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Jetzt auch mit eigenem Design: China setzt verstärkt auf Ausbau der heimischen Kreuzfahrtindustrie

Druck auf europäische Kreuzfahrtschiffbauer wächst

Während japanische Werften nach Milliarden-Verlusten beim Bau von Kreuzfahrtschiffen – wie zum Beispiel bei den mit erheblicher Verspätung an AIDA Cruises gelieferten Schwesterschiffen AIDAprima und AIDAperla – Zurückhaltung in diesem anspruchsvollen Marktsegment an den Tag legen, schickt sich das zu den weltmarktführenden Schiffbaunationen gehörende China  mit zunehmendem Erfolg an, die noch bestehende Dominanz seiner europäischen Wettbewerber auch in diesem Bereich zu brechen.


80 000-BRZ-Cruiser als CSSC-Eigenentwicklung, Rendering: CSSC

Nachdem zunächst kleinere Kreuzfahrtschiffe wie Expeditionskreuzer für ausländische Kunden nach Plänen und mit hohem Zulieferungsanteil aus Europa sowie unter Aufsicht und nach den Vorschriften europäischer  Klassifikationsgesellschaften erstellt worden waren, ist Ende 2021 nicht nur die Design-Zulassung der italienischen Klasssifikationsgesellschaft RINA für ein erstmals eigenständig in China entwickeltes 150 000-BRZ-Kreuzfahrtschiff erteilt worden, gleichzeitig ist auch das mit 135 000-BRZ bisher größte in China nach italienischen Plänen in Bau befindliche Kreuzfahrtschiff in seinem Baudock aufgeschwommen. Im Sommer 2022 wurde dann bereits mit dem Bau eines ebenfalls für den chinesischen Markt und chinesische Rechnung bestimmten etwas größerem Schwesterschiff begonnen. 

Jüngster Schritt auf diesem Weg ist die Ende November dieses Jahres von der China Classification Society (CCS) erteilte Grundsatz-Zulassung (Approval in Principle – AiP) für das Design eines 80 000 BRZ großen Kreuzfahrtschiffes, das von der China State Shipbuilding Corporation (CSSC)-Tochter CSSC Cruise Technology Development Co. selbstständig entwickelt worden ist. 

Für die CSSC ist dies in enger Zusammenarbeit mit der CCS erzielte Ergebnis ein wichtiger Meilenstein, der ihre Fähigkeit unterstreicht, Schlüsseltechnologien für die Entwicklung von Kreuzfahrtschiffen einzusetzen.  

Dieses Schiff wird bei einer Gesamtlänge von 293,5 Metern eine Breite von 34 Metern aufweisen. Um die Energieeffizienz zu verbessern, hat CSSC die aerodynamischen und hydrodynamischen Eigenschaften von Aufbauten und Rumpf optimiert und eine Reihe von energiesparenden Anlagen und Einrichtungen vorgesehen. Damit wird den Anforderungen der dritten Phase des IMO Energy Efficiency Design Index (EEDI) entsprochen. Darüber hinaus  hat CSSC den Kabinenbereich und die Klimaanlagen so ausgelegt, dass die EPC3-Standards erfüllt werden, die in den CCS-Leitlinien für die Epidemieprävention und -kontrolle von Kreuzfahrtschiffen festgelegt sind.

Die Geschwindigkeit und die Kapazität des Schiffes sollen denen der weltweit modernsten vergleichbaren Luxusschiffe ebenbürtig sein. Der Anteil der Balkonkabinen soll 69 Prozent übersteigen. Obwohl keine Angaben zu den Optionen für die Antriebsanlage gemacht wurden, ist davon auszugehen, dass auch die Verwendung von synthetischen und Biokraftstoffen  sowie Flüssiggas wie LNG dazugehören, nachdem bereits mehrere damit ausgerüstete Fähren von chinesischen Werften an Exportkunden abgeliefert worden sind.

Größter chinesischer Kreuzfahrtschiff-Neubau am Ausrüstungskai 


Soll 2023 in Fahrt kommen: Nach italienischen Plänen für den chinesischen Markt in der Ausrüstung befindlicher Cruiser.
Foto: CSSC

Bereits im September 2023 in Fahrt kommen soll das noch namenlose erste große Kreuzfahrtschiff, das in China für den heimischen Markt gebaut wird. Der von der zur China State Shipbuilding Corporation (CSSC) gehörenden Shanghai Waigaoqiao Shipbuilding (SWS) als Bau-Nr. H1508 erstellte Rohbau ist nach dem Aufschwimmen in seinem Baudock am 17. Dezember 2021 flaggengeschmückt mit Schlepperasisstenz an den Ausrüstungskai verholt worden. 

Das im November 2018 fest bestellte Schiff ist Teil der 2017 von dem italienischen Fincantieri-Werftkonzern, der China State Shipbuilding Corporation und der Carnival Corporation & plc unterzeichneten Vereinbarungen im Wert von 1,5 Mrd. USD über den Bau von zunächst zwei von vier Kreuzfahrtschiffen, die für die ab 2023 mit der Kreuzfahrtmarke Adora Cruises auf dem chinesischen Markt aktive CSSC Carnival Cruise Shipping Ltd, ein Joint Venture von Carnival und CSSC, in Fahrt kommen sollen.  

Der Brennstart für das erste Schiff fand im Oktober 2019 und die Kiellegung des ersten Blocks Anfang November 2020 in dem 740 m langen Trockendock Nr. 2 der erst 1999 an der Mündung des Yangtze gegründeten SWS-Werft statt. Der Bau erfolgt nach den Vorschriften und unter Aufsicht der italienischen Klassifikationsgesellschaft RINA, wobei auch die Anforderungen für die Klasse-Zusatznotierungen „Green Plus“ und High Voltage Shore Connection (HVSC) und den Biosafe Ship für die an Bord-Infektionskontrolle erfüllt werden sollen. Das mit einer  dieselelektrischen Maschinenanlage von insgesamt 62,4 MW auszurüstende 323 Meter lange und 8,53 m tiefgehende 135 000-BRZ-Schiff, das für bis zu 5.246 Gäste in 2125 Kabinen und 1.400 Besatzungsmitglieder ausgelegt wird, basiert auf dem von Fincantieri für Carnival  entwickelten Vista-Klasse-Design, das entsprechend den Anforderungen des chinesischen Marktes adaptiert wurde. Zwei 16,8 MW leistende Podantriebe sollen eine Maximalgeschwindigkeit von 22,6 kn ermöglichen. 

Mitte 2022 wurde bei dieser Werft auch  mit dem Bau des zweiten Schiffes begonnen, dessen italienisches Design ebenfalls von den Chinesen adaptiert wurde, und mit einer um knapp 18 m auf insgesamt 341,07 m vergrößerten Länge eine um knapp 7000 auf rd. 142 000 BRZ erhöhte Vermessung kommen soll. Es wird  über insgesamt 2144 Kabinen verfügen.

Um eine Basis für die Finanzierung des  künftigen Wachstum der chinesischen Kreuzfahrtindustrie zu schaffen, haben mehr als 10 Partner, darunter die CSSC Finance Co., CSSC Carnival Cruise Co, Bank of China, Agricultur Bank of China, China Construction Bank und  China Bank of Communications kürzlich  ein  Kooperations-Memorandum unterzeichnet, das u.a. die Organisation  eines ersten  langfristigen Kreuzfahrtfinanzierungssyndikats mit einem Gesamtvolumen von rd. 1,4 Mrd. Dollar vorsieht.  JPM