Entschleunigung bei maximal 10 km/h im Westen Frankreichs: ab Saintes gemütlich im Hausboot über die Charente. Statt eines Führerscheins reichen eine Einführung vom Experten und eine Probefahrt. Es geht durch eine ländliche Welt aus Tönen grün in grün – und auf einen Cognac nach Cognac. Andreas Drouve hat alles (aus)probiert.
27 Stufen führen im Schloss von Cognac hinab ins Allerheiligste. Verführerisch schlägt ein holzig-würziger Duft aus den Kellern entgegen, der dem „Anteil der Engel“ zu danken ist. So nennt man das, was in den Eichenholzfässern auf natürliche Weise an Cognac verdunstet. Bei der Kostprobe am Ende des Rundgangs taucht man ein in eine Welt der Aromen. Der berühmteste Branntwein der Welt schmeckt nach Schokolade, Mandeln, Vanille, Datteln, getrockneten Pflaumen und Aprikosen. Ein Hochgenuss. Wie gut, dass wir heute nicht mehr fahren müssen. Unsere Hausboote Mariannettes und Damazan sind in Sichtweite am Ufer vertäut.
Auftakt in Saintes
Cognac ist ein Klassiker an der Charente, die sich durch den Westen Frankreichs windet und bei Rochefort in den Atlantik mündet. Der Start der Tour liegt in Saintes, etwa 30 Kilometer vom Meer entfernt. Die Kleinstadt atmet Geschichte. Zeit für einen Rundgang. Über dem Fluss erhebt sich der römische Germanicus-Bogen, die Uferzonen empfangen mit Ruhebänken und einem Park. Eine Fussgängerbrücke spannt sich aufs mittelalterliche Viertel zu. Im Gassengeflecht um die Kathedrale dominieren beschauliche Bilder. An manchen Fassaden nagt der Zahn der Zeit, blättert der Putz. In der Oberstadt sprühen Graffiti-Mauern vor Farbe. Etwas ausserhalb besuchen wir die gallo-römische Arena. Bei der Führung räumt die Historikerin Axelle Chopart (28) mit einem Klischee zu den Gladiatorenkämpfen auf: „Diese Geste ‚Daumen hoch‘ oder ‚Daumen runter‘, sie also leben oder sterben zu lassen, gab es damals gar nicht. Das kam erst durch Gemälde aus dem 19. Jahrhundert auf.“ …
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Fotos: Andreas Drouve