Die erst im Januar d.J. von der kroatischen DIV-Group übernommene norwegische Kleven Verft hat am 3. Juli für sich und ihre beiden Tochtergesellschaften Kleven Maritime Contracting und Kleven Maritime Technology beim Bezirksgericht Sunnmøre das Insolvenzverfahren beantragt. Das Unternehmen sei bei der Kreditrückzahlung in Verzug geraten, so dass die Banken die Konten eingefroren haben. Subunternehmer und Mitarbeiter warten auf ihr Geld, hieß es dazu aus Norwegen. Von der Insolvenz sind mehr als 450 Mitarbeiter betroffen. Werft-CEO Kjetill Bollestad war bereits im Juni zurückgetreten.
„Wir haben hart gearbeitet, um Lösungen zu finden, und zusammen mit unseren Mitarbeitern haben wir unser Bestes gegeben, sind aber gescheitert. Wir wollen nicht mehr zu den Ursachen sagen“, erklärte Tomislav Debeljak, CEO der DIV-Group und Chef der zu dem kroatischen Konzern gehörenden Brodosplit-Werft. Ziel sei es gewesen, Kleven in Kooperation mit der Brodosplit-Werft auszubauen. Die 1939 von dem Unternehmer Marius Kleven gegründete Werft steckte bereits seit mehreren Jahren in finanziellen Schwierigkeiten. Im Jahr 2018 war die Werft von einer Tochtergesellschaft der norwegischen Hurtigruten-Reederei zu 100 Prozent übernommen worden, um die verspätete Fertigstellung der beiden dort in Bau befindlichen Expeditionskreuzfahrtschiffe Roald Amundsen und Fridtjof Nansen sicherzustellen, von denen das letzte Schiff Ende 2019 abgeliefert werden konnte.
Nach der im Januar dieses Jahres erfolgten Übernahme der Werft durch die kroatische DIV Group hoffte man, durch Synergien Kostenvorteile erzielen und von Know-how der Norweger im Spezialschiffbau- und Offshorebereich profitieren zu können. Wie berichtet hatte die DIV Group dazu im Mai eine Vereinbarung mit Ocean Residences Development Ltd. über den Bau des 290-Meter-langen-Appartement-Schiffes Njord hereinnehmen können, dessen Kasko von der konzerneigenen Brodosplit-Werft in Kroatien erstellt und von der Kleven Verft in Norwegen ausgerüstet werden sollte. Die Fertigstellung des innovativen Neubaus war für 2024 vorgesehen. JPM
Update vom 08. Juli 2020
Nach Ansicht von Insidern waren nicht nur objektive Gründe wie die Corona-bedingten Auftragsstornierungen, die eine drastische Änderung des ursprünglichen Geschäftsplans für die zu übernehmende Kleven Verft AS zur Folge hatten, für deren Insolvenz verantwortlich. Vielmehr sei schon unmittelbar nach der im Januar erfolgten formalen Übernahme der Kleven Verft deutlich geworden, dass das Ziel der kroatischen DIV-Gruppe, die norwegische Werft zu einem starken und stabilen Schiffbau-Unternehmen zu machen, nicht auf allseitige Zustimmung stößt. Wie die DIV-Gruppe dazu feststellt, war die Beantragung des Insolvenzverfahrens eine Konsequenz der Entscheidung der lokalen Sparkasse, die die Kreditverträge Anfang letzter Woche erst aufkündigte, nachdem das neue Management am 22. Juni ernannt worden war, d. h. nach der Trennung von der bisherigen Geschäftsführung und dem Antritt von DIV- Group- und Brodosplit-Chef Tomislav Debeljak als neuer Kleven-CEO. Gegen den früheren Kleven-Direktor laufe ein Untersuchungsverfahren.
Hintergrund der Angelegenheit soll die Finanzierung eines Projekts sein, welches die Kleven Verft vor einigen Monaten von einer anderen norwegischen Werft übernehmen sollte, die sich damals ihrerseits mit ernsten finanziellen Problemen konfrontiert sah. Durch das jetzige Einfrieren ihrer Konten seien die Kleven Verft und ihre Tochtergesellschaften daran gehindert worden, ihre Geschäftstätigkeit fortzusetzen. Trotz der erheblichen Anstrengungen in der letzten Woche, mit den Beteiligten eine Rückkehr in Startpositionen auszuhandeln, habe man keine Einigung erzielen können, so dass es für das neue Kleven-Management keine andere Option gegeben habe, als die Insolvenz nach norwegischen Recht zu beantragen. Nach Angaben der DIV-Gruppe stehen für sie derzeit weniger juristische Details im Fokus als der volle Einsatz für den Schutz und die Hilfe für die Kleven-Mitarbeiter. Natürlich werde man auch das eigene Recht und Investment schützen und habe dazu bereits eine unabhängige Untersuchung initiiert, die alle Fakten klären soll, die zu der jetzigen Situation geführt haben. Auf Basis dieser Ergebnisse wolle man in Zusammenarbeit mit dem Königreich Norwegen und der Republik Kroatien über die weiteren Aktivitäten entscheiden. „Die Projekte, deren Realisierung die DIV-Gruppe mit Kleven geplant hatte, werden mit einer anderen Werft in Nordeuropa realisiert“, so ihr Statement. JPM