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DAS MYTHISCHE SCHIFF

Die „Ilmatar“ ist nach einer Geistgestalt benannt worden, später wurde sie als „Viking Princess“ und „Palm Beach Princess“ bekannt. Sie startete 1964 als Passagierfähre, wurde aber schon bald zum Kreuzfahrtschiff umfunktioniert.

Der Begriff Ilmatar stammt aus der finnischen Sprache, sie galt einer jungfräulichen weiblichen Geistgestalt, die durch die Lüfte schwebt. In der Mythologie des Ostseeanrainers Finnland wird sie als Schöpferin der Erde gesehen und als die Urmutter sämtlicher Mütter. Sie wollte einen Sohn haben, aber das war nicht möglich, weil sie als uraltes Geschöpf allein war, so dass keine Kopulation stattfinden konnte.

Ilmatar litt unter ihrer Einsamkeit, es gab kein weiteres Geistwesen auf der Erde. Doch weil sie sich so sehr nach einem Kind sehnte, kam es zu einem mentalen Zusammenbruch. Die Folge war, dass Ilmatar nach wie vor nicht schwanger werden konnte, sie hatte auf die Winde gesetzt, die halfen nicht. 700 Jahre soll sie auf ein Kind gewartet haben, dann gab sie auf. Sie begab sich ins Urmeer und wurde dort zur Wassermutter.

Sie fand einen Gesellen, einen Entenvogel, der mit ihr nach einem Brutplatz suchte. Mit seiner Freundlichkeit kam es zustande, dass Ilmatar sieben Eier legen konnte. Sie war so ungeduldig, weil das Brüten Zeit brauchte, dass sie eines Tages die Eier versehentlich zerbrach – daraus entstanden Himmel und Erde. Eines der Eier war aus Eisen, auf ihm konnte die Sonne das Eiweiß bilden, ein schwarzer Dotter. Aus ihm entstand nach weiteren 730 Jahren eine Schwangerschaft. Die Folge nach der Geburt war, dass der Sohn ein Sänger war, der das Leben auf der Erde erschuf.

Es wird wohl kaum ein weiteres Schiff mit so viel Arbeit und Anstrengung geben, das in Luftsphären entstanden sein soll.

Bild: Sammlung JSA

Die Ilmatar wurde im Juli 1962 von der Wärtsila-Werft in Helsinki erbaut. Zum Stapellauf des Schiffs erfolgte am 29. Oktober 1963. Sylvi Kekkonen wurde zur Taufpatin ernannt, sie war die Ehefrau des damals populären Staatspräsidenten Urho Kekkonen.

Am 15. Juni 1964 wurde die Ilmatar an die Reederei FÄA übergeben. Am selben Tag ging es sofort auf die Strecke von Helsinki über Turku nach Stockholm. Das Schiff hatte Platz für 1000 Passagiere und 50 Fahrzeuge. Es war für die finnische Schiffswelt ein bedeutendes Ereignis.

Im November 1968 kollidierte das Schiff im dichten Nebel, es befand sich auf der Überfahrt von Stockholm nach Turku. Es krachte mit einer anderen Passagierfähre, der Botnia, zusammen. Der Zusammenprall war so heftig, dass fünf Passagiere und ein Besatzungsmitglied ums Leben kamen. Zudem waren beide Transporter Schiffe schwer beschädigt.

Es war die Zeit des Aufkommens der Kreuzfahrt, die FÄA gründete 1970 zusammen mit anderen Reedereien die Silja Line. Nach der Erneuerung war die Ilmatar wieder auf ihre übliche Route gesetzt worden, doch die Führung der Reederei entschied, dass Schiff für Kreuzfahrten ab Stockholm einzusetzen.

Bild: Sammlung JSA

Die Ilmatar war aber zu klein beziehungsweise zu kurz, so entschied man, sie zu erweitern. 1973 wurde sie ins Dock der Howaldtswerke Hamburg gebracht, dort wurde sie um 20 Meter verlängert. Nach dem Umbau konnten 1210 Passagiere und 75 Fahrzeuge an Bord sein. Dann befand man, es sei noch nicht genügend Kreuzfahrtschiff. Das erfolgte 1978, als in der Bauwerft Wärtsila noch mal Hand angelegt wurde. Fortan galt die Ilmatar auf wechselnden Routen mal als Fähre, mal als Kreuzfahrtschiff.

