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Der reisende Globus

Der Gottorfer Globus ist eine wertvolle Rarität. Die Geschichte seiner Herstellung geht auf ein spektakuläres Kunstwerk zurück. Hans-Joachim Birkholz forschte in der Geschichte; Mitarbeit Roland Mischke.

Es war ein großer Traum. Vom Reichtum, der Welteroberung, vom ökonomischen und kulturellen Gewinn. Das grandiose, letztlich größenwahnsinnige Projekt scheiterte, hatte aber Folgen. Es wurde zur Grundlage für den Gottorfer Globus, der seinerzeit als Weltwunder galt.
1633 wird Adam Olearius (1603-1671) als Sekretär an den Hof von Herzog Friedrich III. von Schleswig-Holstein-Gottorf gerufen. Der Universalgelehrte und polyglotte Diplomat, Sohn eines Schneiders aus dem anhaltischen Aschersleben, erhielt den Auftrag, eine Gesandtschaft zu formieren. Deren Ziel war, neue Handelswege über Russland nach Persien zu eröffnen, um die sagenhaften Reichtümer nach Mitteleuropa zu bringen. Begehrt waren vor allem Edelsteine und Rohseide, aber auch andere exotische Kostbarkeiten des Orients.
Für Olearius war es schwierig. Allein die Transitrechte durch Russland zur Freigabe für den Transport der noblen Produkte waren schwer zu erhalten, Olearius musste am Hof des russischen Zaren zwei Jahre lang verhandeln. Die von ihm versammelte Gruppe für die Expedition bestand aus 90 Teilnehmern aus Deutschland, den nordischen Ländern, den Niederlanden, Schottland, England und Italien. Vorsorglich waren in Kiel am Markt bereits Lagerhäuser für die Schätze erbaut worden, „Persianische Häuser“ genannt. Aber das langwierige Projekt wurde zum wirtschaftlichen Fiasko.
Sechs Jahre lang war Adam Olearius auf dieser Expedition unterwegs, 1639 kehrte die Gruppe mit vier Schiffen zurück und landete am Fehmarner Strand vor Neustadt. Stürme verhinderten das Einlaufen in den Kieler Hafen, weshalb man weiterfuhr zum Hafen Travemünde. Friedrich III. ernannte Olearius zum Hofmathematicus am Gottorfer Hof.

Fotos: enapress.com

Goethe war begeistert

Olearius war ein umtriebiger Sammler, von seiner Reise brachte er umfangreiches Material und Aufzeichnungen mit. 1647 veröffentlichte er die erste kundige Beschreibung von Russland und Persien, die Geographie und Geschichte der Länder wurde ins Holländische, Englische und Französische übersetzt. Goethe hat zwei Jahrhunderte später das berühmte Werk als Quelle für seinen „West-Östlichen Diwan“ genutzt, er bescheinigte Olearius „Kraft und Würde“ und befand, man habe „diesem Mann, für das Gute, das wir ihm schuldig sind, gründlichen Dank abzustatten“.
Zum Hauptwerk von Olearius wurde der begehbare Gottorfer Riesenglobus. Als Experte für Erd- und Himmelskunde baute er ein Fernrohr, um Sonne und Mond beobachten zu können. Er konstruierte ein Mikroskop und erfand ein technisches Verfahren, Linsen zu schleifen. Unterstützt wurde er von seinem Herzog, der einen Globus haben wollte, wie ihn die Welt noch nie gesehen hatte. Nach dem Tod Friedrich III. 1664 wollte auch dessen Sohn, Christian Albrecht, das Werk vollendet haben. „Zur Ehre Gottes des Baumeisters Himmels und der Erde“, heißt es in einer Chronik, habe „dieses wunderbare Bauwerk als Abbild der Wirklichkeit des Weltalls der durchlauchtigste und hocherhabene Fürst und Herr, Herr Friedrich, Erbe des Königreiches Norwegen, Herzog von Schleswig, Holstein, Stormarn und Dithmarschen, Graf zu Oldenburg und Delmenhorst, aufgrund seiner einzigartigen Zuneigung zur Beschäftigung mit der Mathematik, in der er höchst erfahren war, zu vermehren beliebt, damit seinem unvergänglichen Ruhm ein ewiges Denkmal gesetzt.“
Ein Riesenglobus dieser Dimension war bis dahin unbekannt. Seine Herstellung verlangte geographische und astronomische Kenntnisse, aber auch Können und Erfindergeist. Olearius befand Kupfer als geeignetes Material, beteiligt an der Arbeit waren Kupferschmiede und -stecher, Uhrmacher und Mühlenbauer. Im Kern handelte es sich um eine schmiedeeiserne Konstruktion auf einem Gerippe aus 24 Meridianringen, außen mit Kupfer versehen. Die Umsetzung des „Sphaera Copernicana“, wie der Globus auch genannt wurde, realisierte der Handwerksmeister Andreas Bösch. Olearius griff als Kartograph selbst zu Pinsel und Feder. Er starb 1871 in Gottorf…..

Informationen zum Gottorfer Globus in Schleswig

Die Replik des Gottorfer Globus in Schleswig.
Foto: Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen

Gottorfer Globus & Barockgarten
Landesmuseen SH, Schlossinsel 1, Schleswig

Öffnungszeiten:
Mo. geschlossen
Di bis Fr 10:00 – 17:00 Uhr
Sa/So 10:00 – 18:00 Uhr
Eintritt: 7 Euro Erwachsene, 3 Euro Kinder/Jugendliche, 15 Euro Familien.
Infos: gottorfer-globus.de

Globus und Barockgarten von Schloss Gottorf galten im 17. Jahrhundert als Weltsensation.
Ab 1637 wurde in der Residenz ein Terrassengarten­ nach italienischem Vorbild angelegt, auf dem ein Lusthaus in Formen der Spätrenaissance entstand. Darin befand sich der riesige Erdglobus mit dem frühesten Planetarium in seinem Innern. In den Jahren danach wurden der Barockgarten vergrößert. Im Großen Nordischen Krieg (1700-1721) der Schleswig-Holsteiner gegen die Dänen siegten diese, unterstützt von Russland unter Zar Peter I. Der dänische Herrscher vermachte daraufhin den Globus an den Zaren. 2001 bis 2007 wurde der Gottorfer Globus auf dem Schlossgelände nachgebaut in einer modernen Architektur.