Schornsteine an der „United States“ wurden demontiert
Versenkung der „Big U“ ist zum Ende des Jahres 2025 vor Florida als künstliches Riff geplant
In den vergangenen Monaten war es ein wenig ruhiger geworden um die geplante Versenkung des ehemaligen amerikanischen Transatlantik-Liners United States als weltweit größtes künstliches Riff vor der Küste Floridas. Im Februar 2025 wurde das knapp 300 Meter lange Schiff vom langjährigen Aufliegehafen Philadelphia entlang der US-Ostküste nach Mobil in Alabama geschleppt. Von der dortigen Werft wurden nun aktuelle Bilder veröffentlicht, wie der erste der beiden markanten Schornsteine vom Oberdeck des Schiffes entfernt wurde. Mit Hilfe eines Schwimmkrans wurde der aus Aluminium gefertigte, 20 Meter hohe vordere Schornstein vom Schiff abgenommen und auf einem Ponton abgesetzt. Auch der hintere Schornstein soll in den nächsten Tagen von Bord der United States entfernt werden. Wie der Eigentümer, die Okaloosa County mitteilte, werden die Schornsteine zunächst an einem sicheren Ort für die zukünftige Nutzung eines Landmuseums über die Geschichte der United States aufbewahrt. Dieses plant der frühere Eigentümer des Schiffes bei Destin-Fort Walton Beach. Das Museum soll neben weiteren ausgebauten Teilen des Schiffes, die Geschichte der United States bewahren, und allen Museumsbesuchern ein interaktives Erlebnis über die Geschichte des Schiffes bieten.
Die beiden inzwischen schon stark verblichenen rot-weiß-blauen Schornsteine der United States sind nach wie vor die höchsten, die jemals auf einem Schiff installiert wurden – mit einer Höhe von rund 20 Metern sind sie so hoch wie ein sechsstöckiges Gebäude. Ihr Design umfasst dabei auch markante „Flügel“ am Heck, die dazu dienten, die Abgase von den Passagieren an Deck wegzuleiten. Die Schornsteine waren steil nach hinten geneigt, um den Eindruck von Bewegung und Geschwindigkeit zu erwecken. Sie wurden asymmetrisch entworfen – der hinterste Schornstein war kleiner als der vorderste. Die Proportionen der aufgemalten Streifen auf den Schornsteinen wurden entsprechend angepasst. Der vordere Schornstein war zu 75 % rot, zu 10 % weiß und zu 15 % blau; der hintere Schornstein war zu 70,8 % rot, zu 11,7 % weiß und zu 17,5 % blau. Die beiden riesigen Schornsteine brachten dem Schiff später dann auch den Spitznamen “The Big U” ein.


Okaloosa County in Florida erwarb im Oktober letzten Jahres das Schiff für mehr als 10 Millionen Dollar, um es nach einer grundlegenden Sanierung und Entfernung umweltgefährdender Stoffe als Meereslebensraum im nördlichen Golf von Mexiko zu versenken. Dazu werden unter anderem derzeit alle nichtmetallischen Gegenstände, Kabel und Treibstoff an Bord entfernt. Um eine aufrechte „Landung“ beim Abtauchen zu gewährleisten, werden strategisch platzierte Löcher um das Schiff herum gebohrt, über die dann zum Abtauchen Wasser in das Schiff eindringen kann. Außerdem werden im Schiffsrumpf verschiedene Öffnungen geschaffen, damit sich Meereslebewesen im und um das Schiff ansiedeln könne. Wie der Eigentümer mitteilte erfolgen alle Vorbereitungen auf der Werft in Mobile in enger Zusammenarbeit mit mehreren Umweltbehörden, darunter dem Department of Environmental Protection und der Environmental Protection Agency.
