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Very Shiok in Singapore

Singapur ist eine Stadt der Lichter, vor allem zu Weihnachten und über die Festtage.
Vor allem aber ein Mekka der multi-ethnischen Gastronomie. Michael Wolf recherchierte.

Es glitzert und funkelt an allen Ecken und den Strassen. Girlanden blinken, Weihnachtssterne leuchten, Boutiquen, Shops und Restaurants sind liebevoll dekoriert, Weihnachtsmann-Zipfelmützen omnipräsent. Die Advents- und Weihnachtszeit gehört in Singapur zu den Highlights des Jahres – trotz für europäische Naturen ungewöhnlicher schwüler Temperaturen mit häufigem Regen.

Foto: enapress.com

Der dauert aber meist nicht lange – das Weihnachtsvergnügen bleibt. Von frischgeschlagenen Import-Weihnachtsbäumen in den Shopping-Malls bis zum Weihnachtstollen in den Luxusbäckereien gibt es so ziemlich alles, was mit dieser Zeit assoziiert wird. Und wer hätte gedacht, dass es sogar einen echten „deutschen“ Weihnachtsmarkt mit Holzbuden, Bratäpfeln, Glühwein und einer Eisfläche zum Schlittschuhlaufen gibt? Das alles hat das 5-Sterne-Hotel Capitol Kempinski direkt vor der Haustür eingerichtet, dazu gibt es im hauseigenen Theater farbenprächtige Christmas-Shows.

Aber während Happy Christmas nur zwei Monate regiert, hat rund um das Jahr etwas ganz anderes Hochsaison in der Löwenstadt. Denn wahrscheinlich nirgendwo auf der Welt dreht sich alles so sehr ums Essen wie hier. Die multi-­ethnische Kultur des Stadtstaates hat zu den verschiedensten Geschmacksrichtungen geführt.

Atlas Bar, Foto: enapress.com

Das Mekka für Liebhaber der Satay-Spiesse (Fleischspiesse mit Erdnusssauce) liegt am Telok Ayer Markt, im Herzen von Singapur Downtown. Inmitten von Wolkenkratzern mit ihren Glasfassaden liegt rund um eine viktorianische Markthalle der Lau Pa Sat Festival Market mit seinen Dutzenden von Grillständen und Hunderten von Tischen. Die eigentlich hier liegende Strasse wird abends einfach für den Autoverkehr geschlossen. Im Erfolgs­roman „Crazy Rich Asians“ liest man, dass auch die Milliardäre nicht nur in sündhaft teure Restaurants und In-Kneipen gehen (gibt es in Singapur zuhauf), sondern sich gerne auch an ihren Streetfood-Lieblingsständen unters Volk mischen.

Weihnachtsmarkt des Capital Kempinski Hotels, Foto: enapress.com

Unzählbar sind auch die Food-Märkte, vor allem in China­town. Es sind unübersehbare Alleen von kleinen Ständen, die köstlichste kulinarische Kleinigkeiten aus den verschiedensten Küchen zaubern – ob indisch, thai, chinesisch oder malaysisch – es ist alles im Überfluss vorhanden. Die langen Schlangen vor bestimmten Stationen geben schnell über die Beliebtheit und Qualität Auskunft, die aus den Garküchen dringenden Essen­gerüche machen Appetit.

Hier gibt es von Laksa, der köstlichen Kokos-Curry-Suppe­ mit Shrimps und Nudeln, über jede Art von Currys (besonders bekannt der Fischkopf-Curry, in dem der Namensgeber schwimmt) bis zum Chili-Crab (Krabben in Chilisauce) und verschiedensten Reisgerichten so ziemlich alles. Die Preise sind niedrig – nirgendwo anders bekommt man so gutes und preiswertes Essen. Auch wenn hier alles durcheinander wuselt, wie es scheint, und die Gerichte in einfachsten Küchen entstehen, sind die Hygiene-­Regeln streng. Dafür sind die Gesundheitsbehörden von Singapur bekannt – kleine Kennzeichnungen an den Ständen weisen auf die Ergebnisse der jeweiligen Kontrollen hin.

Eine der zahllosen guten kleinen Restaurants ist der Coconut Club, eine erste Adresse für Nasi lemak. Das malaysische Gericht besteht aus in Kokosnussmilch gedämpften Reis, der mit Sambal (Chilisauce), Gurkenscheiben, Erdnüssen, getrockneten Sardellen und einem harten Ei serviert wird, oft auch mit Hühnerfleisch. In dem kleinen Restaurant mit Terrasse gibt es jede Menge unterschiedlicher Reisgerichte wie verschiedene Gorengs, die schon zum Frühstück bereitstehen.

