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„Bremen“ von Hapag-Lloyd Cruises an Scylla verkauft

Sie hat nicht nur für Hapag-Lloyd Expeditionskreuzfahrtgeschichte geschrieben: Mit dem erfolgenden Verkauf der Bremen an eine Tochtergesellschaft der Schweizer Reederei Scylla AG verlässt nicht nur das mit 28 Jahren älteste Kreuzfahrtschiff die Flotte, sondern auch ein bei seinen zahlreichen Stammgästen beliebtes und laufend modernisiertes Schiff. Jens Meyer berichtet.


Fotos: Hapag-Lloyd Cruises


„Auch wenn die Bremen ein ganz besonderes Charakter-Schiff in unserer Flotte ist und uns allen seit mehr als 25 Jahren sehr am Herzen liegt, so wollen wir uns im Expeditionsbereich künftig auf drei moderne Expeditionsschiffe der Hanseatic-Klasse – ausgestattet mit neuester Technik und Umwelttechnik – fokussieren“, erklärt HLC-Chef Karl J. Pojer, diese Entscheidung. Der neue Katalog für die Bremen, deren letzte Reise für die Reederei im April 2021 endet, erscheint daher am 22. Januar mit einer verkürzten Laufzeit.

An dem legendärem Expeditionskreuzer, der im Oktober 1990 von der Mitsubishi-Werft im japanischen Kobe als Frontier Spirit an die ebenfalls japanische Reederei Frontier Cruises abgeliefert wurde, war Hapag-Lloyd bereits mit 12,5 Prozent beteiligt. Das 111,51 m lange und 17 m breite und 4,80 m tiefgehenden 6752-BRZ-Schiff kam schon knapp der drei Jahre nach Infahrtsetzung nach Norddeutschland. Vom 10. Oktober bis 18. November 1993 wurde es bei der Werft Nobiskrug in Rendsburg umbebaut, wobei in dieser Zeit auch der Wechsel der Bereederung zur Hanseatic Cruises GmbH und die Umbenennung in Bremen erfolgte. Am 20. November des gleichen Jahres trat die Bremen in Bremerhaven eine Charter für Hapag-Lloyd Tours an. Nach dem 1995 beschlossen Ankauf des Schiffes wurde es im April 1996 in die Hapag-Lloyd Kreuzfahrten-Flotte übernommen. Seitdem hat das mit seinen auf zwei Verstellpropeller arbeitenden beiden 2427 kW-Hauptdieseln max. 16 kn schnelle Schiff, das auf sechs Passagierdecks 155 Gäste in 80 Kabinen und zwei Suiten unterbringen kann und mit 100 Crewmitgliedern unter Bahamas-Flagge betrieben wird, immer wieder für Schlagzeilen gesorgt: 1996 umrundete die über die für Passagierschiffe höchste Eisklasse 4 verfügende Bremen als erstes Passagierschiff die Spitzbergen-Inselgruppe. Am 22. Februar 2001 wurde die Bremen während der Reise von Südargentinien nach Rio de Janeiro von einer 35 Meter hohen Monsterwelle getroffen, die unter anderem eine Panzerglasscheibe auf der Kommandobrücke aus dem Rahmen nach innen drückte. Durch das eingedrungene Salzwasser fielen die elektronischen Geräte auf der Brücke und in der Folge auch die beiden Hauptmotoren sowie die gesamte Stromversorgung aus. Das Schiff trieb mit 40 Grad Schlagseite ca. 30 Minuten manövrierunfähig in der See, bevor es der Crew gelang, einen zur Wartung zerlegten Hilfsdiesel zusammenzubauen und zu starten. Vier Tage später wurde der Havarist in den Hafen von Buenos Aires gebracht. Auf einer Kreuzfahrt durch die Antarktis entdeckten Passagiere und Besatzung eines der 12 Zodiac-Schlauchboote der Bremen am 2. Februar 2003 im Bereich der Melchior-Inseln eine neue ca. 1 Quadratkilometer große Insel im ewigen Eis sowie einen neuen Kanal, die danach die Namen „Bremeninsel“ bzw. „Bremenkanal“ erhielten.

2015 gelang der Bremen ihre erste Durchfahrt der Nordostpassage. Nachdem sie bereits 2003 erstmals die legendäre Nordwestpassage durchquerte hatte, konnte sie 2016 als erstes Kreuzfahrtschiff dabei auch den Weg durch den McClintock-Kanal in der kanadischen Arktis, sowie ein Jahr später auch durch die Funny and Hecla Strait bewältigen. Mit dem künftigen Bremen-Eigner, einer Tochtergesellschaft der Schweizer Reederei Scylla AG, die seit 1973 auf die Flusskreuzfahrt fokussiert ist und sich mit dem Bau innovativer Schiffe nicht nur im Charter-Geschäft erfolgreich etabliert hat, schafft sich – wie zuvor u.a. Viking, Scenic und nicko cruises – ein weiterer Flusskreuzfahrtanbieter ein zweites Standbein in der Hochseekreuzfahrt. 2018 gründete das Familienunternehmen mit VIVA Cruises einen eigenen Flussreiseveranstalter. Insgesamt gehören Scylla derzeit 31 Flusskreuzfahrtschiffe, auf denen jeweils bis zu 220 Gäste Platz finden: „Wir möchten unsere über Jahrzehnte gewachsene Erfahrung aus dem Flussbereich auf einem Hochseeschiff mit vergleichbarer Gästeanzahl einsetzten. Dafür eignet sich die Bremen perfekt. Auch unsere nautische und technische Kompetenz kommt hier zum Tragen. Darüber hinaus können wir so unseren bestehenden Kunden Neues in geschätzter Scylla-Qualität bieten und unseren Kundenstamm erweitern“, so Scylla-CEO Arno Reitsma. Nach Mitteilung von Hapag-Loyd Cruises ist über den Kaufpreis Stillschweigen vereinbart worden, auch der Name Bremen soll nicht weiter verwendet und die Vermarktung auf dem deutschsprachigem Markt ausgeschlossen werden. Nach Angaben von Scylla gibt es bisher weder eine Entscheidung über den Namen der geplanten Tochtergesellschaft oder den neuen Namen des erst im Mai 2021 zu übernehmenden Schiffes noch über dessen Vermarktungsgebiet. Fest steht jedoch, dass man ein gepflegtes und auch künftigen Anforderungen der Expeditionskreuzfahrt gerecht werdendes Schiff erhält. Wie berichtet, waren u.a. bei einem Werftaufenthalt Ende 2016 bei Blohm+ Voss in Hamburg im Rahmen einer 861 Punkte umfassenden Werftliste nicht nur ein Wartungs- und Konservierungsarbeiten erledigt und das Innendesign erneuert, sondern auch technische Neuerungen im Hinblick auf die Nachhaltigkeit umgesetzt worden. Dazu gehören die Propellerwellen, die – statt wie branchenüblich mit Öl – auf der Bremen mit Seewasser geschmiert werden – eine nach Reedereiangaben bis dato im Kreuzfahrtbereich bisher einmalige Technik. Außerdem wurden Bugstrahlruder und Stabilisatoren des Schiffes auf eine nachhaltige Technologie umgerüstet. Weiterhin erfolgte der Einbau einer Ballastwasserbehandlungsanlage. Zu erwähnen sind auch die Erneuerung der Kühlraumtechnik für Proviant sowie die Schaffung der schiffstechnischen Voraussetzungen des 2018 in Kraft getretenen Polarcode PC 6.