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DER HOMOGENSTE SCHNELLDAMPFER

Die „Kronprinzessin Cecilie“ war ein Doppelschrauben-Schnellpostdampfer von 1907. Das Passagierschiff des Norddeutschen Lloyd verdankte seinen Namen der letzten Kronprinzessin des deutschen Kaiserreiches und zeichnete sich durch seine besondere Innenausstattung aus.

Preußens Kronprinzessin, nach der das Schiff benannt wurde, war Cecilie von Mecklenburg-Schwerin. Die Ehefrau des letzten deutschen Monarchen, Wilhelm von Preußen, der das Deutsche Kaiserreich von 1905 bis 1918 regierte. Ursprünglich hieß die im Jahr 1886 im Schweriner Schloss geborene Cecilie Auguste Marie Herzogin zu Mecklenburg, Tochter von Großherzog Friedrich Franz III. und seiner Frau Anastasia, die aus der Dynastie der russischen Romanows stammte. Sie verlebte ihre Kindheit in Mecklenburg und in Cannes, wo sie zu Höherem erzogen wurde.

Als junge Frau wurde sie, seinerzeit gewöhnlich, als gut ausgebildete Dame 1904 dem deutschen Kronprinzen vorgestellt, der an ihr Gefallen fand. Am 6. Juni 1905 fand die Hochzeit statt. Eine der spektakulärsten Eheschließungen des Jahres, das Kaiserpaar wurde im aufwendig geschmückten Festzug durch Berlin gefahren, vom Brandenburger Tor zum Boulevard Unter den Linden und zum Stadtschloss.

Die Kaiserin war von Anfang an populär im Volk, offen und ruhig am Hof. Ihre natürliche Schönheit wurde vom eleganten und modernen Auftreten geprägt. Cecilie war ein Vorbild der Frauen, sie brachte ihre „Frauenbildung“ zum Zuge. Viele Straßen und Schulen wurden nach ihr benannt. Im sozialen Bereich war sie stets engagiert, sprach auch über tagespolitische Themen. Cecilie gebar sechs Kinder.

Nach der erzwungenen Abtretung von Kaiser Wilhelm II. weigerte sie sich, mit in das Exil zu gehen. Sie blieb mit den Kindern in der deutschen Hauptstadt, zweitweise wohnte sie in Schlesien. 1923 trennte sich das Paar, der Grund waren die Liebschaften Wilhelms, die er neben der Ehe pflegte. Ihre Kontakte im konservativen Adel pflegte Cecilie, Kunst, vor allem Musik, waren ihr wichtig, zu ihren Freunden gehörten Furtwangler, von Karajan und andere.

Die einstige Kaiserin war so berühmt, dass auch die Nazis nicht an ihr vorbeikamen. 1933 wurde sie zur „ersten Frau des Landes“ benannt, als ihr Ehemann schon nicht mehr von Bedeutung war. Nach der Auflösung der monarchistischen Verbände zog sich Cecilie zurück. Im Zweiten Weltkrieg floh sie 1945 und wechselte ins bayerische Kissingen. Dort ist sie – immer noch geliebt von Teilen der Bevölkerung – nach einem Schlaganfall am 6. Mai 1954 gestorben. Das nach ihr genannte Schiff lebte weiter und wurde genutzt.

Der Dampfer wurde von der Werft AG Vulcan Stettin für den Norddeutschen Lloyd erstellt, im Juli 1907 wurde er an die Reederei geliefert. Das letzte Schiff der vom Norddeutschen Lloyd für den Transatlantik-Schnelldienst zwischen Bremerhaven und New York bestellten vier Einheiten der Kaiserklasse sollte etwas Besonderes sein – in Größe, Eleganz, Maschinenleistung und Geschwindigkeit sowie mit seinen technischen Höchstleistungen glänzte er. Eine einmalige Besonderheit war die Kolbendampfmaschinenanlage, die größte, die es bis dahin weltweit gab. Sie konnte mit ihren vier Vierfach-Expansionsmaschinen 46.000 PS (33.823,95 kW) enorme Leistungen bringen. Sie arbeitete auf zwei vierflügelige Propeller, womit der Schnelldampfer es zu 23,6 Knoten schaffte. Dieser Antrieb galt seinerzeit als sensationell, ein Höhepunkt der Dampfmaschinentechnik. Es war zugleich der letzte Transatlantikdampfer dieser Art, die Fachleute nannten ihn „einen Typ für sich“.

Jede der beiden Kurbelwellen besaß sechs Kurbeln, die von hintereinandergeschalteten Zylindern angetrieben wurden. Die Reihenfolge der Zylinder war sowohl bei der Kronprinzessin Cecilie als auch bei ihrem Schwesterschiff Kaiser Wilhelm II. in gleicher Art realisiert worden. Dem ND-Zylinder (Niederdruckzylinder) folgte der MD-Zylinder (Mitteldruckzylinder II), der HD-Zylinder (Hochdruckzylinder), sie waren übereinandergestellt und dann wieder MD Zylinder I und HD-Zylinder übereinander, MD II und ND-Zylinder standen nebeneinander.

