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Zwei Jahre lang wird kroatische Brodosplit-Werft ältestes Passagierschiff der Welt in Tansania überholen

Als „Graf Götzen“ vor 111 Jahren auf der Meyer Werft erbaut

Die 1913 auf der Meyer Werft erbaute Liemba die auf dem Tanganjikasee verkehrt, gilt heute als das älteste Passagierschiff der Welt. Im Laufe seiner über hundertjährigen Geschichte hat das Schiff unter britischer und tansanischer Flagge mehrere Umbauten schon durchlaufen. Zuletzt war der Zustand des Schiffes aber so schlecht, dass sogar eine Verschrottung drohte. Nun hat die Regierung von Tansania unter anderem die kroatische Brodosplit Werft und die Dar es Salaam Merchant Group (DMG) für umfangreiche Reparaturen im Gesamtwert von 33 Mio. USD beauftragt.

Die Liemba wurde ursprünglich im Jahr 1913 für die deutsche Kaiserliche Marine als Graf Goetzen erbaut und hat über ein Jahrhundert turbulente Geschichte hinter sich, darunter den Einsatz im Ersten Weltkrieg und spätere Umbauten. Dabei hat die Liemba eine zentrale Rolle für die Verbindung der Gemeinden entlang des Tanganjikasees gespielt. Das nun gestartete zweijährige Renovierungsprojekt ist bis Juli 2026 geplant. Dabei ist es den örtlichen Behörden sehr wichtig, dass die Reparaturarbeiten im Zeitrahmen abgeschlossen werden, denn die Anwohner des Tanganjikasees sind noch heute auf die Transportdienste des Schiffes zwingend angewiesen. Rayton Kwembe von der Dar es Salaam Merchant Group (DMG) versprach, zügig zu arbeiten, um die Vertragsfrist von 24 Monaten einzuhalten. „Wir versprechen qualitativ hochwertige Reparaturen, die wir in Zusammenarbeit mit dem Hauptauftragnehmer, der Brodosplit Werft aus Kroatien durchführen“, sagte er gegenüber den örtlichen Medien.

Bis vor ein paar Jahren drehte das Schiff noch regelmäßig seine Runden auf dem Tanganjikasee. Doch die letzten Jahre war das reparaturanfällige Schiff in Kigoma aufgelegt, mit einer ungewissen Zukunft. Der Schiffseigner – die Marine Services Company Ltd (MSCL) – hatte im Jahr 2020 schon eine Ausschreibung für eine Überholung des letzten Kolonialdampfers aus der Zeit von Kaiser Wilhelm II. bekanntgegeben. Doch die Zeit verstrich, doch nun haben die Arbeiten endlich begonnen.

Das im Jahr 1913 auf der Meyer Werft in Papenburg mit der Baunummer erbaute 67 Meter lange Schiff wurde anschließend in 5.000 Holzkisten von Papenburg nach Afrika transportiert. Die Graf Götzen sollte für Truppentransporte und Versorgungsfahrten in der Kolonie Deutsch-Ostafrika benutzt werden. Mit einer Bahn wurden die Einzelteile des Schiffes, das zur Unterstützung der deutschen Truppen genutzt werden sollte, von Daressalam zum Tanganjikasee gebracht. Dort wurde sie dann wieder zusammengebaut. Ursprünglich waren sogar noch zwei weitere Schwesterschiffe geplant.

Belgische Wasserflugzeuge warfen während des Ersten Weltkrieges im Jahr 1916 Bomben auf das Schiff ab, worauf der zuständige General Paul von Lettow-Vorbeck sie versenken ließ – allerdings dick mit Fett gegen Rost eingeschmiert, um sie später wieder heben zu können. Noch während des Krieges wurden von den Belgiern vergebliche Versuche unternommen, das Schiff zu heben. Das gelang erst 1927 den Briten, die es instand setzten und unter dem neuen Namen Liemba wieder in Dienst stellten. Das Schiff fuhr dann als Fracht- und Fahrgastschiff bis zur Unabhängigkeit Tansanias im Jahre 1964 unter britischer Flagge. Aber auch unter der Flagge von Tansania beförderte die Liemba weiterhin zwischen Kigoma in Tansania und den anderen Anrainerstaaten des zweitgrößten afrikanischen Sees: der Demokratischen Republik Kongo, Burundi und Sambia. Selbst im Auftrag der UN war das ehemalige Kriegsschiff unterwegs und rettete Zehntausende Burundier.

Im Laufe der Jahre verrottete die Liemba dann aber mehr und mehr und zum Ende der 1980er Jahre rostete sie fahrunfähig in Kigoma vor sich hin. Letztmalig wurde sie 1993 dann doch noch mal auf Vordermann gebracht. Mit dänischen Entwicklungshilfe-Geldern wurde durch die OSK ShipTech A/S das Schiff vor Ort generalüberholt. So wurde die alte Dampfmaschine durch zwei neue MAN-Dieselmotoren und baute Technik und Komfort ein. So verkehrte das Schiff bis vor ein paar Jahren auf dem Tanganjikasee.

Heute verfügt die Liemba über zehn Passagierkabinen erster Klasse (Zweibett) und zwei sogenannte VIP-Kabinen. Zudem stehen 18 Kabinen der zweiten Klasse (sechs Zwei- und zwölf Vierbett) zur Verfügung. Jedoch fahren die meisten Passagiere in der dritten Klasse und schlafen unter oder auf dem Deck. Die Passagierkapazität beträgt inzwischen 600 Personen. Zudem verfügt das Schiff über einen Speisesaal mit Bar sowie einen Kiosk. Im Rumpf des Schiffes befindet sich ein Laderaum für 200 Tonnen Fracht, der unter anderem für den Transport von Trockenfisch genutzt wird.

Vor ein paar Jahren befürworte sogar Niedersachsen zunächst eine finanzielle deutsche Beteiligung an einer Generalüberholung des Schiffes. Als die tansanische Regierung jedoch nur eine Teilsanierung plante, die internationalen Sicherheitsstandards kaum genügte, zog sich die deutsche Seite zurück. Auch plante zwischenzeitlich sogar ein Förderverein, den Dampfer wieder zurück nach Deutschland zu holen. ChrEck

Bild: Graf Goetzen, Foto: Meyer Werft