Wenn Kreuzfahrer stören: Tipps für touristische Landratten
Overtourism wird für zahlreiche attraktive Destinationen zu einem zunehmenden Problem. Dabei stehen auch immer wieder Kreuzfahrtschiffe in der Kritik.Während einige Hafenstädte wie z. B. Venedig, Amsterdam und Dubrovnik mit Maßnahmen wie Touristensteuern, Schiffsgrößen-Beschränkungen oder Anlauf-Zeitfenstern etc. gegenzusteuern versuchen, setzen andernorts Branchenorganisationen wie z. B. der internationale Kreuzfahrtverband CLIA oder einzelne Partner auf der Reeder- und Veranstalterseite darauf, in Kooperation mit den lokalen Kommunen und zuständigen Institutionen Lösungen zu finden und umzusetzen, die den Interessen aller Beteiligten möglichst gerecht werden.

„Ja, Kreuzfahrtschiffe können störend sein – zumindest, wenn man als Einzeltourist dasselbe touristische Ziel ansteuert wie die Passagiere der Ozeandampfer. Doch es gibt Lösungen, dem Massenansturm zu entkommen“, sagt Jutta Falkner, Herausgeberin des BusinessPortal Norwegen (BNP) und rät in einem Beitrag für ihr Portal dazu, sich vorab zu informieren, wie man z. B. rund um Flåm angesagte Naturparadiese, Aussichtsplattformen oder spektakuläre Bahnfahrten in Ruhe genießen kann.
Hier einige ihrer Tipps:
Die Flåmbahn ist eine norwegische Schmalspurbahn, die als Touristenzug zwischen der Ortschaft Flåm und dem Bahnhof Myrdal verkehrt. Die Strecke ist bekannt für ihren steilen Anstieg, der den Blick auf atemberaubende Täler und einzigartige Wasserfälle gewährt. Die 20 Kilometer lange Eisenbahnstrecke gehört zu den beliebtesten Ausflugszielen Norwegens für individuelle Besucher, Busreisende und Kreuzfahrtpassagiere.
Bequeme Abfahrtszeiten der Flåmbahn frühzeitig ausgebucht
Der Bahnhof in Flåm befindet sich unmittelbar am Hafen, in dem nahezu jeden Tag ein Kreuzfahrtschiff ankommt. Viele Kreuzfahrer haben für Flåm ein Ausflugspaket für die touristischen Attraktionen in und um den idyllischen Ort gebucht, zu dem auch eine Fahrt mit der Flåmbahn gehört. Das hat zur Folge, dass von den zehn Abfahrten am Tag die Züge mit den bequemsten Abfahrtszeiten Tage im Voraus gebucht und oft schon ausgebucht sind. Die erste Abfahrt (7.20 Uhr) und die letzte Abfahrt (18.45 Uhr) sind allerdings auch kurzfristig zu haben. Hierfür wird sogar noch ein Rabatt von 30 Prozent gewährt. Zehn Prozent Rabatt gibt es für die Rundreise ab 08:20 Uhr, 09:35 Uhr, 16:15 Uhr, und 17:30 Uhr. Alle anderen Fahrten kosten 850 NOK.
Das Ticket also frühzeitig auf der Website von norwaysbest kaufen. Hier können auch Pakete erworben werden, die neben der Bahnfahrt Wanderungen und Fahrradtouren durch das Flåmtal oder eine Abfahrt mit der Zipline enthalten.Auf dem Rückweg sollte man beim Halt der Flåmbanen am Wasserfall Kjosfossen schnell sein – bevor die Reisegruppen die Aussichtsplattform überfluten. Raus aus dem Zug, fotografieren, und sich dann einen guten Platz an einem Fester gegenüber der tobenden Wassermassen sichern. Im roten Kleide erscheint nämlich noch die Berggeisterfrau Huldra, um mit ihrem Tanz die Touristenwelt zu erquicken.
