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Von Kreidefelsen, Calvados und Seerosen

Eine Kreuzfahrt auf der Seine von der Stadt der Liebe bis zum Atlantik ist etwas ganz Besonderes. Man erlebt dabei nämlich nicht nur traumhafte Landschaften, sondern begibt sich auch auf die Spuren der Geschichte. Christiane Flechtner berichtet.

Start der Kreuzfahrt auf der Seine Comtesse ist in der Stadt der Liebe – mitten in Paris. Die Leinen werden eingeholt, das Schiff löst sich vom Ufer und flussabwärts führt der Weg. Doch es wird schnell dunkel, und am Flussufer heben sich große Bäume als Schattenriss vor dem sternenklaren Himmel ab.

Wenn auch das Schiff in Paris seine Fahrt beginnt, hat die Seine bis dorthin schon eine ganze Strecke zurückgelegt: Sie entspringt nämlich in der Region Bourgogne-Franche-Comté in der Nähe von Dijon auf dem bewaldeten Plateau von Langres – einem der größten Wasser­speicher Zentralfrankreichs. Ihre Quelle in 471 Metern Höhe gilt als heilig, und von dort aus erstreckt sie sich ganze 777 Kilometer durch die grüne Landschaft der Normandie bis hinunter zu den alabasterfarbenen Kreide­felsen am Atlantik.

Am nächsten Morgen legt das 114 Meter lange Schiff mit seinen 134 Passagieren in Rouen den ersten Stopp ein. „Die Normandie gehörte über Jahrhunderte zu den reichsten französischen Regionen gehörte, und davon zeugt noch heute die mächtige gotische Kathedrale Notre­-Dame im Herzen von Rouen mit dem höchsten Kirchturm ganz Frankreichs“, erklärt die französische Stadtführerin Catherine Brandon Delattre. „Die Stadt der Gotik, der hundert Kirchen und tausend Fachwerkhäuser entstand als Hafenstadt zur Römerzeit vor 2.000 Jahren und diente über Jahrhunderte als wichtiger Übersee­hafen, vor allem für den Getreidehandel.“ Ein historischer Schatz befindet sich in der belebten Rue de Gros-Horloge: Schon von Weitem strahlt die große astronomische Uhr in einem Renaissance-Torbogen. Das noch heute intakte Uhrwerk aus dem Jahre 1389 funktionierte bis 1928 ununterbrochen und gilt als eines der ältesten­ in Frankreich.

Geht man weiter, kommt man zum alten Marktplatz, der mit der grausigen Vergangenheit Rouens verknüpft ist: Johanna von Orleans ist hier zum Tode verurteilt und 1431 auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden.

Als die Seine Comtesse in der wärmenden Nachmittagssonne ablegt und weiter flussabwärts fährt, hängt jeder der Passagiere seinen Gedanken nach. In der stillen Naturlandschaft wechseln sich lichte Wälder mit Mooren und Streuobstwiesen ab, mehr als 70 Dörfer und zahlreiche Klöster und Abteien verteilen sich entlang des Ufers. In dieser Region hat sich die Seine in weit ausholenden Mäandern in das Kalkplateau eingegraben und bildet zahlreiche Schlingen.

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Fotos: enapress, Christiane Flechtner, nicko cruises