Links überspringen

Die ultimative Schiffsreise

Die mehrmonatige Umrundung des Globus an Bord eines Kreuzfahrtschiffes ist und bleibt ein ganz besonderer Traum. Aber auch einzelne Abschnitte oder Grand Voyages sind möglich. Beat Eichenberger berichtet.

Einmal im Leben mit einem Schiff rund um die Welt – dieses Abenteuer gilt nach wie vor als Krönung der Schiffsreisen. Leider ist das Projekt nicht für jedermann realisierbar: Man braucht dazu viel Zeit und vor allem das nötige Kleingeld, doch es gibt Alternativen: Man leistet sich ein Segment davon. Die Vielfalt der Weltreisen-Angebote hat nach der Pandemie-Pause wieder massiv zugenommen: Vor allem in den Winter­monaten stechen erneut verschiedene Kreuzfahrtschiffe aus Europa oder den USA auf eine mehrmonatige Fahrt rund um den Erdball in See oder haben eine Grand Voyage mit dem Besuch mehrerer Kontinente im Programm. Dabei gilt es aber sich frühzeitig zu entscheiden: Solch aussergewöhnliche Seereisen sind oft rasch ausgebucht.

Ursprünge in der Belle Epoque

Als im 19. Jahrhundert die Idee aufkam, in den verkehrsschwachen Wintermonaten die Linienschiffe für Seereisen zum reinen Vergnügen einzusetzen, führten solche Fahrten in Europa vorerst in die Nordsee oder ins Mittelmeer. Aber auch Reisen ab New York nach den Westindischen Inseln kamen auf. Als „Erfinder“ wird die englische Peninsular and Oriental Navigation Company bezeichnet, die ab 1844 Luxus-Kreuzfahrten ab England nach Gibraltar, Malta und Piraeus/Athen auflegte. Die erste organisierte Welt­reise mit Schiff wird dem Reiseunternehmen Thomas Cook zugeschrieben: Das abenteuerliche, 222-tägige Unternehmen kam 1872 in einzelnen Etappen und auf vier verschiedenen Schiffen zur Durchführung, der amerikanische Kontinent wurde per Eisenbahn durchquert.

Auch grosse Seereisen, heute Grand Voyages genannt, kamen schon in der Belle Epoque zur Durchführung. So führte die deutsche Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Aktien-Gesellschaft (Hapag) erfolgreich längere, luxuriöse Orient-Fahrten durch, und 1901 stach die Prinzessin Victoria Luise, das gemäss verschiedenen Quellen erste explizit für Vergnügungsreisen erbaute Schiff, für Hapag in die Karibik in See. Hapag-Dampfer waren auch für das amerikanische Reisebüro Clark im Einsatz, welches Weltreisen ab New York ins Mittelmeer und nach Ostasien bis San Francisco durchführte. Der Erste Weltkrieg brachte die Entwicklung zum Erliegen, danach nahm vor allem das Liniengeschäft wieder­ Fahrt auf, bis die Weltwirtschaftskrise und der Zweite Weltkrieg erneut eine Zäsur brachten. Erst mit dem Aufschwung der modernen Kreuzfahrt in den 1950er- und 1960er-Jahren gewannen auch Weltreisen per Schiff wieder an Bedeutung, ein Angebot, das seither seinen festen Platz in der Palette der Seereisen hat.


Ein Highlight: Die Fahrt durch den Panama-Kanal. Foto: Solarisys – stock.adobe.com

Berühmte Kanäle und die Kaps

Noch heute werden Weltreisen vor allem in unseren Wintermonaten durchgeführt. Das liegt einerseits klimatisch bedingt auf der Hand, hängt aber auch mit der saisonalen Verfügbarkeit der Schiffe zusammen. Die Reisen dauern in der Regel zwischen 90 und 150 Tagen, gelegentlich auch länger, und starten meist im Dezember oder Januar und dauern bis weit in den Frühling oder Vorsommer hinein. Stets sind auch Teilstrecken von einigen Wochen buchbar, was das Thema für viele näher rückt: So werden ganz besondere Routen möglich, die ansonsten nur selten­ angeboten werden.

Vasco da Gama, Foto: enapress.com

Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die Erde zu umrunden: Westwärts, immer der untergehenden Sonne entgegen, wobei man von einer Zeitzone zur anderen stets eine Stunde gewinnt – diese Route wird mehrheitlich befahren. Denn ostwärts, der aufgehenden Sonne entgegen, verliert man diese Stunde. Und dann gilt es zwei gigantische Land-Barrieren zu meistern: Der amerikanische Kontinent, der entweder an seiner schmalsten Stelle dank Panamakanal durchfahren werden kann oder aber via Kap Hoorn an der Südspitze von Südamerika umrundet werden muss. Dasselbe gilt für die europäisch-­afrikanische Landmasse: Der direkte Weg zwischen dem Indischen Ozean und dem Atlantik, resp. dem Mittelmeer, führt durch den Suezkanal. Die Alternative ist die Umrundung des Kaps der Guten Hoffnung an der Südspitze Afrikas. Diese Entscheide bestimmen eine nörd­lichere bzw. südlichere Route.