Zudem soll es dann das touristische Ziel für Tauchergruppen werden. Nach derzeitiger Planung soll die United States Ende 2025 etwa 20 Seemeilen südlich von Destin-Fort Walton Beach in einer Tiefe von rund 55 Meter bis zum Grund und etwa 16 Meter bis zum Oberdeck versenkt werden. Später soll das Schiff Ziel von erfahrenen und ambitionierten als auch Taucheranfängern werden. Die genauen Koordinaten für den Versenkungsplatz stehen aber bislang noch nicht fest. In dem Seegebiet liegen aber schon heute einige Dutzend anderer großer Schiffe, die als Tauchziel genutzt werden. Somit soll auch die United States die schon jetzt florierende Wirtschaft und Tourismusbranche in Destin-Fort Walton Beach, weiter stärken.

Seit der Schaffung des ersten öffentlichen künstlichen Riffs im Jahr 1976 wurden in den Gewässern vor Destin-Fort Walton Beach 564 Riffe angelegt, seit 2019 sind es über 300. Somit ist das dortige künstliche Riffprogramm eines der aktivsten Programme des Landes und zielt darauf ab, Orte zum Angeln, Tauchen und Schnorcheln zu schaffen, die für Einheimische und Besucher leicht zugänglich sind. Zu den künstlichen Riffen vor Destin-Fort Walton Beach gehören auch vorgefertigte Betonstrukturen wie altes Brückenmaterial, überzählige Militärausrüstung oder sogar stillgelegte Schiffe, die absichtlich versenkt wurden. So wurden dort schon ehemalige US-Militärschiffe und im letzten Jahr die zwei ehemaligen Offshore-Versorger, die Manta und Dolphin auf 33 Meter Tiefe versenkt.
Bis heute ist die United States Trägerin des Blauen Bandes, für die bislang immer noch schnellste Atlantiküberquerung eines Passagierschiffes. 1952 überquerte das Schiff mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 34,51 Knoten in 3 Tagen, 10 Stunden und 40 Minuten den Atlantik zwischen New York und Southampton. Das Schiff war als Prestigeobjekt so konzipiert, dass es im Kriegsfall schnell für den Transport von bis zu 15.000 US-Soldaten umgerüstet werden konnte. Zu einem solchen Einsatz kam es jedoch nie. Die beiden riesigen Schornsteine brachten dem Schiff den Spitznamen “The Big U” ein.
Zwischen dem 3. Januar 1953 und bis zur Betriebseinstellung im Jahr 1969 lief das Schiff 167-mal die Columbuskaje in Bremerhaven an, zu einer Zeit, als noch Besatzungssoldaten und Truppentransporter das Bild der Häfen bestimmte. Bis zu seiner letzten Fahrt am 7. November 1969 beförderte das legendäre Schiff auf seinen insgesamt 400 Reisen mehr als eine Millionen Passagiere über den Atlantik. An Bord waren unter anderem die US-Präsidenten Eisenhower und Kennedy, der ehemalige deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer, Katharine Hepburn, Marlon Brando und Marilyn Monroe.
Im Jahr 1969 wurde das Schiff außer Betrieb gesetzt, nachdem 10 Jahre zuvor die ersten Linienflüge über den Atlantik einen Wendepunkt im Transportwesen darstellten. Denn Flugzeuge waren nicht nur schneller, sondern im Vergleich zu den damaligen Ozeanriesen auch deutlich sparsamer im Treibstoffverbrauch.
Vor vielen Jahren hat es sich die gemeinnützige Organisation „SS United States Conservancy“ zur Aufgabe gemacht, den einstigen Luxusdampfer zu retten. Im November 2023 wurden Pläne vorgestellt, wie das Schiff umgestaltet werden soll. Dabei sollte es zu einem stationären, schwimmenden Bauwerk mit einer Reihe einzigartiger Gastronomie- und Kulturangebote umgebaut werden. Doch hierfür fand sich all die Jahre kein Investor als auch kein Liegeplatz. Nun wird das Schiff zum Ende des Jahres auf dem Grund des Meeres versenkt. ChrEck
Fotos: Okaloosa County



