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VOM STRAHLEND WEISSEN ZUM BUNTEN SCHIFF

Die RMS Transvaal Castle war ein Schiff der britischen Reederei Union-Castle, es erhielt wegen seiner praktischen Schönheit und Modernität den Namen „The Hotel Ship“ und blieb lange im Einsatz.

Stromlinienförmig und mit spektakulärer Schiffsarchitektur wurde die RMS Transvaal Castle als neues Flaggschiff der Reederei Union-Castle Line (UCL) 1961 zu Wasser gelassen. Sie war von beachtlicher Größe und mit einem ausgestellten, gebogenen und gebauchten Bug auffällig. Da schaute man hin, das hatte man noch nicht gesehen.


Foto: Sammlung JSA

Der Ein-Klasse-Liner war den vorherigen Dampfern, der Pendennis Castle (1959) und der 1960 in den Dienst gestellten Windsor Castle, gefolgt, war aber zeitgemäßer und schneller. „The Hotel Ship“, wie die Transvaal Castle firmenintern gelobt wurde, war auf der Strecke von Southampton nach Durban eingesetzt worden. Die Passage wurde in 13,5 Tagen absolviert, ein Rekord. Die noble britische Kundschaft war außerordentlich angetan, dieser Dampfer hatte Stil. Es war der letzte, den die Union-Castle Line in Auftrag gegeben hatte für den Einsatz im Linienverkehr. Der letzte Passagierpostdampfer.

Mit der Transvaal Castle konnte die Reederei die inzwischen veralteten Schiffe, die noch aus der Vorkriegszeit stammten, in ihrer Flotte nach und nach ersetzen und beweisen, dass sie beim Schiffsbau auf der Höhe der Zeit war und in der Konkurrenz mithalten konnte. Derweil hatte die Luftfahrtkonkurrenz bereits begonnen. Das schwimmende Hotel ohne die altertümliche Klassentrennung war angesehen, die beiden vorherigen Schiffe hatten noch das überholte System an Bord. Zudem war das Schiff vollklimatisiert. Die Neuentwicklung war speziell für die Fahrten nach Südafrika ausgerichtet worden.


Foto: Sammlung JSA

Das Passagierschiff mit der Baunummer 720 war auf der Bauwerft John Brown & Company in Clydebank im Westen Schottlands errichtet worden. Der Heimathafen war London. Am 17. Januar 1961 wurde es vom Stapel gelassen, die Übernahme an Union-Castle Line geschah im Dezember des Jahres. Am 18. Januar 1962 wurde das Schiff in den Dienst genommen, die Jungfernfahrt nach Südafrika verlief ohne Zwischenfälle. Von da an verkehrte die Transvaal Castle permanent auf dieser Route. Danach wurde sie zusammen mit der Pretoria Castle an Safmarine verkauft, das älteste und das neue Schiff gingen gemeinsam an die südafrikanische Reederei.


Foto: Sammlung JSA

Die Transvaal Castle war 231,7 Meter lang und 27,5 Meter breit. Der Tiefgang lag bei maximal 9,8 m, die Vermessung wurde mit 32.697 BRT angegeben. In der Maschinenanlage standen Dampfturbinen, die auf zwei Festpropeller wirkten. Die Maschinenleistung lag bei 32.800 kW (44.596 PS), die Höchstgeschwindigkeit war 22,5 Knoten (42 km/h). 728 Passagiere waren an Bord zugelassen, die Besatzung bestand aus 426 Mitarbeitern.

Am 12. Januar 1966 startete der in S. A. Vaal umbenannte Dampfer für die neue Reederei, behielt aber in London seine ursprüngliche Registrierung. Der größere Teil der Besatzung blieb im Dienst, die Fahrt verlief auf der gewohnten Route. Auch der Betrieb des Schiffs wurde von London aus bestimmt und organisiert, trotzdem wurde die S. A. Vaal dann 1969 in Kapstadt registriert. Das hatte zur Folge, dass es größtenteils zu einem Austausch der britischen Besatzung kam. Prompt verlor das Schiff 1970 erheblich an Akzeptanz, zudem kam es in der Ölkrise 1973 zu dramatischen Verlusten. Im Juni 1976 wurde das Schwesterschiff Pendennis Castle ausgemustert. Nun waren auf der bekannten Strecke nur noch die S. A. Vaal und die Windsor Castle als Flottenschwester im Dienst von Union-Castle Line auf der Route; es waren damals die letzten großen Passagierschiffe, die vom Vereinten Königreich aus Menschen nach Durban brachten. Die Luftfahrt hatte sich rigoros durchgesetzt. Im Oktober 1977 mussten auch die verbliebenen Schiffe aus dem Afrika-Verkehr genommen werden. Die Abschiedsfahrt der S. A. Vaal wurde am 10. Oktober 1977 beendet, als das Schiff in Southampton zum letzten Mal anlegte.