Beispiele der grossen Routenvielfalt

Die klassische Route westwärts durch die zwei grossen Kanäle befährt etwa die Artania von Phoenix in 143 Tagen ab dem 23. Dezember 2023. Nach dem Start in Hamburg geht es in die Karibik, durch den Panamakanal, entlang der US-Westküste und über den Pazifik nach Fernost und Südostasien, weiter in den Persischen Golf und durch den Suezkanal bis nach Genua. Auch die Costa­ Deliziosa, die am 13. Januar 2024 in Barcelona­ zu einer 114-tägigen Weltreise startet, ist auf der Kanal-Route westwärts unterwegs: Nach der Transatlantik die Karibik, der Panamakanal, die Westküste Südamerikas, der Pazifik, Neuseeland und Australien, Japan, Südostasien und Indien, das Rote Meer und das Mittelmeer sind die Stichworte dazu.



Ebenfalls westwärts, aber diesmal auf der weniger oft befahrenen Kap-Route im Süden, ist derzeit die AIDAsol auf ihrer ersten Weltreise unterwegs. Sie startete am 26. Oktober in Hamburg, wo das Schiff 117 Tage später wieder eintreffen wird.

Die Reise führt nach Südamerika mit Feuerland und dem Kap Hoorn, durch die pazifische Inselwelt nach Aus­tralien, zu den Inseln im Indischen Ozean und nach Kapstadt mit dem Kap der Guten Hoffnung, und schliesslich entlang der Westküste Afrikas und Europas wieder zurück nach Hamburg. Eine ähnliche Route legt dieses Schiff auch ein Jahr später ab dem 27. Oktober 2023 wieder auf.


Singapur, Foto: enapress.com

Eine Route ostwärts sowohl mit einer Kap- wie einer Kanal-Variante hat nicko cruises für die Reise der Vasco da Gama gewählt, die ab dem 10. Oktober 2023 ab Lissabon­ in 183 Tagen rund um die Welt führt. Die Reise als Beispiel einzelner Teilstrecken präsentiert sich wie folgt: Eine erste Etappe in 40 Tagen von Lissabon via Kap der Guten Hoffnung nach Mauritius, eine zweite Etappe in 50 Tagen von Mauritius via Malediven, Indien und Südostasien nach Manila, eine dritte Etappe in 66 Tagen von Manila via Australien, Neuseeland und Hawaii nach Puerto Vallarta und eine vierte Etappe in 30 Tagen von Puerto­ Vallarta via Panamakanal, Karibik und den Atlantik­inseln zurück nach Lissabon. Zudem ist auch eine „kleine Weltreise“ von 112 Tagen mit Zustieg in Singapur­ und der Reise bis Lissabon buchbar.

Kontinente und Grand Voyages

Und dann gibt es noch Weltreisen, die nicht klassisch den ganzen Globus umrunden, sondern im Rahmen einer grossen Reise verschiedene Kontinente besuchen. So etwa die MSC Poesia, die am 5. Januar 2024 in Genua auf eine 120-tägige lange Seefahrt startet. Vom Mittelmeer führt die Reise durch den Suezkanal ins Rote Meer und durch den Indischen Ozean bis nach Südafrika, dann über den Südatlantik nach Südamerika mit einem Amazonas-Abstecher bis Manaus, in die Karibik, die USA und nach Kanada, bevor es über Grönland und Island zurück nach Europa geht.

MSC POESIA, Foto: enapress.com

Mit einem ganz besonderen Routing wartet die Hamburg von Plantours auf, die ab dem 29. Juli 2023 für geschlagene 250 Tage in See sticht. Dabei wird zwar nicht die Erde umrundet, trotzdem sind sowohl die zwei grossen Kanäle wie die zwei Kaps programmiert. Die Route führt vorerst nach Spitzbergen, Grönland, Kanada, den USA und Zentralamerika, danach durch den Panama­kanal und entlang der Westküste Südamerikas zum Kap Hoorn, weiter über den Südatlantik zum Kap der Guten Hoffnung und durch den Indischen Ozean nach Indien, in den Persischen Golf und via Suezkanal nach Istanbul. Auch diese Langzeit-Reise wird natürlich in verschieden Segmenten angeboten.

