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Eine griechische „Europa“

Die Navarino (IMO-Nr. 5136361) war ein 1957 als Gripsholm in Dienst gestelltes Passagierschiff der Svenska Amerika Linien und galt als Nachfolgerin der 1953 gebauten Kungsholm. Das ab 1975 für Kreuzfahrten im Mittelmeerraum eingesetzte Schiff blieb fast vierzig Jahre lang unter verschiedenen Namen und Eignern in Dienst, ehe es im November 1995 nach der Insolvenz seines Betreibers aufgelegt wurde. Nach sechs weiteren Jahren sank es am 12. Juli 2001 auf der Fahrt zum Abwracken vor der Küste Südafrikas.

Aus „Gripsholm“ wird „Navarino“

Gebaut auf der Werft Ansaldo in Genua wurde der Liner am 8. April 1956 vom Stapel gelassen. Nach der Übernahme am 2. April 1957 wurde das Schiff am 14. Mai für den Liniendienst von Göteborg nach New York in Dienst gestellt. Die Vermessung betrug 23191 BRT. Angetrieben wurde das 192m lange Schiff von 2 Dieselmotoren mit zus. 16200 PS. Es gab Platz für 150 1.Klasse- und 692 Passagiere in der Touristenklasse.

Im November 1975 kaufte der griechische Reeder Michael A. Karageorgis das Schiff, der es in Navarino umbenannte und im Dezember in sein Heimatland überführte. Hier erfolgte der Umbau zum Einklassen-Kreuzfahrtschiff mit einer Kapazität von nunmehr 650 Gästen. Die Vermessung änderte sich auf 17.392 BRT. Eigentlich verdiente Reeder Karageorgis sein Geld mit der Fähr- und Frachtschifffahrt. Der Einstieg ins Kreuzfahrtgeschäft galt so quasi als sein persönliches Hobby.

Am 22. Mai 1976 begann die erste Mittelmeerkreuzfahrt ab Venedig für Karageorgis Lines. Heute kaum mehr bekannt, zielte Karageorgis auch auf den deutschen Kreuzfahrtmarkt, tummelte sich dort doch ein fast Schwesterschiff mit dem Namen Europa, der ehemals schwedischen Kungsholm. Pflugs wurde in Frankfurt/Main eine Vertriebsfirma mit der Vermarktung beauftragt. Absicht war, mit der Navarino der Europa von Hapag-Lloyd eine preisgünstigere „griechische Konkurrenz“ zu bieten. Die Qualität der Inneneinrichtung war ohne Frage der damaligen Europa überlegen. Bei Service und Verpflegung konnte man sich natürlich mit dem deutschen Edelcruiser nicht messen. Doch die gehobene griechische Gastfreundschaft auf der Navarino konnte jedoch neben internationalem Publikum auch so manchen anspruchsvolleren deutschen Kreuzfahrtgast überzeugen. Möglich wurde dies auch, da das Schiff als Hobby des Reeders eigentlich kein Geld verdienen musste, sondern den Gast einfach durch gehobene griechische Qualität überzeugen sollte. Der schmucke weisse Kreuzfahrer begeisterte auch aufgrund seines schicken Äusseres in jedem Hafen.

Die turbulente Zeit danach

Am 8. August 1981 lief die Navarino vor Patmos auf Grund. Die Beschädigungen veranlassten Karageorgis, das Schiff am 24. Oktober an Sally Shipping zu verkaufen, die es repariert an ihre Tochtergesellschaft Commodore Cruise Line übergaben. Nur fünf Tage darauf brach ein Brand in einer der Kabinen aus, der zusätzliche Schäden verursachte. DiNavarino wurde zu der Hellenic Shipyard nach Skaramanga bei Piräus überführt, um dort noch einmal repariert zu werden. Die Schäden erwiesen sich jedoch als zu umfangreich, so dass das Schiff daraufhin in Piräus aufgelegt wurde.

Im Mai 1983 konnte die Navarino an Multiship Italia SrL veräussert werden, die sie in Samantha umbenannten. Das Schiff wurde von Piräus nach La Spezia überführt, dort jedoch weiter aufgelegt. Im Oktober 1984 kam die Samantha schließlich wieder zu einer griechischen Werft in Perama zur Reparatur und Renovierung, um ab November 1985 als Regent Sea für den neuen Eigner Regency Cruises in Dienst gestellt zu werden. Das Schiff wurde fortan für Kreuzfahrten in die Karibik sowie nach Alaska genutzt.

Am 2. November 1995 wurde die Regent Sea in Nassau nach der Insolvenz von Regency Cruises in die Kette gelegt, also arrestiert. Das ab November 1997 unter dem Namen Sea in Tampa aufliegende Schiff wechselte in den folgenden Jahren mehrfach seinen Besitzer, kam jedoch nicht wieder in Fahrt. Auch eine angedachte Nutzung als Hotelschiff oder Casinoschiff in Schweden sowie ein angedachter Einsatz unter dem alten Namen Gripsholm für den Bremer Veranstalter Transocean Tours konnte nicht realisiert werden. Der technische Zustand erwies sich als zu schlecht. Im Mai 2001 wurde die Sea schließlich zum Abbruch ins indische Alang verkauft und verliess im Schlepp den Hafen von Tampa.

Während der Schleppreise befand sich die Sea im Juni 2001 zum Bunkern im Senegal, als Diebe an Bord des Schiffes kamen und versuchten, Gegenstände von Bord zu stehlen. Nur einen Monat nach diesem Zwischenfall schlug das Schiff dann auf seiner weiteren Reise zum Abbruch am 12. Juli 2001 bei rauer See vor der Küste Südafrikas leck und sank kurz darauf in den Tiefen des Südatlantiks.

Jürgen Saupe

Fotos: Jürgen Saupe, Sammlung JSA