Aber das Schiff hatte Glück. Die erst kürzlich ins Geschäft gekommene Reederei Carnival Cruise Lines erwarb die S. A. Vaal, die sie umgehend in Festivale umbenannte. Das Schiff sollte einem massiven Umbau unterzogen werden und dann als Kreuzfahrtschiff genutzt werden. 30 Millionen US-Dollar wurden ausgegeben, der Umbau fand im japanischen Kobe statt. Ein kühnes Großprojekt, das es so selten in der Schiffsbranche gab – die komplette Verwandlung eines Schiffs.

Das war die große Zeit für den Architekten und Designer Joseph Farcus, der das Schiff regelrecht umkrempeln durfte. Die Festivale wurde zum „Fun Ship“, ab 1978 wurde es in den karibischen Kreuzfahrtdienst eingegliedert und war das größte Passagierschiff, das von Florida aus Passagiere in fröhliche Urlaube beförderte. Der Umbau des Schiffs war so umfassend, dass die traditionelle Ansicht kaum noch zu erkennen war.


Foto: Jürgen Saupe

Die Dekoration war völlig neu mit auffälligem Neon, leuchtenden Rottönen und glänzendem Chrom. Der Vorschiffsaufbau wurde verändert und zum großen Strandbad umfunktioniert. Die Spielplätze und Schwimmbäder bestanden aus mehreren Hektar Fläche. Allein die Offiziersräume aus der Union-Castle-Liner-Periode blieben noch in ihrem Original – als nostalgische Erinnerung.


Foto: Jürgen Saupe

1996 vercharterte Carnival den bunten Dampfer, der viel Geld eingebracht hatte, an Dolphin Cruise Line. Aus der Festivale wurde die SS IslandBreeze, Da war das Schiff aber längst nicht mehr das größte unter mehreren zwischendurch hinzugekommenen Schiffen aus der Holiday-Branche, einige waren sogar mehr als doppelt so groß. Später wurde das Schiff auch in Sommercharter für Thomson Holidays eingesetzt. Den Winter verbrachte sie verchartert in der Karibik. 1998 wurde das Schiff an Premier Cruise Lines verkauft. Im Jahr 2000 wurde ihr Rumpf rot gestrichen und erhielt den Namen The Big Red Boat III. Als Kreuzfahrtschiff tingelte sie unter Bahamas-Flagge an der texanischen Küste entlang.

Doch das Unternehmen Premier Cruises scheiterte grandios und nötigte damit auch den einstigen Britenstolz in den Untergang. Der Kreuzfahrer wurde noch zum Verkauf diversen Reedereien angeboten, aber nach 40 Dienstjahren war er zu alt, zudem hatte sich ein Maschinenschaden eingestellt. Die ehemalige Transvaal Castle passte nach der Insolvenz nicht mehr ins Konzept, sie wurde von 2000 bis 2003 in Freeport aufgelegt.

Foto: Sammlung JSA

Nach drei Jahren Liegezeit war das einst stolze Schiff auf den Ozeanen nicht mehr in einem akzeptablen Zustand. So kam es zur Überführung ins indische Alang, dort traf sie am 3. Juli 2003 zum Abbruch ein. DieVerschrottung zog sich bis ins Jahr 2004. Das Schiff, das einmal Transvaal Castle hieß, war das vorletzte noch erhaltene Schiff der Union-Castle Line gewesen. Danach gab es nur noch die Margarita L, die ehemals Windsor Castle hieß und die „Transvaal“ um zwei Jahre überlebte. Auch sie endete schließlich in Alang.

Roland Mischke, maritimes Lektorat: Jürgen Saupe