Griechenland mit allen Sinnen: Wer mit der Celestyal Crystal ein halbes Dutzend Inseln erkundet, taucht jeden Tag in eine andere Welt. Corona-Tests und elektronische Kontaktspeicherung sollen für Seelenfrieden sorgen. Stefanie Bisping berichtet.
Das Meer leuchtet blau, in der Open-Air-Bar auf Deck 5 blubbert der Jacuzzi, die Abendsonne taucht das Schiff in warmes Licht. Kapitän Nikaolaos Vasileiou manövriert die Celestyal Crystal aus dem Hafenbecken und nimmt Kurs aufs offene Meer. In den Korbstühlen der Bar stoßen gut gelaunte Gäste auf die Reise durch die Ägäis an. Langsam werden der Hafen von Piräus, die blaue Kuppel der orthodoxen Kirche und die Hochhäuser der Stadt kleiner. Die Aussichten könnten besser nicht sein: sechs Inseln in sieben Tagen, dazu ein jähes, eigenartiges Glücksgefühl, das sich aus Aufbruch, Szenerie und dem während der Pandemie fremd gewordenen Anblick entspannter Menschen zusammensetzt.

Für den Moment ist das Gefühl der Sorglosigkeit begründet. Jeder Gast, ob geimpft oder nicht, musste beim Einchecken einen negativen PCR-Test vorweisen. Bevor es an Bord ging, wurde ein weiterer Antigen-Test durchgeführt. Zudem wurde jedem Passagier ein Datensammler an einer Kette umgehängt, der ähnlich wie die Corona-App die Kontakte der Gäste speichert. „Würde im Lauf der Reise doch eine Infektion festgestellt, könnten wir anhand der Daten die Kontaktpersonen identifizieren“, erklärt Sprecherin Irene Proestaki. Beim Neustart soll nichts schiefgehen. Celestyal Cruises stellte die Operationen gleich im März 2020 ein und fuhr in der vergangenen Saison gar nicht. Erst im Juni nahmen die Schiffe der zypriotischen Reederei nach sechzehn Monaten Pause ihre Fahrten wieder auf, zunächst mit 450 Gästen. Jetzt sind 600 Passagiere an Bord der kompakten, knapp 160 Meter langen und 25 Meter breiten Crystal. Das entspricht der Hälfte der Kapazität.

Jeder Gast ist gehalten, täglich an einer der Stationen zum Fiebermessen seine Körpertemperatur zu erfassen. Ausweisen muss man sich an den Automaten mittels Scancode auf der Bordkarte und Gesichtserkennung. In den öffentlichen Bereichen herrscht Maskenpflicht. Das Accessoire darf erst am Platz in Bars und Restaurants abgenommen werden. Allerdings haben viele Passagiere ein entspanntes Verhältnis zum Maskengebot, und weil sie zahlende Gäste sind, hat die Crew nicht das Herz, sie an ihre Pflicht zu erinnern. Die Besatzung selbst sei bereits zu 95 Prozent vollständig geimpft, so Irene Proestaki.



Jessica Cardoso da Rocha, die im Ausflugsbüro arbeitet, gehört nicht dazu. Sie hat den gesamten Lockdown in ihrer Heimat im Nordosten Brasiliens verbracht, wo ihre Großmutter und ihre Tante an Covid-19 starben. Sie ließ sich nicht in Brasilien impfen, weil die dort verwendeten Impfstoffe in der EU nicht anerkannt werden. Seit zwei Wochen ist sie wieder an Bord, wird alle zwei Tage getestet und erwartet ihren Impftermin. Ihre Maske sitzt niemals auch nur einen halben Zentimeter unter der Nase.

Friedlich schlingert die Celestyal Crystal durch spürbare Wellen ihrem ersten Ziel entgegen: Patmos. Das karge, religiös bedeutsame Inselchen liegt in heller Morgensonne. Weil noch immer heftiger Wind weht, ankert das Schiff vor der Insel, die Passagiere werden mit Tenderbooten an Land gebracht. Zu Fuß, per Taxi oder im Ausflugsbus erreichen sie die Grotte mit Kapelle, die als Schöpfungsort der Johannes-Offenbarung gilt. Als hochbetagter Apostel soll Johannes die Worte des ihm hier erschienen Jesus einem Schüler diktiert haben. Zwar ist die Beweislage dürftig, aber die Lage an einem Hang über dem tiefblauen Meer lässt zusammen mit der Hitze Christus-Erscheinungen als möglich erscheinen. Weil mit dem 1088 gegründeten Ordenshaus Agios Ioannis zudem eines der wichtigsten griechisch-orthodoxen Klöster hier ansässig ist, gilt Patmos als Heilige Insel, was für den schweißtreibenden Aufstieg fast so entschädigt wie die Aussicht auf weiße Häuser und tiefblaues Meer…
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Fotos: Celestyal Cruises, Stefanie Bisping, enapress.com