Die Entwicklung im Reiseverkehr schien sich im Sommer zu normalisieren. Doch spätestens seit dieser Woche ist klar, es wird ein sehr ungemütlicher Winter. Die Fährreedereien stellen die Weichen für den Winter. Zusätzlich belastet noch der Brexit in Westeuropa den Fährmarkt.
Die Color Line wollte eigentlich im Oktober das 30 jährige Jubiläum der Gründung feiern. Doch statt Freude und Feste bereitet Reedereivorstand Trond Kleivdal das Unternehmen auf einen stürmischen Winter vor.
Bereits im ersten Halbjahr 2020 hat die Reederei durch eine fast dreimonatige Unterbrechung auf der Linie Kiel-Oslo einen Verlust von rund 500 Millionen norwegischer Kronen eingefahren.
Nachdem im Juni die Grenzen in Norwegen wieder geöffnet wurden, gab es zarte Entwarnung. Seit September ist jetzt wieder Unruhe im Haus. Die Linie Strömstad – Sandefjord wurde komplett eingestellt und die Linie Kiel-Oslo wieder auf eine Frachtlinie mit kleinem Kreuzfahrtangebot für norwegische Urlauber weiter betrieben.
Da auch in Norwegen die Regierung vor der Ausweitung der Pandemie warnt, ging die Nachfrage nach Kurzkreuzfahrten mit der Color Line deutlich zurück. „Deshalb musste die Reederei reagieren und wird eine der beiden Kreuzfahrtfähren auf der Route Kiel-Oslo durch eine Frachtfähre ersetzen“, sagte der deutsche Geschäftsführer Dirk Hundertmark.
Ab dem 4. November wird die Color Fantasy im Oslofjord geparkt. Grund sind die Reiseeinschränkungen und die damit einhergehenden Einbrüche bei den Buchungszahlen.
Eine Reaktivierung soll es laut Color Line erst geben, wenn sich das Infektionsgeschehen bessert und die Reisebeschränkungen der norwegischen Regierung gelockert werden. Die Schiffe verfügen über knapp 1000 Passagierkabinen für 2990 Passagiere. Auf den Fahrzeugdecks ist Platz für 1270 Lademeter, was etwa 120 Ladungseinheiten entspricht. Das jüngere Schwesterschiff Color Magic wird weiter im Liniendienst bleiben und nur norwegische Kreuzfahrtpassagiere und Lastwagen befördern.
Die norwegischen Passagiere dürfen in Kiel aber nicht an Land. „Die Kapazitätsreduzierung ist leider erneut erforderlich. Es ist auch von entscheidender Bedeutung, dass die norwegische Regierung und das Parlament im Herbst und auch für das nächste Jahr Entschädigungsregelungen vorsehen“, sagt Trond Kleivdal, Vorstand der Color Line.
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Die Reederei hat bereits im ersten Halbjahr einen Verlust von umgerechnet 45 Millionen Euro eingefahren und mit drastischen Maßnahmen versucht, die Kosten zu reduzieren. Die 2004 gebaute Color Fantasy und die drei Jahre jüngere Color Magic fahren seit Ende August nur als Kreuzfahrtschiffe für norwegische Gäste.
Deutsche Urlauber dürfen wegen der strikten Abschottung Norwegens seit August nicht mehr an Bord. Bereits eingestellt wurde die Verbindung zwischen Sandefjord in Norwegen und Strömstad in Schweden. Die Schiffe Color Hybrid und Color Viking liegen auf. Auch der Wettbewerber Fjord Line nimmt eine Fähre außer Betrieb nehmen und kündigte einen Personalabbau an.
Gleichzeitig wird der Ruf nach staatlichen Hilfen laut. In einem weiteren Schritt hatte die Reederei im September einen Hybrid-Kredit über 44 Millionen Euro aufgenommen und den Abbau von 300 der 2400 Mitarbeiter eingeleitet. Mit der Stilllegung der Color Fantasy sollen nach Angaben der Reederei weitere 400 Mitarbeiter vorübergehend entlassen werden.
Damit der Gütertransport nicht leidet, wird in den Fahrplan der Color Fantasy die Frachtfähre Color Carrier eingesetzt. Die Color Carrier hat auf ihren Fahrzeugdecks 1775 Lademeter – 500 mehr als die Fantasy. „Die Aufrechterhaltung des Güterverkehrs ist für die Lieferketten sehr wichtig“, so Hundertmark. FB