Die Regent Spirit hatte ein bewegtes und kompliziertes Leben. Sie litt unter menschlichem Versagen, Pannen und zu wenig Nutzung. Ein Schiffs-Drama.
Wäre ein Schiff wie ein Mensch, würde man einer Person namens Regent Spirit nachsagen, sie hatte es schwer im Leben, sie musste allerhand durchmachen. Als es 1962 unter dem Namen Salamis Glory startete, wurde es in der Schiffsbranche gelobt als Kreuzfahrtschiff von „außergewöhnlich hohem Standard“, „voll klimatisiert“ und mit angenehmen „privaten Einrichtungen“. Aber in den Jahren, in denen dieser Dampfer auf den Meeren unterwegs war, wurde das Niveau geradezu verlässlich immer mehr abgesenkt.
Das lag an denen, die es zu verwalten und zu schützen hatten, aber dem nicht gewachsen waren. Salamis heißt im Griechischen Herrlichkeit, das traf für dieses Schiff nur für kurze Perioden zu. Es wurde mehrere Jahre lang aufgelegt in verschiedenen Häfen, dort schlecht behandelt, bei Umrüstungen wurde geschlampt, das Schiff wurde vergessen und zu wenig gepflegt. Zudem fiel es an eine bankrotte Reederei, die Regency Cruises. Wäre ein Schiff ein Mensch, würde man sagen, hier handelt es sich um einen Fall von grober Vernachlässigung.
Die CS Salamis Glory war ein auf Zypern registriertes Kreuzfahrtschiff, sein Heimathafen war Limassol. Der ursprüngliche Plan der Eigner sah vor, das Schiff im östlichen Mittelmeer kreuzen zu lassen. Es war auf Passagiere ausgerichtet, die antike Regionen und Länder ansteuern sollten, Griechenland, Syrien, Libanon, Israel und Ägypten. Das hätte optimal laufen können, denn für diese Routen gibt es viele Interessenten, die es als Urlauber zu den verbliebenen Schönheiten von vor tausenden Jahren zieht. Dazu zählten neben Briten und Österreichern auch Deutsche. Aber die Organisatoren für diese Reisen arbeiteten nicht professionell. Es waren Betreiber, die den Seereisemarkt nicht kannten und schnelles Geld wollten. Dazu kamen Kollisionen und Unfälle.
Die Salamis Glory war 1961 als Baunummer 237 von der in Pula ansässigen Werft Brodogradiliste Uljanik erstellt worden. Auftraggeber war die brasilianische Companhia de Navegacao Costeira, der damalige Schiffsname war Anna Nery. Am 5. November 1961 lief sie vom Stapel und wurde am 27. August 1962 in Dienst gestellt. Registriert wurde das im Oktober nach Santos gebrachte Schiff in Rio de Janeiro.
Die Anna Nery war 150 Meter lang und 19 Meter breit. Sie hatte eine Tonnage von 10.444 Bruttoregistertonnen und eine Tragfähigkeit von 3430 tdw. Der Tiefgang betrug max 5.6 m. Sie wurde von zwei Dieselmotoren mit 5958 kW über zwei Propeller angetrieben und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 17,5 Knoten (32,4 km/h). Sie war ein Zwei-Klassen-Schiff mit Platz für insgesamt 480 Passagiere.
Nach einer umfangreichen Umrüstung im Jahr 2000 hatte das Schiff eine Länge von 150,9 Metern erhalten. Es verfügte über 222 Kabinen und acht Passagierdecks, die alle mit Venusnamen bezeichnet waren. Kapazität stand nun für rund 600 Passagiere zur Verfügung, die Brutto-Vermessung wurde mit 12433 BRZ bzw. 3999 NRZ angegeben. Die Reisegeschwindigkeit sank ein wenig auf 16 Knoten (30 km/h).
Die Salamis Glory war ausgestattet mit einem großen Hauptrestaurant, einer Mini-Bar, einem Casino, zwei Lounges, einem Duty-free-Shop und mit mehreren geräumigen Freidecks mit einem Pool und Liegemöglichkeiten.
Nach rund einem Dienstjahr, im Oktober 1963, kam es zu einem Unfall. Zunächst explodierte einer der Kessel auf dem Schiff, danach folgte eine Kollision mit einem brasilianischen Tanker namens Presidente Deodoro 25 sm vor Rio de Janeiro. Das Heck der Anna Nery war vollkommen zerstört worden, das Schiff wurde für fast ein Jahr aus dem Dienst genommen. Erst im Herbst 1964 konnte es wieder genutzt werden.