Die Reederei war erhaben, Rekordfahrten wie das „Blaue Band“ wurden ignoriert. Das überließ man der Cunard Line mit der Lusitania und anderen Atlantikdampfern. Allerdings hatten die Briten schnell eine effizienter ausgelegte Dampfturbine bauen lassen, die als zukunftsweisendes Antriebsprinzip dem des deutschen Schiffes überlegen war.

Neben viel Luxus in den Räumen gab es auch zwölf „Staatszimmer“. Kaiser-Suiten waren besonders aufwendig eingerichtete Räume, so Frühstückszimmer, Salon- und Schlafzimmer mit eigenen Bädern und WCs. Die „Weser-Zeitung“ vom 30. Juli 1907 schrieb von „279 Passagierkammern der Ersten Klasse und 109 der Zweiten Klasse. Die Kabinen tragen den Charakter von gemütlichen Hotelzimmern.“

Zur Innenausstattung gehörten Gesellschaftsräume, die der langjährige Hausarchitekt des Lloyd, Johann Georg Poppe, entwickelt hatte. Kaiser Wilhelm II. und NDL-Generaldirektor Heinrich Wiegand hatten sich einen zweckmäßigen Stil gewünscht. Damals galt der pompöse Historismus, er wurde nun abgelöst. Für die Luxuskabinen wurde ein Ideenwettbewerb gegründet, zu dem Bremer Architekten sowie solche aus dem Ausland teilnahmen. Seinerzeit hatten die Secession in Wien gerade Karriere, ihre Gebäude wurden nachgeahmt, ebenso Ideen der Darmstädter Künstlerkolonie und der Vorreiter der Bewegung „Kunst und Handwerk“, die mit einbezogen wurden. Der Ibach-Konzertflügel stammte vom führenden Berliner Hoflieferanten Pfaff.

Neben dem Zentralbereich an Bord gab es zwei Speisesäle. Ein „Wiener Café“, einen Rauchsalon, ein Lese- und Schreibzimmer – mit dem Porträt der Kronprinzessin – und hübsche Treppenhäuser.

Als im Juli 1914 der Erste Weltkrieg begann, befand sich das Schiff unter dem Kommando von Kapitän Charles August Polack auf der Fahrt nach New York. 1216 Passagiere befanden sich an Bord des Schiffes, sie hatten Goldbarren und Münzen im Wert von 15 Millionen US-Dollar bei sich. Auf hoher See kam von der Reederei die Anweisung zur sofortigen Umkehr, das gelang nicht.

Am 4. August 1914 ankerte die Kronprinzessin Cecilie im Hafen von Bar Harbor im Bundesstaat Maine. Warum Polack nicht große Häfen wie New York oder Boston ansteuerte, erklärte der Kapitän so, die Briten hätten den Funkverkehr abgefangen. Alle Passagiere hatten den Dampfer zu verlassen, sie wurden in Sonderzügen nachBoston und New York gebracht – und kontrolliert. Das Schiff blieb samt Besatzung noch zwei Tage vor Anker. Man glaubte, dass Angriffe von Briten stattfinden könnten, Polack ließ die Schornsteine des Schiffs mit schwarzen Bändern überziehen, das sollte die in der Nähe liegende White Star vortäuschen.

Die US-Amerikaner beschlossen den Schutz des Schiffs, es galt nicht als feindliches Kriegsschiff und erhielt Geleit vom Zerstörer USS Warrington. In Boston wurde das Schiff vorläufig beschlagnahmt, mit samt den Goldtransporten. Es konnte nicht interniert werden, das hatte die Regierung bestimmt, weil es ein Handelsschiff war. Die deutschen Matrosen wurden den Einwanderungsbehörden übergeben.

Im April 1917 wurde das Schiff endgültig beschlagnahmt, das verfügte das United States Shipping Board, es erhielt die Flagge der USA. Umbau- und Ausrüstungsarbeiten wurden getätigt. Im Juli 1917 ging das Schiff nach Umbenennung in USS Mount Vernon erstmals nach Europa, um US-Soldaten an die dortigen Kriegsschauplätze zu bringen; insgesamt wurden neun Fahrten absolviert, an Bord befand sich ein Lazarett. Am 5. September 1918 griff das deutsche U-Boot U 82 das Schiff an, 36 Seeleute starben, andere wurden verwundet. Nur die geschlossenen Schotten konnten den Dampfer über Wasser halten. Im französischen Brest kam er in ein Trockendock, danach zur Reparatur nach Boston.

1919 wurde die Kronprinzessin stillgelegt. Zuvor hatte man versucht, daraus ein attraktives Schiff zu machen, was nicht gelang. Man ließ es bis 1939 an einem Liegeplatz in der Chesapeake-Baltimore verrosten. 1940 wurde dort die Kronprinzessin Cecilie verschrottet und abgewrackt.

Roland Mischke, maritimes Lektorat: Jens Meyer

 

Foto der „Kronprinzessin Cecilie“, Display in einer Ausstellung. Foto: Archiv