Alleinsein am Stegastein ist möglich
Wieder am Bahnhof angekommen, bietet sich eine Fahrt zur Aussichtsplattform Stegastein 650 Meter über dem Auerlandsfjord an. Sie ragt 30 Meter aus dem Berghang und gewährt den Blick über die Einmündung des Nærøyfjord in den Auerlandsfjord. Der Aussichtspunkt wurde von den Architekten Todd Saunders und Tommie Wilhelmsen entworfen und 2006 fertiggestellt. Im Touristenzentrum am Bahnhof werden Touren per Bus zum Stegastein angeboten. Angesichts der Serpentinen, die nach oben führen, und der zahlreichen Baustellen auf dem Weg zum Stegastein ist man schnell verleitet, sich mit den Kreuzfahrt-Passagieren zusammenzutun und sich bequem per Bus nach oben chauffieren zu lassen. Zu bedenken ist aber, dass das Gedränge auf der Plattform groß ist, wenn sechs oder acht Kleinbusse im Konvoi nach oben fahren. Natürlich will jeder Tourist vor der spektakulären Kulisse fotografiert werden. Und auch die Toilette ist ein Platz der Begierde, weil man auch von hier aus einen atemberaubenden Blick auf den Auerlandsfjord hat.
Wenn man nicht gerade ein großes Wohnmobil fährt, empfiehlt es sich auf alle Fälle, die zwar steile, aber auch kurze Fahrt mit dem eigenen Gefährt anzutreten. Jedoch auf die Bus-Abfahrtszeiten schauen und dann zur Plattform starten, wenn keine Gefahr besteht, den Bussen auf dem Stegastein zu begegnen.

Ausflugsdampfer mit Dieselantrieb versus Elektro-Katamaran
Der Bahnhof Flåm ist auch Ausgangspunkt für eine einmalige Schiffstour von Flåm nach Gudvangen durch den Auerlandfjord und den Nærøyfjord. Lediglich zwei Fähren pendeln mehrmals täglich zwischen den Enden der beiden Fjords. Die Lady Elisabeth ist ein in die Jahre gekommener Ausflugsdampfer mit Dieselantrieb, die Legacy of the Fjords ein schicker Kohlefaserkatamaran mit Elektroantrieb. Für die alte Lady wird diese Saison wohl die letzte sein, denn ab 2026 dürfen Touristenschiffe und Fähren unter 10.000 BRZ nur noch in die Fjorde des UNESCO-Welterbes in Norwegen fahren, wenn sie keine Emissionen verursachen. Und der 17 Kilometer lange Nærøyfjord steht auf der Liste des UNESCO-Welterbes. Ob sich ein Umbau des Antriebs lohnt oder ein weiterer Neubau den Platz der Lady Elisabeth einnimmt, ist unklar. Die meisten Kreuzfahrttouristen entscheiden sich für eine Fahrt mit dem Elektroschiff. Auf der Lady Elisabeth geht es dementsprechend sehr gemütlich zu. Auch der Preisunterschied zwischen alt und neu sollte als Entscheidung mit herangezogen werden.
Ein weiteres Highlight rund um Flåm ist die Nationale Touristenweg Auerlandsfjellet, auch Schneestraße zwischen den Fjorden genannt. Vom Fjord aus geht es hinauf zum Hochgebirge, das den Großteil des Jahres schneebedeckt ist. Auf dieser schmalen Straße trifft man nur wenige Fahrzeuge.
Aussteigen im Lærdaltunnel lohnt sich
Im Winter ist die Straße gesperrt. Das hat der Region ein weiteres Highlight beschert: den Lærdaltunnel – mit 25 Kilometer der längsten Straßentunnel der Welt. Die Einfahrt in den Tunnel ist unscheinbar – wie Tunnel in Norwegen eben so sind. Nach etwa 5 Minuten passiert man eine Ausbuchtung, die blau beleuchtet ist, es folgen in der nächsten Ausbuchtung eine grüne und dann eine gelbe Beleuchtung. Mit den spektakulären Fotos, die man vom Inneren des Lærdaltunnels kennt, hat die Realität aber nichts zu tun. Eine Tunnelfahrt von 25 Minuten ist langweilig – auch mit blauen, gelben und grünen Lichtern. Doch halten Sie in einer dieser Ausbuchtungen an und steigen aus (was nach meiner Kenntnis nicht verboten ist), erleben sie eine Illumination, die keine Event-Agentur in einer noch so coolen Event-Location erzeugen kann. Im längsten Straßentunnel der Welt ist es fast so schön wie auf dem Fjord, auf dem Stegastein, am Wasserfall Kjosfossen oder in der Flåmbahn – mit dem Vorteil: In den Lærdaltunnel verirrt sich ganz bestimmt kein Kreuzfahrttourist. JPM