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GROSS, GRÖSSER, WELTREKORD

Die Sagafjord war ein Passagier- und Kreuzfahrtschiff. Sie war schnell, traditionsreich und modern, sie scheiterte schließlich an der Überbeanspruchung.

Es wurden keine Kosten gescheut, als die Norwegische Amerika Linie (Den norske Amerikalinje, abgekürzt: NAL) ein neues Schiff plante. Es erhielt 1963 den Namen Sagafjord und sollte das älteste Schiff der Flotte, die Stavangerfjord, ersetzen. Allerdings wollte man es nur zum Teil auf der Transatlantik-Route einsetzen, vor allem sollte es als spektakuläres Kreuzfahrtschiff über die Meere fahren. Die norwegische Flagge sollte über dem Riesenschiff wehen, die Skandinavier wollten in der Seeschifffahrt auftrumpfen.

Foto: Sammlung JSA

Der Ehrgeiz führte dazu, dass die Sagafjord in den 1970er Jahren bis hinein in die 1990er Jahre zu den besten Kreuzfahrtschiffen gehörte und vom Berlitz Cruise Guide mit 5 Sterne Plus ausgezeichnet wurde. Es fuhr unter dem Namen Sagafjord, später unter zwei anderen Namen, insgesamt über 100.000 Passagiere und brachte es zu 44 Weltreisen die meisten (33) unter dem Namen Sagafjord – das war seinerzeit Weltrekord.

Foto: Sammlung JSA

Die technische Abteilung der NAL begann im Sommer 1960 mit der Ausarbeitung des Projekts. Ursprünglich sollte es Norway genannt werden, aber das berühmte Sagafjord setzte sich schließlich durch. Der Technische Direktor der NAL, Kaare Haug, und sein Assistent Ditmar Kahrs waren federführend für das neue Schiff, sie befassten sich hauptsächlich mit dem Design nach dem erfolgreichen Vorbild der Bergensfjord und der zweiten Oslofjord. Der Rumpf wurde massiv vergrößert, die größte Breite ermöglichte gerade noch, im Osloer Trockendock von Akers Mekaniske Verksted die turnusmäßigen Überprüfungen durchzuführen. Das Projekt wurde weitgehend geheim gehalten bis zum Januar 1963, erst dann erfuhren 23 bedeutsame Werften in Frankreich, Belgien, Großbritannien und Italien, was gefordert werden würde. Die Angebote der Werftbosse gingen bis in den März des Jahres ein, die endgültige Entscheidung, wem der Vorrang gegeben wurde, gab man erst im Juli 1963 bekannt. Da war bereits entschieden worden, dass die Forges et Chantiers de la Méditerranée in La Seyne-sur-Mer in Frankreich den Viele-Millionen-Zuschlag erhalten hatte.

 

Foto: Sammlung JSA

Die französische Regierung hatte diese Werft subventioniert, so dass sie preislich alle Konkurrenten unterbieten konnte. Das machte rund ein Viertel des Auftragswertes von 100 Millionen Kronen aus. Um kein zu gewagtes Risiko einzugehen, hatten zuvor die NAL und die Osloer Reederei Leif Hoeg & Co. die Finanzen und damit das Eigentum am neuen Schiff 60:40 miteinander geteilt.

Ein Team von Schiffbauexperten schwärmte aus, um das Know-how für den Neubau weltweit zu prüfen und umzusetzen, ein anwendbares prozedurales Wissen sollte alles dirigieren. Da ging es um die Automatisierung von Funktionen, die Klimatisierung und Schalldämpfung. Das Schiff wurde mit Bugstrahlern ausgestattet, das war neu für einen Atlantikliner und sollte auch den Einsatz der Hafenschlepper reduzieren. Die Sagafjord war 188,87 Meter lang und 24,49 Meter breit. Am Heck wurde eine Überwachungskamera angebracht, ein in den 1960er Jahren überraschende Innovation. Es sollte das effizienteste Kreuzfahrtschiff der Welt werden.

Die Sagafjord wurde unter der Baunummer 1366 von der Bauwerft Forges et Chantiers de la Méditerrannée erstellt. Die Beauftragung erfolgte am 24. September 1962, die Kiellegung am 19. Juni 1963. Der Stapellauf fand am 13. Juni 1963, die Übernahme durch die Eigner am 18. September 1965 statt. Getauft worden war die Sagafjord am 18. September 1965 in Toulon, die Indienststellung erfolgte am 2. Oktober desselben Jahres. Von da an hatte sie den Heimathafen Oslo, ab 1983 war sie in Nassau zu Hause.

