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Vom Linienverkehr zur Touristenattraktion: Alsterschifffahrt feiert 165-jähriges Bestehen

Die Anfänge der Alsterschifffahrt reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Bereits um 1800 wurden nicht nur Vergnügungsfahrten angeboten, sondern auch Fährverbindungen mit Ruderbooten für den Weg zum Arbeitsplatz.

Gut 50 Jahre später wurde der erste regelmässige Linienverkehr mit Dampfschiffen auf der Alster aufgenommen: Am 15. Juni 1859 startete der kleine Schraubendampfer Alina des Hamburger Schiffsmaklers Johann Peter Parrau mit einem Liniendienst auf dem bekannten Hamburger Binnensee zum Mühlenkamp und nach Eppendorf. Damit wurde eine 165-jährige Tradition der Alsterschifffahrt begründet, zu deren Jubiläum die Alster-Touristik GmbH (ATG), eine Tochter der Hamburger Hochbahn AG, an diesem Sonnabend zu einem besonderen Jubiläums-Angebot einlädt: Statt seinerzeit 3 bzw. 4 Schilling für eine Fahrt reduziert sie den sonst 20 Euro betragenden Preis der Tageskarte für die Alsterkreuzfahrt am Jubiläumstag auf „symbolischen“ Betrag von 16,50 Euro.

1860 schloss sich Parrau mit anderen Anbietern zu einem Verkehrsverbund mit abgestimmten Fahrplänen und einheitlichen Tarifsystem zusammen. Neben Hamburgern aus allen Schichten kamen auch „Prominente“ an Bord: Für Kaiser Wilhelm II. wurde eigens ein Prunkschiff gebaut, das Lohengrins Schwan nachempfunden war. Damit schipperte der Kaiser am 29. Oktober 1888 über die Alster, als er den Freihafen der Hansestadt an der Elbe feierlich eröffnete.

Die danach eingesetzten Dampfer waren nicht nur ein technisches Wunderwerk, sondern auch ein wichtiger Bestandteil des städtischen Nahverkehrs. Sie ermöglichten den Hamburgerinnen und Hamburgern sowie den Besuchenden der Stadt eine komfortable und schnelle Verbindung entlang der Alster.

In ihrer Blütezeit verkehrten mehr als 30 Dampfer als öffentliches Verkehrsmittel auf der Alster. Ihren weißen Anstrich erhielten die Schiffe 1902, dem Geburtsjahr der „Weißen Flotte“. 1911 beförderten die Alsterdampfer im 30-Minuten-Takt fast 11 Mio. Fahrgäste. Nach dem Ende des 1. Weltkrieges ging die Alsterschifffahrt 1919 in den Besitz der Hamburger Hochbahn AG über. Nach Unterbrechung durch den 2. Weltkrieg konnte der Betrieb Ende 1946 wieder aufgenommen werden. In den 50er Jahren nutzten bereits wieder 3,4 Mio. Fahrgäste das Angebot, doch wurde das Aufkommen der Blütezeit aufgrund des zunehmenden Konkurrenzdrucks von Straße und Schiene nicht mehr erreicht. Als die Linienschifffahrt zunehmend defizitär wurde, gliederte die Hochbahn die Alsterschifffahrt aus ihrem Bahnbetrieb aus und übertrug es der am 27. April 1977 gegründeten Tochtergesellschaft Alster-Touristik GmbH. Sie erwarb 1987 alle Schiffe, Anlagen und Anlegestellen von ihrer Muttergesellschaft.

Was einst als reines Transportmittel begann, entwickelte sich nach der im Februar 1984 vom Hamburger Senat beschlossenen vollständigen Einstellung des Linienverkehrs im Laufe der Jahre u.a. durch ihre Kanal- und Fleetfahrten, Dämmertörns, Vierlandefahrten und Alsterkreuzfahrten sowie Chartereinsätze zu einer der beliebtesten Touristenattraktionen Hamburgs. Die Alsterdampfer sind nicht nur ein Symbol für die hanseatische Tradition, sondern ermöglichen auch einen einzigartigen Blick auf die Stadt vom Wasser aus: An 365 Tagen im Jahr bieten die 18 Schiffe der ATG auf mehr als 10.000 Fahrten für jährlich rd. 400 000 Fahrgäste nicht nur Alster-Feeling auf Binnen-und Außenalster oder die grünen Kanalwelten, sondern auch die Erkundung der Speicherstadt als UNESCO Weltkulturerbe oder Hamburgs Elbpanorama.

Inzwischen ist die ATG auch technisch auf Zukunftskurs: Die Dekarbonisierung der Flotte ist im vollen Gange. Mit der aus 1951 stammenden Eilbek wird nun das erste historische Schiff auf einen elektrischen Antrieb umgerüstet. Neben dem Solar-Katamaran Alstersonne und der Alsterwasser wird sie das dritte emissionsfrei angetriebene Schiff der Flotte sein. Sie wird voraussichtlich ab September wieder in Fahrt kommen. JPM

Foto: Jens Meyer