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Wo das Feuer hinzeigt

Wer glaubt, dass die digitale Epoche sämtliche Leuchttürme abschaltet, irrt. Viele sind viel zu großartig, um übersehen zu werden. Roland Mischke hat seine schönsten ausgesucht.

Es begann mit den Leuchtfeuern bereits vor langer Zeit. Sie sollten Schiffen den richtigen Weg signalisieren. Eines der ersten als Turm gebautes Leuchtfeuer stand in der Antike in der berühmten ägyptischen Hafenstadt Alexandria. Von Sklaven errichtet auf der Insel Pharos, weshalb der Begriff für den Leuchtturm im Französischen „phare“ heißt, im Portugiesischen „pharol“ und im Spanischen „faro“. Der Turm von Alexandria war weithin zu sehen, er hatte bereits eine Feuerhöhe von fast 100 Metern. Ein antikes Weltwunder.
Leuchttürme sind als Motiv der Populärkultur auf Millionen Postkarten verbreitet. Sie gelten als ein herausragendes Sujet der maritimen Romantik, sind inzwischen Museen, exklusive Hotels oder gar Standesämter. Manche sind aus dem Verkehr genommen, aber längst nicht alle. Allein an deutschen Küsten von Nord- und Ostsee werden noch rund 90 Leuchtfeuer betrieben.

Cape Byron Lighthouse

Westerheversand
Der 40 Meter hohe, schlanke Leuchtturm mit neun Etagen ist das Wahrzeichen der Halbinsel Eiderstedt in Schleswig-Holstein an der Nordsee. Er wurde 1908 auf einem Betonsockel erbaut und gilt als bekanntester deutscher Leuchtturm. Zuvor hatte man dem rotweiß geringelten Gebäude eine eigene Warft aufgeschüttet, einen Hügel im Wattenmeer. 127 massive Eichenpfähle wurden in den weichen Boden gerammt, um ein Gewicht von 130 Tonnen zu tragen. Hinter dem Backstein wurde in eine Hohlkammer Stahlbeton eingefügt. Besucher dürfen sich zwischen Ostern und Ende Oktober anmelden, um die 157 schmalen Stufen zu erklimmen, dorthin laufen sie 2,5 Kilometer durch die Salzwiesen.
Der Hausmeister Hans Günther wurde auch als Poet HaGü bekannt, er bietet literarische Wattwanderungen an. In Stockwerk vier des Turms gibt es ein Hochzeitszimmer für Heiratswillige, doch mehr als elf Personen dürfen sich nicht gleichzeitig im Gebäude aufhalten. 50 Kilometer weit über die Ostsee strahlt der Leuchtturm seit 110 Jahren.

Cape Hatteras Lighthouse

Neuer Leuchtturm in Lindau
Der einzige Leuchtturm am Bodensee steht in Lindau, das zum Freistaat Bayern gehört. Auf einem 24 Meter breiten Sockel reckt er sich seit 1856 33 Meter empor. Seine Besonderheit ist eine Uhr in der Fassade, damit am Ende der Westmole an der Hafeneinfahrt jeder weiß, welche Stunde es geschlagen hat. Zuvor stand dort bereits seit 1230 ein Leuchtfeuer im Mangturm, den der Neue Leuchtturm ersetzte. Ihm gegenüber hockt der Bayerische Löwe auf seinem Sockel, das Ensemble flankiert die Hafeneinfahrt.
Bis 1936 hatten Leuchtfeuerwärter das Ölfeuer in Gang zu halten, die Flammen stiegen aus großen Pfannen empor. Das Nebelhorn wurde über einen Blasebalg betätigt. Inzwischen wird der Turm elektrisch betrieben, seit den 1990er Jahren vollständig automatisiert. Das Feuer wird bei Bedarf von Schiffen aus per Funkt aktiviert und funktioniert als Blitzfeuer, das alle drei Sekunden durch drehbare Parabolscheinwerfer aufflackert. Der Leuchtturm kann von Interessenten über eine Holzwendeltreppe bestiegen werden, im Innern ist die Geschichte der Bodenschifffahrt dokumentiert.

Eldred Rock Lighthouse, Skagway, Alaska, USA

Roter Sand
Der Leuchtturm in der Deutschen Bucht ist 28 Meter hoch und sehr beliebt. 1885 wurde das erste auf dem Meeresgrund aufgestemmte Bauwerk auf halbem Weg zwischen Bremerhaven und Helgoland errichtet. Der Offshore-Bau war eine Sensation des Ingenieurswesens, das seit mehr als 130 Jahren Wellen, Stürmen und Gezeiten trotzt. Von Menschenhand auf offener See in einer Untiefe aus Treibsand verankert. Das Herablassen des riesigen eisernen Senkkastens gilt bis heute als technische Pioniertat. Angeblich gibt es auf Matrosenarmen keine häufiger gewählte Tätowierung als die des Roten Sandes. Der Leuchtturm war für Millionen Auswanderer das letzte Gebäude, das sie sahen – danach sichteten sie die New Yorker Freiheitsstatue.
Der rotweiß gestreifte Turm mit seinen drei neugotischen Erkern weckt Emotionen. Als er 1964 außer Dienst gestellt wurde verhinderten Proteste der Küstenbewohner seinen geplanten Abriss. 1987 erhielt er Denkmalschutz, das verrottete Fundament wurde überstülpt mit einer 110 Tonnen schweren Stahlmanschette. Die Innenräume sind restauriert und originalgetreu eingerichtet. Ein Veteran als markantes Bild.

Huisduinen
Der zweithöchste Leuchtturm der Niederlande steht in Nordholland bei Den Helder, er ist der höchste gusseiserne Turm Europas in sechzehneckiger Grundform. Er wiegt 506 100 Kilo, die Gusseisenplatten sind miteinander verschraubt. Der Entwurf stammt von Quirinus Harder. Der „Lange Jaap“, wie Holländer ihn nennen, steht seit 1988 unter Denkmalschutz. Fertiggestellt wurde der 56 Meter hohe Turm 1878, anfangs mit Öllampen betrieben, später mit Spiegeln in einem Linsensystem. Das Leuchtfeuer ist 30 Kilometer weit zu sehen. Im ehemaligen Küstenwacheturm können sich Touristen einmieten…..

Fotos: Jan Miko/shutterstock.com, Niall_Majury/istockphoto.com, Richard Vandewalle/shutterstock.com, wbritten/istockphoto.com, enapress.com