Das Schiff hatte einen Tiefgang von maximal 8,26 Metern, die Vermessung lag bei 24.002 BRT. Im Maschinenraum standen zwei Dieselmotoren der Firma Sulzer mit je 8825 kW, sie arbeiteten über 61m lange Wellen auf zwei Festpropeller mit einem Durchmesser von 4,9 m und einem Gewicht von 9,4 t. 6 Bergen Diesel mit 700 mW erzeugten die Bord-Energie. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei 22,5 Knoten (42 km/h).

Die Besatzung bestand aus 310 Personen, die zugelassene Passagierzahl war 789. Also Klasse statt Masse auf dem Großschiff, viel Platz für Passagiere, geräumige Kabinen.

Als 1963 die Kiellegung stattfand, waren Manager der NAL in New York nicht einverstanden mit dem Namen Sagafjord. Sie argumentierten, die große Hauptgruppe der Passagiere habe sprachliche Probleme mit dem Endungsnamen -fjord. Es wurden noch mal andere Namen durchgespielt, aber am Ende setzten sich die Norweger durch, es blieb bei Sagafjord.

Beim Stapellauf am 13. Juni 1964 wurde der Rumpf des Schiffes von einem katholischen Priester gesegnet, es ertönten die Hymnen Norwegens und Frankreichs. Zum Kapitän wurde der erfahrene Kommandant Odd Aspelund ernannt, der 36 Jahre lang auf der Transatlantikroute mit dem Dampfschiff Stavangerfjord unterwegs war.

Im Hotelbereich des Schiffes wurden Rolltreppen zwischen Küche und Speisesaal eingebaut, im Passagierbereich wurde die Säuberung durch ein zentrales Staubsaugersystem organisiert.

Im Vorschiffbereich waren extrem dicke Stahlplatten eingesetzt worden, mehr als nötig gewesen wären. Der Effekt war, dass das zusätzliche Gewicht einen Ballasttank überflüssig machte, der Schwerpunkt lag nun tiefer. Dazu kamen 520 Tonnen Aluminium, die für die Rumpfstabilität eingesetzt wurden. Den Rumpf teilte man in elf wasserdichte Kammern auf. Die Zwei-Kammer-Schiff-Methode hätte das Schiff auch noch schwimmfähig gemacht, wenn bei einem Unglück zwei Kammern geflutet worden wären.

1983 bis 1996 wurde die Sagafjord von der Cunard Line betrieben, in dieser Etappe wurde erstmals eine Weltreise angeboten. In den Sommermonaten schickte Cunard den Kreuzer nach Alaska und setzte ihn auf der Route Vancouver – Anchorage – Vancouver ein.

1980 erhielt die Sagafjord bei der Hamburger Werft Blohm + Voss ein neues Brückendeck und weitere Kabinen. 1983 wurde das Schiff im Auftrag von Cunard mit den traditionsreichen roten Farbelementen an den Schornsteinen versehen, darüber die Flagge der Bahamas. Das Schiff gehörte zu den wenigen, die 1993 eine Anlageerlaubnis für die Galapagos-Inseln erhielten.

Foto: Jürgen Saupe

1996 war ein Krisenjahr. Das Schiff, in Gripsholm umbenannt, wurde am 26. Februar westlich von Manila von einem Feuer im Maschinenraum betroffen, es war danach manövrierunfähig und musste nach Subic Bay geschleppt werden. Am 15. April des Jahres konnten 26 Besatzungsmitglieder des sinkenden türkischen Frachters Harran auf die Gripsholm gerettet werden. Für ein Jahr lang – Juli 1996 bis Mai 1997 – charterte der deutsche Veranstalter Transocean Tours das Schiff.

Unterwegs von Kopenhagen nach Kiel lief das Schiff am 4. August 1996 auf eine Sandbank. Alle 601 Passagiere wurden am Tag darauf mit Booten nach Landskrona gebracht, der Treibstoff abgepumpt. Die Gripsholm kam an die Lloyd Werft in Bremerhaven zur Reparatur, am 18. August ging sie wieder auf Tour.

Foto: Jürgen Saupe

1997 wurde das Schiff an Saga Shipping Co. Ltd. in Nassau, Bahamas, verkauft, man gab ihm den Namen Saga Rose und ließ es Kreuzfahrten absolvieren. Am 29. Juli 1999 kam es zu einer Kollision mit dem norwegischen Trawler Havbas. Er sank, es konnten aber alle zehn Besatzungsmitglieder nach Olden, Norwegen, gebracht werden.

Die letzte Sanierung erlebte die alte Lady 2006. Im November 2009 wurde die Saga Rose außer Dienst gestellt, sie sollte zum Hotelschiff in Southampton umgebaut werden, das geschah nicht. Am 7. Dezember begann die letzte Fahrt der Saga Rose, sie ging nach Jiangyin am Yangtse-Fluss in China an eine der größten Abwrackwerften. Dort ließ man sie noch bis Ende 2011 liegen, dann wurde sie verschrottet.

Roland Mischke, maritimes Lektorat: Jens Meyer