Viele weitere Grand Voyages ergeben sich auch durch sogenannte Repositioning- oder Überstellfahrten, indem ein Schiff von einem saisonalen Revier (z.B. Karibik oder Asien) ins andere (z.B. Europa) überführt wird – und umgekehrt. Ein Beispiel: TUI Cruises legt längere Weltentdecker-Reisen auf wie etwa die 61-tägige Überfahrt von Hongkong nach Heraklion (Kreta) mit der Mein Schiff 5, die zwischen dem 12. April und 11. Juni 2023 terminiert ist.

Die US-internationalen Schiffe

Amerikanische Weltreiseschiffe, vor allem im Premium- und Luxussegment, starten und beenden ihre Routen fast immer in den USA, besuchen auf ihrer Reise aber auch europäische Häfen, wo man für einzelne weitere Etappen zusteigen oder die Reise abbrechen kann.

Einige Beispiele:­ Die Insignia von Oceania Cruises startet am 14. Januar 2024 in Los Angeles zu ihrer 180-tägigen­ Weltreise, die via Pazifik, Asien und Suez­kanal nach Europa führt und von dort weiter via Island und Grönland nach New York.


Seven Seas Mariner, Foto: enapress.com

Eine lange Weltreise hat auch Regent Seven Seas Cruises mit der Seven Seas Mariner angekündigt: Die 150-tägige Reise, die zwar nicht den Erdball, aber den ganzen pazifischen Raum umrundet, startet am 7. Januar 2025 in Miami und hat 97 Anlaufhäfen in Südamerika, im Südpazifik, Australien und Neuseeland, Asien und Alaska­ im Programm. Mit 274 Nächten gar die „ultimative“­, sprich längste Weltreise legt Royal Caribbean­ Int. erstmals mit der Serenade of the Seas auf: Die Kreuzfahrt beginnt am 10. Dezember 2023 in Miami und hat via Südamerika, Kap Hoorn, Pazifik, Australien, Asien, Naher Osten Suezkanal und Mittelmeer über 150 Reiseziele in 63 Ländern programmiert. Weitere englischsprachige Schiffe auf Weltreise oder Grand Voyages im Einsatz haben u.a. Cunard, Holland America Line, Seabourn, Silversea, Princess Cruises oder P&O Cruises.

Reiseverlauf, Schiffe und Preisfrage

Welches Routing man auch wählt – aufmerksam gilt es stets den detaillierten Reiseverlauf zu prüfen: Es kann durchaus ein Qualitätsunterschied sein, wenn ein Schiff auf seiner Weltreise 50 Destinationen besucht, ein anderes­ aber deren 80. Ähnliches gilt für die Dauer der Landaufenthalte: Für die begeisternde oder frustrierende Erkundung eines Traumzieles ist es wichtig zu wissen, ob man nur einen halben Tag, einen ganzen Tag gar einen längeren Aufenthalt mit Übernachtung im Hafen zur Verfügung hat. Allen Weltreisen gemein ist zudem die Tatsache, dass es stets Abschnitte mit mehreren See­tagen gibt – darauf gilt es sich einzustellen.


Maoi Statuen auf den Osterinseln, Foto: Kristopher Kettner/Shutterstock.com


Weltreisen führen heute sowohl Luxus-, Premium- wie Standard-Reedereien durch. Da sie nicht überall anlegen können, kommen nicht die grossen Megaschiffe zum Einsatz; die Grenze liegt bei etwa 2000 bis maximal 2500 Passagieren. Aber auch zu kleine Schiffe wären nicht ideal,­ da für die lange Zeit an Bord ein gewisses Infrastruktur-Angebot unabdingbar ist. Deshalb gilt es sorgfältig abzuklären, was die Bedürfnisse sind: Soll es luxuriös oder unkompliziert sein? Eher europäisch oder amerikanisch? Welche Bord-Infrastruktur, resp. Schiffsgrösse passt? Und vor allem: Will ich tatsächlich eine (preislich günstigere) Innenkabine oder angesichts der Dauer der Reise nicht doch lieber eine Balkonkabine buchen?

All diese Elemente, die Dauer und Route der Reise, der Standard (und die inbegriffenen Leistungen) des Schiffes wie die gewählte Unterkunft haben letztlich Einfluss auf den Preis. Im Standard-Segment werden knapp 4-monatige Weltreisen in der Innenkabine bereits ab rund 15‘000 Euro angeboten, in einer Balkonkabine ab 20’000 bis 25’000 Euro. Weiter wichtig zum Abklären: Welche Kosten­ wie Getränke, Landausflüge, Trinkgelder oder An- und Rückreise kommen noch hinzu? Es versteht sich von selbst, dass im Premium- und Luxus-Bereich, wo in der Regel wesentlich mehr Leistungen inkludiert sind, die Ansätze je nach Reederei und Schiff deutlich bis massiv­ höher liegen. Dafür kann man davon ausgehen, dass die ultimative „Once in a lifetime“-Reise kaum mehr Wünsche offenlässt.