 1. Mai mit Beginn der Probefahrt endeten.
„Wir wollen das Schiff fit machen für die Herausforderungen der nächsten Jahre“, sagt Ferdinand Strohmeier, CEO von Mystic Cruises. Die portugiesische Reederei Mystic Ocean betreibt das Schiff seit 2021, nachdem es aus der Insolvenz des britischen Veranstalters CMV für 8 Millionen Euro ersteigert worden war. Die Muttergesellschaft Mystic Invest des portugiesischen Unternehmers Mário Ferreira hatte das Schiff entdeckt und mitten in der Pandemie bei der Versteigerung in London zugegriffen.
Ziel war die Platzierung des Schiffes im deutschen Markt bei der Stuttgarter nicko cruises. Inzwischen ist das Schiff mit seinem großzügigen Platzangebot fest im deutschen Seereisemarkt etabliert. „Mit der Weltreise ist es uns gelungen, auch im Winter eine gute Auslastung zu erzielen und damit den Ganzjahresbetrieb erfolgreich zu gestalten“, sagt Guido Laukamp, der Geschäftsführer von nicko cruises.
Der Einsatz eines Kreuzfahrtschiffes wird aber gerade global inzwischen vor enorme Herausforderungen gestellt. Eine Vielzahl von Umweltauflagen in fast allen Bereichen muss beachtet werden. Das fängt schon beim Unterwasseranstrich an, der gerade für das Ansteuern der Gewässer in Australien und Neuseeland keinerlei organische Anhaftungen haben darf. Damit soll das Einschleppen fremder Arten in die Gewässer der Südsee verhindert werden. Die Vasco Da Gama hat deshalb im Dock in Setubal einen neuen Silicon-Anstrich bekommen, der hier alle Regularien erfüllt.
Mit der Vasco Da Gama hat nicko cruises ein für den deutschen Markt sehr gutes Schiff mit 630 Kabinen für rund 1.200 Passagiere im Angebot. Das 1993 von Fincantieri in Marghera gebaute Schiff ist allerdings technologisch nicht mehr auf dem Level der heutigen Neubauten. „Ja, damals war das Schiff mal modern. Heute liegt die Herausforderung darin, viele Anstrengungen zu unternehmen, um es fit für die nächsten zehn bis 15 Jahre zu machen“, sagt Strohmeier beim Besuch auf der Werft in Setubal.
Da passte es gut, dass der Eigner Ferreira einen guten Draht zur portugiesischen Lisnave Werft hat, die das größte Werftzentrum des Landes südlich von Lissabon unterhält. Sechs Docks, 1.500 Meter Pier und Kräne mit Hubleistungen von bis zu 500 Tonnen sind dort. Dazu große Werkstätten und viel Fläche für Zulieferer und Unterauftragnehmer.
Für die aktuelle Dockung der Vasco Da Gama hat Mystic zusammen mit dem Management-Partner V-Ships die Projektleitung wieder selbst übernommen. Ähnlich wie AIDA Cruises beim Evolution-Projekt der Sphinx-Klasse wurde die Werft überwiegend für Stahlarbeiten am Rumpf und Schiffbauarbeiten genutzt.
Ein Schwerpunkt war diesmal im Maschinenraum des 219 Meter langen Schiffes. Die Erneuerung des elektrischen Power-Managementsystems stand im Fokus, dem Herz-Kreislauf-System eines Schiffes. Neue Schalttafeln, Steuerungsanlagen, Konverter, Landstromanschluss und Tausende Meter Kabel kamen neu an Bord. Dafür holte man sich mit General Electric (USA) und den norwegischen Anlagenbauer Höglund ebenfalls externe Zulieferer an Bord.
Steigerung der Effizienz
Eine Herausforderung war bei der einst von ABB aus Finnland gelieferten Anlage das Alter. Ersatzteilversorgung, Service-Support und die Effizienz sind bei über 30 Jahren alten Systeme nicht mehr so, wie sie ein sicherer Schiffsbetrieb 2025 erfordert. „Viele Ersatzteile gibt es schlicht nicht mehr“, sagt Strohmeier.
„Wir machen das, um die Anforderungen der EU und der IMO gerecht zu werden. Außerdem möchten wir auch nach 2026 unter den neuen Auflagen noch nach Norwegen“, sagt Strohmeier. Natürlich werde ein 30 Jahre altes Schiff nie klimaneutral sein, aber man könne viel machen. „Wenn man aber die Energieeffizienz steigert, erreicht man auch bei so einem Schiff auch schon viel“, sagt der CEO.