Die bisherigen Umbauten hatten zusätzliche Kabinen geschaffen, dazu eine Lounge mit Showbühne, ein Casino, ein Kino, eine Turnhalle und ein Schwimmbecken. Man wollte auf einem anspruchsvollen Niveau gesehen werden. Die Farben und Leuchten wurden sowohl in den Kabinen als auch in den Räumen geschickt installiert. Die Korridore waren hell bestrahlt.

Die Ilmatar hatte als Transporter begonnen. Nachdem sie zum Kreuzfahrtschiff geworden war, war ihr Heimathafen Panama-City. Es gab mehrere Eignerwechsel u.a. zu Platinum Real Estates, Betreiber war die Palm Beach Casino Line. Ihre Baunummer war die 375, die Indienstellung erfolgte am 15. Juni 1964 begonnen. Ihre Außerdienststellung im Februar 2010.

Das Schiff war nach den Neuerungsarbeiten 128,31 Meter lang und 16,4 Meter breit geworden. Der Tiefgang lag bei 4,5 m, die Vermessung wurde mit 6659 BRZ angegeben. Im Maschinenraum standen eine Wärtsila-Sulzer 12MD51-Dieselmaschine und zwei Nohab SF116VSF-Dieselmaschinen. Die Maschinenleistung sollte 7536 kw (19.246 PS) sein. Über einen Festpropeller wurde eine Höchstgeschwindigkeit von 19 Knoten (35 km/h) erreicht. Auf dem Schiff waren 470 Passagiere zugelassen, die Besatzung umfasste 113 Personen.

In den Jahren nach der Umstellung wurde die Ilmatar auf unterschiedlichen Routen gesetzt, nach wie vor als Fähre, aber auch als Kreuzfahrtschiff. 1980 kam es zu einem Besitzerwechsel, die Vesteraalens Dampskibsseiskab hatte als neue Reederei das Kommando übernommen. 1982 wurde das Schiff in Toulon aufgelegt.

VIKING PRINCESS; Foto: Jürgen Saupe

1984 ging die Ilmatar an die Crown Cruise Line, sie erhielt einen neuen Namen: Viking Princess. Das Schiff wurde in den USA von San Diego aus auf Kurzkreuzfahrten eingesetzt. 1985 kam es abermals zu einem Wechsel nach Long Beach, die Crown Cruise Line war in die Insolvenz abgerutscht. Man entschloss die Viking Princess aufzulegen, zwei Jahre lang, sie wurde auch zum Verkauf angeboten, aber niemand biss an.

1997 hatte die Aufliegezeit ein Ende. Das Schiff hieß nun Palm Beach Princess, verkauft an die neu gegründete Palm Beach Casino Line. Ganze 13 Jahre lang war die Palm Bech Princess ausschließlich auf Casinokreuzfahrten von Palm Beach aus unterwegs.

PALM BEACH PRINCESS; Bild: Sammlung JSA

Das Schiff war gealtert, im Dezember 2009 erlitt es einen Maschinenschaden. Trotz des Defekts wurde der Dampfer weiter genutzt. Bis die US-Küstenwache das observiert hatte und die Stilllegung drohte. Am 4. Dezember begann die Reparatur des Schiffs, das Ganze ging dann weiter, aber nur noch zwei Monate mehr. Es war nicht mehr im besten Zustand, aber sollte noch nicht aufgegeben werden.

Im Februar 2010 gab es eine Chance. Die im Maschinenbereich behinderte Palm Beach Princess wurde nach Haiti gebracht, wo sie zum schwimmenden Hotel gemacht wurde. Das hielt nur einige Tage, die Hotelschiffpläne wurden verworfen. Im April 2010 wurde sie nach Freeport gefahren, am Ende blieb nur wieder eine längere Aufliegezeit, bis zum November 2011. Ein Schrotthändler kaufte den Oldie, dazu wurde er später nach Santo Domingo gebracht. Dort traf er am 19. Dezember 2012 ein. Wieder blieb das Schiff zwei Jahre liegen und verrottete. Im Herbst 2014 begannen schließlich die Abbrucharbeiten. Sie währten bis zum Sommer.

Die Hersteller von Miniaturansichten, zum Beispiel der Firma Risawoleska, sind wunderbar bearbeitet worden. Eine Freude für Liebhaber von Schiffbauten, bunt und anmutig gestaltet.

Roland Mischke, maritimes Lektorat: Jens Meyer