Von Normalität ist der Seeverkehr noch weit entfernt. Ein Jahr nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie ist die Situation an Bord großer Schiffe immer noch von Unsicherheit und der Gefahr der Infizierung geprägt. Sogar ein britisches Atom-U-Boot wurde jetzt mit einem Ausbruch an Bord stillgelegt. 30 der 130 Crewmitglieder waren positiv auf das Virus getestet worden.
Der Fall zeigt, wie schnell der Betrieb eines Schiffes durch das Virus lahmgelegt werden kann. In der zivilen Schifffahrt ist die Lage unverändert sehr angespannt. Landgang ist fast immer verboten und Crewwechsel sind nur schwer planbar. Gerade erst konnte die Reederei MSC die Crew ihres Massengutfrachters Anastasia nach sieben Monaten in China austauschen.
Trotz all der Regelungen gelinge es immer noch nicht, die Seeleute planbar in ihre Heimat zu bekommen. So sitzen auch in deutschen Häfen noch Seeleute von Inseln aus Asien fest, die aufgrund der Schwierigkeiten mit den Visa-Bestimmungen nicht nach Hause kommen.
Landgang ist den Seeleuten auch in sicherer Umgebung außerdem meist verboten, wie Seemannsdiakonin Anke Wibel vom Hamburger Duckdalben bei einem Vortrag beim Nautischen Verein zu Kiel erklärt.
Weltweit gibt es nach der Schifffahrtsvereinigung International Chamber of Shipping auf den 50000 Seeschiffen 1,64 Millionen Seeleute. 774000 davon sind Offiziere. Die führenden Nationen sind China, die Philippinen, Indonesien, Russland und die Ukraine. Alles Länder, für die es zum Teil strenge Einreiseauflagen gibt.
Für die Kreuzfahrtreedereien ist das Problem auch gewaltig. Die etwa 300 großen Kreuzfahrtschiffe benötigen nach Analysten-Schätzungen etwa 250000 Crewmitglieder. Während auf einem Frachter oder Containerfrachter zwischen 20 und 30 Crewmitglieder aus drei bis vier Nationen eingesetzt werden, arbeiten auf einem Kreuzfahrtschiff wie der AIDAperla etwa 900 Crewmitglieder aus 30 Nationen.
Gewerkschaften, Reederverbände und auch Kirchen fordern deshalb seit langem eine vereinfachte Reisemöglichkeit für Seeleute. Die Seemannsmission sieht deshalb auch große psychische Probleme. „Wir haben aus den Schiffen Gefängnisse gemacht. Es fährt immer die Angst mit, dass man nicht mehr runter kommt oder das man nicht wieder zurückkommt. Das belastet die Seeleute sehr schwer“, so Diakonin Wibel.
Eine Lösung sei bislang noch nicht in Sicht, so die Diakonin. „Und viele Seeleute haben zudem auch die Sorge, dass sie nach dem Urlaub nicht wieder zurück aufs Schiff kommen. Viele unserer Seeleute stammen von den Philippinen, da sind ganze Dorfgemeinschaften davon abhängig, dass die Seeleute ihre Heuer nach Hause schicken“, so Wibel. FB