Da die fünf großen Wärtsilä-Generatoren aufgrund ihres Alters nicht mit LNG, Ammoniak oder Wasserstoff betrieben werden können, blieb hier nur die Umrüstung auf Bio-Treibstoffe. Bei der Vasco Da Gama geht es um Biodiesel mit Fettsäuremethylester, der auch landläufig als „Frittenfett“ bezeichnet wird. Das FAME (fatty acid methyl ester) senkt die CO2-Bilanz erheblich, da dieser Treibstoff zumeist aus aufbereiteten pflanzlichen Ölen entsteht.
Für FAME und ähnliche Treibstoffe wurde bei der Werftzeit ein Tank umgerüstet und eine spezielle Mischanlage installiert, die den Bio-Diesel dem schwefelarmen Marinediesel beigemischt werden. Zwei der fünf Generatoren der Vasco Da Gama sollen vom Hersteller Wärtsilä und der Klassifikationsgesellschaft Lloyds Register nach Abschluss der Tests das Go für den Einsatz dieser Treibstoffmischungen bekommen.

Landstrom nachgerüstet
Dort, wo früher die Tanzfläche der Crewbar war, steht jetzt der Landstromanschluss an Steuerbordseite auf Deck 2. Die Anlage ist mit der neuen Hauptschalttafel verbunden und in das Powermanagement-System integriert. Die Anlage hat die Leistung von 6,6 Megawatt, was etwa einem der fünf Dieselgeneratoren von Wärtsilä entspricht.
Der große Schaltschrank und die fünf Stecker des Anschlusses bleiben aber in den nächsten zwei Monaten noch unbenutzt. Da die Vasco Da Gama zunächst im Mittelmeer unterwegs ist, gibt es keine Chance auf die Abnahme der Anlage. Auch auf der Werft in Setubal gibt es für Schiffe keinen Landstrom. „Und im Mittelmeer sind auch keine Häfen auf unserer Route, die Landstrom anbieten“, sagt Strohmeier.
Der Chefingenieur der Vasco Da Gama freut sich deshalb auf Kiel, wo das Schiff ab Ende Juni zehn Anläufe hat. In Kiel hatten 2023 und 2024 auch andere Schiffe mit ihren neuen Landstromanlagen die Integrationstests und Abnahmen absolviert. Der Seehafen Kiel hat aktuell drei Landstromanlagen, die an allen Kreuzfahrt- und Fährterminals bereitstehen. Aktuell wird in Kiel noch eine vierte Anlage gebaut.
Und was erwartet die Passagiere der Vasco Da Gama nach der großen Werftzeit? Das erste sind neue Teppiche in den öffentlichen Bereichen und viele neue Möbel an Deck und in den Räumen. Auf dem Deck 5 wurden alle Bäder erneuert. Auf den Decks 10 und 11 wurden die Badewannen in den Kabinen durch Duschen ersetzt, was auf Wünsche der Passagiere zurückzuführen war. Eine halbe Million Euro flossen allein in neue Fenster, die jetzt einen ungetrübten Ausblick bieten. Aber auch das Internet geht jetzt schneller, da zusätzlich Starlink an Bord ist.
Insgesamt umfasste der Projektplan für die dritte und vorerst letzte große Modernisierungsphase nach der Übernahme der Vasco Da Gama elf Bereiche. Das Abschleifen des Teakdecks, Austausch alter Rohrleitungen und die Erneuerung der Steuerung der Stabilisatoren und die Überholung der Fahrstühle waren dabei weitere Punkte. Neuerungen gab es auch bei der Klimaanlage im Schiff.
Die fast fünfwöchige Werftphase war auch für Kapitän Adrian Firsov harte Arbeit. Er war zusammen mit einem Teil der Crew durchgängig an Bord. Die weiße Uniform hatte auch er gegen den grauen Overall getauscht. „Eine Werftzeit ist für einen Seemann immer etwas Besonderes. Da freut man sich dann darauf, dass man etwas Neues bekommt.“ Auch seine Kommandobrücke wurde mit neuer Technik versehen. Die Schalttafeln und Bildschirme für die Energieversorgung sind neu. „Es wird nun aber Zeit wieder zurück auf See zu kommen“, freut sich Firsov, der seit vier Jahren Kapitän der Vasco Da Gama ist. Am 4. Mai sollen nach Abschluss der Probefahrt in Lissabon die ersten Passagiere einsteigen. Dann könne die Besatzung wieder das machen, was sie am besten könne: Menschen neue Ziele zeigen. „Time to Discover“, so wie es am Bug steht. FB
Fotos: Frank Behling