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ZU VIEL FEUER UND STURM

Die in Deutschland erbaute „Prinsesse Ragnhild“ war eine RoPax-Fähre. Im Jahr 2008 wurde sie an die US-amerikanische Kreuzfahrtreederei Celebration Cruise Line Holdings verkauft und erhielt den Namen „Bahamas Celebration“.

Menschen mögen andere Menschen, die nach alter Weise über ihnen stehen sollen. So war das auch mit Prinzessin Ragnhild Alexandra von Norwegen, die als älteste Tochter von Olaf V. von Norwegen und Märtha von Schweden geboren wurde. Sie kam am 9. Juni 1930 im königlichen Schloss von Oslo zur Welt und verstarb am 16. September 2012 in Rio de Janeiro.



Ursprünglich kam sie aus dem Haus von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, einer Nebenlinie des Hauses Oldenburg. 1953 heiratete sie den Industriellen Erling Lorentzen, dem große Güter gehörten und der seine Gattin schlicht Frau Lorentzen nannte. Dabei war sie die erste Prinzessin seit 629 Jahren, die auf norwegischem Boden geboren worden war.

Seit 1953, dem Jahr der Eheschließung, lebte sie in Brasilien, ihre drei Kinder wurden in Rio geboren. Das hatte damit zu tun, dass sie in Norwegen auf dem Landgut Skaugum aufgewachsen war. Als im Zweiten Weltkrieg das skandinavische Land von der deutschen Wehrmacht okkupiert wurde, hatte sich die königliche Familie abgesetzt nach Brasilien, später nach Washington, D.C. bis 1945. Sie kehrte immer wieder in ihre Heimat zurück und war deshalb in der Bevölkerung populär. Darum erhielt das Schiff ihren Namen.

Die Prinsesse Ragnhild war ein deutscher Schiffsneubau, erstellt von der Howaldtswerke-Deutsche Werft in Kiel als Baunummer 164. Die Ablieferung an die norwegischen Auftraggeber fand am 31. Januar 1981 statt, bis 2008 war sie unter der norwegischen Flagge unterwegs, mit Norske Veritas-Klassifizierung. Der Heimathafen war zunächst bis 1990 Sandefjord, danach bis 2008 Oslo. Eigner war die Gunehr Shipping Ltd.


Foto: Frank Behling

Die Kiellegung erfolgte am 29. Februar 1980, am 31. Juli 1980 lief sie vom Stapel. Die Übernahme erfolgte am 31. Januar 1981. Das Schiff war 170 m (ab 1992: 205,25 Meter lang und 24m (ab 1992: 26,60) Meter breit. Der Tiefgang lag bei 7,4 m, die Vermessung wurde mit 16631 BRT (nach dem 1992 erfolgten Umbau: 35.855 BRZ) angegeben. Die Maschinenanlage bestand aus zwei Stork-Werkspoor 20TM410 Dieselmotoren. Die Maschinenleistung lag bei 25.400 PS (18.682 kW), die Höchstgeschwindigkeit betrug 22 Knoten (41 km/h). Die Tragfähigkeit wurde mit 3210 tdw angegeben, die laufende Spurmeter 900 m. Durch den Umbau erhöhte sich die Kapazität der Passagier-Kabinen von 892 auf 1900 Personen, neben den Kojen gab es auch bessere 565 PaxKabinen. Auf dem Schiff konnten nach dem Umbau statt 603 bis zu 700 PKW befördert werden.

Die in Sandefjord beheimatete Prinsesse Ragnhild übernahm ihren Dienst als Nachfolgerin des gleichnamigen Fährschiffs auf der Route Kiel – Oslo auf. Die Gunehr Shipping Ltd. und die Norway Line fusionierten 1990 zur Color Line, damit war für die Prinsesse Ragnhild der neue Heimathafen Oslo.

Die Color Line hatte große Pläne für das Flaggschiff, es wurde 1992 von der spanischen Werft Astilleros de Cádiz um 33,5 Meter verlängert und um 2,6 Meter verbreitert. Der aufwendige Umbau war an der Rumpfform deutlich auszumachen.



Das Schiff hatte permanent einiges an Gefahren zu bewältigen. Am 7. Juli 1999 war im Maschinenraum ein Feuer ausgebrochen. Um 2.13 Uhr sandte die Prinsesse Ragnhild den Hilferuf „Mayday“ aus und musste evakuiert werden. An Bord befanden sich an dem Tag 1167 Personen, alle – Passagiere und das Personal – konnten sicher an Land gebracht werden.

Das Schiff wurde zur Werft Blom + Voss nach Hamburg geschleppt. 39 Arbeitstage waren an ihm zu leisten. Am 24. Dezember 2003 kam es auf der Prinsesse Ragnhild zu einem Kurzschluss, aus dem ein Brand ausbrach. Sie ankerte während des Löschvorgangs im Drobaksundet.