Von 1965 bis 1968 setzte die Reederei das Schiff auf der Route zwischen Rio de Janeiro und Santos ein. Die Anna Nery wurde auch im Küsten- und Transatlantikverkehr in beschäftigt, in den Sommermonaten war sie als Kreuzfahrtschiff eingesetzt. 1967 übernahm Lloyd Brasileiro den Dampfer, es folgten einige ruhige Jahre.
Als das Schiffspassagiergeschäft durch den Siegeszug des Luftfahrtgeschäfts „überflogen“ worden war, stand ein neuer Verkauf 1978 an. Das Schiff ging an die Kavolines Corp SA und wurde im selben Jahr von der griechischen Mittelmeer-Kreuzfahrtgesellschaft Hellenic Cruises mit Sitz im griechischen Piräus betrieben. Nach der Wiedereintragung in das griechische Register wurde die Anna Nery bei dem folgenden Refit noch 1978 zunächst in Danaos und kurze Zeit später in Constellation umbenannt.
Innenaufnahmen des Schiffes als „Constellation“.
1983 wurde das Schiff abermals überarbeitet und verkehrte auf der Strecke von Piräus nach Durban in Südafrika. Später wurde es zum Passagiertransporter zwischen St. Petersburg in Florida, Mexiko und Alaska. Als die Kreuzfahrtgesellschaft 1987 in Konkurs ging, wurde die Constellation für ganze vier Jahre aus der Fahrt genommen. 1988 übernahm die Hellenic Industrial Development Bank SA den Dampfer. Experten wissen, dass ein aufgelegtes Schiff schnell an Wert verliert. Nach der langen Nichtnutzung besuchte ein Schiffsfachanwalt den Dampfer, in einem späteren Auktionsverfahren soll das Schiff einen Wert von neun bis zehn Millionen US-Dollar gehabt haben. Niemand griff zu, auch nicht, als für die Constellation bei einer Versteigerung ein Anfangsgebot von sieben Millionen US-Dollar als aufgerufen wurde. Die Versteigerung war von der Deutschen Bank durchgeführt worden. Vassos Hadjitheododdiou, Mehrheitseigentümer von Salamis, erklärte, dass Problem des Schiffes sei, es „auf die Standards von Westeuropäern mit mittlerem höherem Einkommen zu bringen“.
Ein neuer Versuch fand 1992 statt, ein anderer griechischer Eigner kaufte das Schiff und benannte es um in Morning Star. Nun landete es im Pazifik, dort wurde es in der Kreuzfahrt eingesetzt. Schließlich nannte man es abermals um, nun in Regent Spirit, Heimathafen war Nassau, Bahamas. Die 1984 von dem griechischen Geschäftsmann Anastasios Kyriakides gegründete US-amerikanische Firma Regency Cruises setzte die Regent Spirit im Winter an der mexikanischen Küste ein und im Sommer im Mittelmeer. Das Unternehmen geriet allerdings 1995 in die Insolvenz, französische Behörden beschlagnahmten das Schiff in Nizza. Es wurde Konkurs angemeldet.
Rückkehr nach Zypern
1996 wurde die Regent Spirit an die Salamis Cruises versteigert und erhielt wieder ihren Anfangsnamen: Salamis Glory. Es soll nur einen Bieter gegeben haben, die eigene Reederei. Das Schiff war wieder im Mittelmeer unterwegs. Am 30. August 2007 kollidierte die Salamis Glory nahe des israelischen Hafens Haifa mit einem kleinen Frachtschiff namens Shelly. Der Zusammenprall war so gewaltig, dass das Frachtschiff sofort sank und dabei zwei Besatzungsmitglieder in den Tod riss. Aber auch die Salamis Glory hatte Schäden am Bug davongetragen, konnte aber weiterfahren.
Im Dezember 2009 erklärten Verantwortliche der zypriotischen Reederei, dass die Salamis Glory am 24. November verkauft worden sei. Diesmal – wegen der für eine nötige Anpassung an die neuen Sicherheitsvorschriften wirtschaftlich nicht vertretbaren hohen Umbaukosten – zur Verschrottung im indischen Alang, das brachte der Reederei nur noch 530.000 Euro ein. Zur letzten Reise des Schiffes wurde sein Name auf Glory reduziert, am 22. Dezember 2009 kam es in Alang an, dort wurde es 2010 abgebrochen.
Roland Mischke, maritimes Lektorat: Jens Meyer