Links überspringen

BSH-Engagement für mehr Sicherheit der Schifffahrt: Dynamische Seekarte und KI bei der Erkennung von Steinen am Meeresgrund

Helge Hegewaldt, BSH-Präsident

Weit über Deutschlands Grenzen hinaus Beachtung erfährt die digitale dynamische Seekarte, mit deren weltweiten Rollout das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) 2026 schrittweise beginnen will. Aus dem neuen Seekartenstandard S-100, in den vielfältige Daten und Informationen aus der Hydrographie und Meteorologie einfließen, ergeben sich u.a. durch schiffsspezifische Informationsbereitstellung zahlreiche Vorteile für die Schifffahrt und den Umweltschutz.

„Der Raum zum Navigieren für Schiffe wird deutlich erweitert. Außerdem können durch das Einspielen von Strömungs- und Wasserstandsdaten in Nahe-Echtzeit Routen optimiert werden. Die dadurch möglichen Treibstoffeinsparungen der Schiffe entlasten die Umwelt. Zudem profitieren die Reedereien, die ihre Routen effektiver und damit wirtschaftlicher planen können“, sagte BSH-Präsident Helge Heegewaldt bei der Vorlage des Jahresberichts 2024 dieser Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) am 31.03.2025 in Hamburg. Ab 2029 müssten neue ECDIS-Anlagen auf Schiffen die dynamische Seekarte lesen können.

Für die effiziente Bearbeitung von Daten – täglich werden im maritimen Datenzentrum des BSH ca. 440 Echtzeitdaten von über 500 Messstationen auch in den Nordsee-Anrainerstaaten bearbeitet-setzt das BSH an vielen Stellen Künstliche Intelligenz (KI) ein. So hat das BSH in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) und der Firma Subsea Europe Services eine KI-gestützte Software zur automatischen Auswertung hydroakustischer Daten von Landschaften unter der Meeresoberfläche entwickelt. Expertenteams von IOW und BSH markierten über Jahre hinweg hunderttausende Steine von Hand. Diese Trainingsdaten ermöglichen es nun der KI, Felsbrocken mit hoher Genauigkeit zu identifizieren. Die Software analysiert hydroakustische Daten bis zu zehnmal schneller als herkömmliche Methoden und liefert objektive Ergebnisse.

Größere Steine auf dem Meeresboden ein Risiko für die Schifffahrt

Wie bedeutsam die Erkennung von Felsen unter Wasser ist wurde nicht erst am 13. Januar 2012 deutlich, als das Kreuzfahrtschiff Costa Concordia auf ungewöhnlichem Kurs bei der Passage der italienischen Mittelmeerinsel Giglio einen Felsen rammte und sank. Dabei verloren 32 Menschen ihr Leben und das Schiff wurde zum Totalverlust.

„Der Nutzen ist immens, denn größere Steine stellen ein Risiko für die Sicherheit der Schifffahrt dar. Internationale Standards verlangen eine sichere Erkennung von Hindernissen entlang aller Hauptschifffahrtsrouten. Auch für Offshore-Windparks ist eine präzise Kartierung essenziell“, so Heegewaldt. Das BSH setze die diese Software auch zur Herstellung der neuen hochauflösenden dynamischen Seekarte im Rahmen des neuen S-100-Standards ein.

Die fünf Vermessungs-, Wracksuch- und Forschungsschiffe des als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) u.a für die Ozeanforschung und -beobachtung, Meeresumweltbeobachtung, Klimaschutz, nachhaltige Meeresnutzung, Meeresvermessung, Offshore und maritime Ressortforschung zuständige und sich vor dem Hintergrund hybrider Bedrohungen mit Themen wie der Cybersicherheit und dem Schutz kritischer Infrastrukturen auch im IT-Bereich beschäftigenden BSH haben 20024 auf sechs Monitoringfahrten 13433 Seemeilen auf der Nord-und Ostsee absolviert. Jährlich wurden an 400 Messpunkten u.a. mehr als 100 Schadstoffe überwacht.

Vor dem Hintergrund der Kürzungspläne in einzelnen Ländern setzt sich das BSH für ein stärkeres Engagement von Europa und Deutschland in der Ozeanbeobachtung und Klimaforschung ein: Mittelstreichungen oder Personalentlassungen in wissenschaftlichen Einrichtungen, wie aktuell in den USA, müssen aufmerksam beobachtet werden und bereiten Heegewaldt Sorge. Ozeanographische Daten würden weltweit benötigt, auch vom BSH – denn die Ozeane hätten eine enorme Bedeutung für das Verständnis und die Vorhersagbarkeit des globalen Klimasystems. „Ozeanbeobachtungen sind eine globale Aufgabe. Kürzungspläne gefährden die Ozean- und Klimaforschung, aber auch maritime Dienstleistungen wie Vorhersagedienste. Europa und Deutschland sollten Anstrengungen unternehmen, Verluste von internationalen Forschungs- und Datenprogrammen aufzufangen“, so der dabei auch auf die neue Bundesregierung setzende BSH-Präsident unter Hinweis darauf, dass die USA derzeit mehr als die Hälfte des internationalen Argo-Programms zur Ozeanbeobachtung finanzieren.Allein um die maritimen Dienstleistungen in Deutschland aufrecht zu erhalten und kontinuierlich zu verbessern sei für eine Behörde wie das BSH mit 1098 Beschäftigten, zwei Dienstsitzen in Hamburg und Rostock wegen der Fülle des Aufgabenspektrums eine Erhöhung des Jahresbudgets von 133 Mio. Euro um ca. 21 Mio. Euro nötig.  JPM

Fotos: Jens Meyer