Die Wege der Sklaven: Millionen wurden auf Schiffen in die Neue Welt gebracht. Roland Mischke hat sich mit dem Thema befasst, das in diesen Tagen wieder in den Fokus rückte und der Nährboden des Rassismus war.
Er war 19, als er in ein Massaker geriet. Da begann für Oluale Kossola, Angehöriger des Stammes der Yoruba in Westafrika, die heute im Süden Nigerias leben, seine Leidensgeschichte. Krieger aus dem Königreich Dahomey (Benin) drangen in sein Dorf ein und metzelten alle nieder, die sich in den Weg stellten. Am brutalsten waren die Frauen in der bewaffneten Meute, sie hatten scharfe Messer, mit denen sie Opfern erbarmungslos den Hals abschnitten. Die Köpfe wurden als Trophäen mitgenommen, der König von Dahomey sollte sie sehen. So war das 1860.
Der junge Mann wurde als Gefangener auf den beschwerlichen Fußmarsch zur Küste getrieben. Er wird Afrika verlassen und nie wiedersehen.
Die Sklavenhändler verkaufen ihn und andere aus seinem Stamm an den Menschenschmuggler Timothy Meaher aus den USA, dessen Schoner bereitsteht. 109 Menschen werden auf das Sklavenschiff verfrachtet und nach Nordamerika verschleppt, wie Vieh behandelt, geschlagen und in Ketten gelegt. Im Alter wird Kossola sagen: „Meine eigenen Leute hatten mich verkauft, und die Weißen hatten mich gekauft.“
Kossola war als einer der letzten Zeugen auf dem Sklavenschiff Clotilda. 1927 befragte die Autorin Zora Neale Hurston (1960 gest.) den damals 86-jährigen Blinden. Das Buch liegt nun in deutscher Übersetzung vor.
Kossola geriet in eine Region der Südstaaten. Er erlebte den Bürgerkrieg von Nord- und Südstaaten (1861-1865), den der Norden gewann. Daraufhin wurde die Sklaverei offiziell abgeschafft. Nicht aber dort, wo Kossola gelandet war und die Gesetze nur halbherzig kontrolliert wurden. Der Mann, der ihn gekauft hatte, ließ ihn schuften auf Plantagen, er hatte keine Rechte und war bitterarm. Drei Monate hat Autorin Hurston mit ihm Gespräche geführt, es waren vor allem Opfererzählungen. Oluale Kossola starb bald nach seinem 90. Lebensjahr.
Sklavenhandel als Geschäft
Mehr als 12,5 Millionen Menschen waren zwischen 1500 und 1867 in Afrika versklavt, verkauft und auf Schiffen nach Amerika gewaltsam entführt worden. Sklaverei war keine Erfindung des europäischen Kolonialismus, erhielt jedoch eine fundamental entmenschlichende Dimension durch die enorme Ausweitung des Handels. Die entführten Individuen und ihre Nachkommen galten als Ware. Es ist die erste fundierte Überlieferung von Globalisierung.
Auf diese Methode kamen Europäer, als sie den schwarzen Kontinent in Kolonialländer aufteilen, wie afrikanische und arabische Zwischenhändler – letztere kamen durch die Ausbreitung des Islam ins Hinterland – die vermeintlich „Wilden“ kidnappten, in Depots an Küsten sammelten und an Geschäftspartner verschacherten. Schwerpunkte des Handels waren die Regionen des heutigen Senegals, Gambias, Benins, Ghanas und Angolas. Auch im Osten Afrikas wurde vor allem in Mosambik unter der Herrschaft Portugals reger Menschenhandel betrieben, belegt sind mindestens 400.000 Opfer, die von ihrer Heimat abgeschnitten wurden….
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