Singapur ohne Streetfood wäre nicht denkbar – und geht in der Löwenstadt bis zum vom Guide Michelin vergebenen Stern für das Hawker Chan. „Die preiswerteste Küche mit Michelinstern“ verheisst das Plakat aussen an dem einfachen Restaurant, das von dem Strassenhändler Chan Hong Meng gegründet wurde. 2016 gab es vor allem für das berühmte geröstete Chicken mit Sojareis-Gericht den begehrten Stern, mittlerweile gibt es schon Filialen in London, Melbourne und Bangkok. Innen warten auf den Besucher einfache Plastiktische, eine Theke zum Bestellen und eine Lichttafel, die die Nummer des Gastes aufruft, wenn das Gericht fertig ist – selfservice ist angesagt.

Die Gäste sind gemischt – viele Einheimnische, junge Backpacker, neugierige Gourmets. Dekorativ hängen die gerösteten Hühnchen hinter der Theke, in der Küchen wird mit Volldampf gearbeitet.

Als die Ziffer 888 aufleuchtet, ist unser Essen bereit. „Für ein Autokennzeichen mit so vielen Achten muss man in Singapur sicher 100.000 Dollar hinblättern“ kichert die nette Chinesin an unserem Tisch. Heute waren es für das wirklich leckere Hühnchen nur wenige Dollar.

Als Kontrastprogramm dient später ein anderes Sternerestaurant in Singapur, das Table 65 im Hotel Michael auf Sentosa Island. Im ultramodernen Look kocht Yoran Jakobi in einer Schauküche, um die die Esstische gruppiert sind. Auf der Karte stehen Kreationen wie Mangrowenkrabben aus Sri Lanka (mit einem kleinen Süppchen, Stangenbohnen und Vadouvan, einer indischen Gewürzmischung), Langustinen aus Mozambique (pochiert in Entenfett mit Kaffee- und Zitronendashis nach Albufeira Art) oder Seeteufel (serviert mit einer Terrine seiner Leber, einer Zwiebelsoubise und einer geräucherten Shao-hising Sauce).

Foto: enapress.com

Mit seinem Mut zum Experimentieren und der Entwicklung neuer Geschmacksrichtungen hat sich der junge Holländer seinen ersten Stern erkocht, eine interessante kulinarische Erfahrung in einem luxuriösen Rahmen. Der Preis ist an diesem Tag entsprechend fast zwanzigmal teurer als bei Hawker Chan.

Beim Essen wird man in Singapur schnell die Sprache der Kulinarik lernen. Hat es sehr gut geschmeckt, war es „shiok“.

Unsere Reportage entstand vor dem Ausbruch der Pandemie. Die Website des Tourismusoffice von Singapur www.VisitSingapore.com bietet beste Informationen, darunter auch in der Rubrik „Virtuelle Erlebnisse“ etliche Eindrücke, die man in Pandemie-Zeiten auch von zuhause­ aus sammeln kann.

Hoteltipps:

The Capitol Kempinksi: Das 1904 im spätviktorianischen Stil erbaute Warenhaus „Stamford House“ wurde in den letzten Jahren zu einem der besten Luxushotels Singapurs umgebaut. Die Lage in Downtown ist ideal, das renovierte bekannte Capitol Theatre liegt im selben Gebäudekomplex. Die großen Zimmer und Suiten bieten jeden Komfort, Spa mit Salzwasser-Pool, raffinierte Bars und Restaurants sowie eine Amex-Platinum-Lounge. Mitglied der Leading Hotels of the World. Charmanter Service der rotgekleideten Brand-Botschafterinnen, der „Ladies in red“, 15 Stamford Road, Singapore, 178906, Singapore

J.W. Marriott Hotel Singapore South Beach:In Gehweite zu beliebten Shopping Malls, zwei Restaurants, drei Bars (eine mit einer aussergewöhnlichen Gin-Kollektion), dazu ein historischer Nebenbau. Witzig sind die LED-animierten Fahrstühle – mal fühlt man sich in einem Aquarium, mal im Himmel. 30 Beach Road, Nicoll Hwy, Access Via, Singapur 189763