Am 6. März 2004 brach wieder ein Feuer aus, nachdem sich ein Taxi auf dem Autodeck entzündet hatte. Am 10. Dezember 2004 ersetzte die Reederei die Prinsesse Ragnhild durch den in Turku erstellten Neubau Color Fantasy.


Foto: Frank Behling

Ab 27. April 2005 wurde die Prinsesse Ragnhild zwischen Hirtshals, Stavanger und Bergen eingesetzt. Auf der Fahrt zwischen Hirtshals und Stavanger brach am 9. Dezember 2006 ein Brand in einem Hilfsmotor aus, er wurde zügig durch die Sprinkleranlage gelöscht. Dadurch fiel jedoch ein Propeller aus.

In der Weihnachtszeit konnten keine Reparaturmaßnahmen mehr durchgeführt werden, der Betrieb des Schiffs konnte erst am 25. Dezember 2006 wieder aufgenommen werden. Unglücklicherweise wurde das Schiff am 20. Januar 2007 durch eine starke Welle getroffen, bei der zwei Scheiben zerschlagen wurden.

Am 8. November desselben Jahres war es für die Prinsesse Rangnhild wegen eines Sturmes nicht möglich, den Hafen von Stavanger anzulaufen. Sie wurde umgeleitet in den Hafen von Kristiansand. Nach zweieinhalb Jahren, im Januar 2008, wurde die Route Hirtshals – Stavanger – Bergen eingestellt.

Das Schiff war ab dem 8. Januar 2008 auf eine neue Route verlegt worden, sie verlief zwischen Hirtshals und Oslo, wosie die Color Festival ersetzte, die auf die Route Frederikshavn – Oslo wechselte. Nach vier Monaten stellte man den Betrieb ein, das geschah am 6. Mai 2008. Danach wurde die Prinsesse Ragnhild in Sandefjord aufgelegt und zum Verkauf angeboten.


Foto: Frank Behling

Ein Käufer fand sich schnell. Am 3. September 2008 erklärte die Führung von Color Line, dass das Fährschiff für umgerechnet rd. 23 Millionen Euro an die US-amerikanische Reederei Celebration Cruise Holdings Inc. verkauft worden war. Nur einen Monat später, am 1. Oktober, wurde sie übergeben. Sie erhielt einen neuen Namen: Bahamas Celebration, und wurde sofort nach Freeport gesandt; der Heimathafen hieß jetzt Nassau/Bahamas.


Foto: Sammlung JSA

Im Freeporter Hafen begannen im November 2008 die Umbauarbeiten, die mit einer Sanierung verbunden waren. Das Schiff erhielt zwei Schwimmbäder auf den oberen Decks mit Wasserrutschen, die Restaurants wurden „amerikanisiert“, ein Spielcasino kam dazu. Die Kabinen wurden gründlich umgebaut, der blaue Rumpf blieb erhalten.

Im März 2009 löste die Bahamas Celebration die 1953 in Dienst gestellte Regal Empress auf der Passage Fort Lauderdale – Nassau ab. Ab 15. März 2010 bediente die Bahamas Celebration die Strecke Palm Beach – Freeport im zweitätigen Rhythmus, die Fahrt fand nachts statt, am Morgen war man am Rand der Karibik. 14 Stunden und 30 Minuten wurden dafür gebraucht, die Strecke war 150 Kilometer lang.

Foto: Sammlung JSA

Zudem kehrte die Pechsträhne der Prinsesse Ragnhild zurück. Im Dezember 2012 brach wieder ein Feuer aus, das zwar schnell gelöscht werden konnte, aber das aus einem der sechs Generatoren auslaufende Öl sickerte in den Maschinenraum und führte zum Ausfall der Klimaanlage. Die nächste Reise wurde abgesagt.

Am 31. Oktober 2014 lief das Schiff vor Freeport auf Grund und schlug leck, konnte aber mit rd. 10 Grad Schlagseite nach Freeport zurückkehren. Am Ende wurde es 2015 durch die Grand Celebration der neu gegründeten Bahamas Paradise Cruise Line ersetzt.

Im selben Monat April registrierte man das zum Abbruch ins indische Alang verkaufte und in Celebration umbenannte Schiff in St. Kitts und Nevis, ein Witz, man wusste nicht mehr wohin mit dem maroden Dampfer. Am 18. Juni traf die Celebration auf Reede vor Port of Spain ein und nahm am 4. Juli Kurs auf Alang. Vor dem Eintreffen am 14. Oktober 2015 in Alang, wo es am 29.Oktober zum Abbruch auf den Strand gesetzt wurde, war das Schiff zwischen dem 13. und 17. August in der Walvis Bay in Namibia noch ein letztes Mal bebunker tworden.

Roland Mischke, maritimes Lektorat: Jens Meyer